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Schafkopf

Schafkopf

Titel: Schafkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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»Sie haben ja auch noch nicht meine Aufnahmen gesehen. Die sind gut. Ich hab sie schon mal auf dem großen Bildschirm angesehen. Das ist Kinoqualität.«
    »Ich kann’s kaum erwarten«, sagte Wallner.
    Vera Kampleitner sah sich im Raum um und bemerkte erst jetzt, dass die Fotos an den Wänden alle die gleiche Frau zeigten.
    »Wow! Sehen Sie sich das an. Ich würde sagen, da hat einer die große Liebe gefunden. Ja, ist das romantisch! Der arme Kerl. Wahrscheinlich hat sie ihn verlassen.«
    Wallner ließ noch einmal seinen Blick über die vielen Aufnahmen von Kathrin Hoogmüller schweifen. »Ja. Sieht nach so einem Romeo-und-Julia-Ding aus. Ist aber in Wahrheit ein bisschen komplexer.«
    Vera Kampleitner betrachtete das Zimmer durch das Display ihrer Kamera. »Nehmen Sie’s nicht persönlich. Aber irgendwie hatte ich geahnt, dass Sie meine romantische Sicht der Dinge nicht so stehenlassen können.«
    »Doch, kann ich. Ich muss Ihnen das nicht erzählen. Ich wusste nicht, dass Sie einen Liebesfilm drehen.«
    Vera Kampleitner richtete die Kamera auf Wallner. »Ich halt das schon aus. Also – klären Sie mich auf. Hat das hier was mit dem Mord zu tun?«
    »Keine Ahnung. Die Frau, die Sie hier überall sehen, ist im Jahr 2007 verschwunden. Keiner hat je wieder was von ihr gehört.«
    »Ziemlich gruselig.«
    »Viele vermuten, dass sie vor Kummeder geflohen und untergetaucht ist, damit er sie nicht findet. Er hat sie, wie es heißt, schwer misshandelt.«
    Vera Kampleitner ließ die Kamera sinken und sah sich erneut um. »Ist jetzt nicht mehr ganz so romantisch. Wird aber zusehends interessanter.«
    »Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Filmen«, sagte Wallner. »Und denken Sie dran – jedes dieser Fotos könnte wichtig sein.«
    Wallner grinste provokant. Vera Kampleitner schien tatsächlich ein wenig amüsiert zu sein. »Sie gehen?«, fragte sie.
    »Ich fahr mit Mike nach Miesbach. Um fünf machen wir eine SoKo-Besprechung und schauen, wo wir stehen. Kommen Sie auch?«
    »Klar«, sagte sie. »Ich muss Ihnen doch zeigen, was ich den ganzen Tag getrieben habe.«
     
    Wallner fand Mike hinter dem Haus im Gespräch mit einer jungen Frau. Sie mochte knapp über zwanzig sein und hing an Mikes Lippen. Offenbar erzählte Mike Beeindruckendes über seinen Polizeijob. Wallner hoffte, dass er nicht Dinge ausplauderte, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren. Bei Mike wusste man nie. Er ließ sich von der jungen Frau noch die Telefonnummer geben, bevor er Wallner zum Wagen folgte.
    Während der Fahrt blätterte Wallner den Ordner durch, den Kreuthner gefunden hatte. Kummeder hatte darin mit einer Akribie, die nicht zu seinem übrigen Erscheinungsbild passte, alles zusammengestellt, was ihm im Zusammenhang mit dem Verschwinden seiner Freundin Kathrin Hoogmüller wichtig erschienen war. Dutzende Presseausschnitte über unbekannte Leichen, die irgendwo in Deutschland aufgetaucht waren, manche auch in Österreich. Berichte über Mädchenhandel und das Schicksal entführter junger Frauen. Kummeder hatte Fotos aus Zeitschriften ausgeschnitten, die Menschenansammlungen zeigten, und auf jedem Foto war eine Person markiert. Immer eine junge Frau. Alle Frauen sahen sich ähnlich, hatten schwarze Haare und waren, soweit man das auf dem Bild erkennen konnte, relativ groß und schlank. Vermutlich hatte Kummeder die markierten Frauen für seine verschwundene Lebensgefährtin gehalten.
    Der Ordner enthielt auch Rechnungen einer Privatdetektei in Rosenheim sowie einige Blätter Korrespondenz mit dieser Firma. Wallner rief die auf dem Briefkopf der Detektei angegebene Handynummer an. Es meldete sich der Inhaber des Unternehmens, ein Gregor Pikowski, der im Begriff war, mit seinen Kindern ins Kino zu gehen, und sich in diesem Augenblick in einer Schlange vor dem Popcornstand befand. Es wurde verabredet, am nächsten Vormittag noch einmal zu telefonieren. Wallner beendete das Gespräch und wischte mit dem Ärmel der Daunenjacke die beschlagene Seitenscheibe frei.
    »Du, ich hätt eine Bitte«, sagte Mike, nachdem sie eine Weile schweigend durch nebelverhangene Wiesen mit Milchvieh gefahren waren.
    »Hat die Bitte was mit der Kleinen zu tun?«
    »In gewisser Weise. Aber da möchte ich dich gar nicht mit belasten. Es ist nur so, dass ich nicht weiß, mit welchen Erwartungen die Vera hier herausgefahren ist.«
    »Ich nehme an, sie wollte ihre Kameras testen.«
    »O ja, natürlich. Aber vielleicht hat sie noch a paar weiterführende Gedanken

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