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Schafkopf

Schafkopf

Titel: Schafkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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Lintinger, stämmig, grauhaarig, mit Vollbart und Säufernase, und sein Sohn Harry, ein milchig-wortkarger Twen, steckten im Motorraum eines alten Ford Fiesta. Es stand zu vermuten, dass für den Wagen Abwrackprämie bezahlt worden war und er für den Export nach Osteuropa oder Afrika hergerichtet wurde. Das Jahr 2009 hatte den Lintingers einen guten Batzen steuerfreie Zusatzeinkünfte beschert. Als Wallner und Mike mit ihrem Wagen auf das Gelände einbogen, ließen die Lintingers augenblicklich von ihrer Arbeit ab und schlossen die Motorhaube. Man war nicht persönlich bekannt, aber die Lintingers konnten es riechen, wenn ein Polizist vor ihnen stand.
    »Lasst’s euch net stören«, sagte Mike, während sie auf die Lintingers zugingen.
    »Mir waren eh grad fertig«, beeilte sich Johann Lintinger zu sagen. »Was können wir für Sie tun?«
    »Wir suchen Harry Lintinger.« Mike zückte seinen Polizeiausweis. Johann Lintinger fiel aus allen Wolken.
    »Was!? Polizei? Ja um Gott’s willen! Hast was ang’stellt, Bua?«
    »Wir brauchen nur eine Auskunft«, sagte Wallner.
    »Gott sei Dank. Da ham S’ mich aber erschreckt. Ich hab ja mein Lebtag noch nix mit der Polizei net zum tun g’habt.«
    »Ich will nicht kleinlich sein, aber da haben mir die Kollegen was anderes erzählt.«
    Lintinger sah Wallner mit dem Ausdruck überraschter Unschuld an. »Tatsächlich?« Im gleichen Moment überkam ihn quasi eruptiv die Erinnerung an urzeitliche Geschehnisse. »Ach des! Mei, die uralten G’schichten. Des is ja gar nimmer wahr.«
    »Das ist schon noch wahr. Aber wir wollten von was anderem reden.«
    »Ja, ja. Ich weiß«, sagte Lintinger mit nervenaufreibender Larmoyanz und in gestelztem Hochdeutsch. »Das ist nie vorbei. Trägst du einmal das Kainsmal auf der Stirn, kannst du rechtschaffen leben bis zu deinem bittern Ende. Für euch werd ich immer ein Verbrecher sein.«
    »Net so g’schnappert, Herr Lintinger. Sonst schaun mir uns den Wagen da mal näher an.« Mike musterte interessiert den Fiesta. Lintinger verstummte.
    »Sie sind Harry Lintinger?«, sprach Wallner den milchigen Twen an. Der nickte.
    »Sie waren am letzten Donnerstag in der Mangfallmühle?«
    Harry Lintinger sah zu seinem Vater. »Der Harry hat den Streit net angefangen. Der Kummeder is handgreiflich geworden. Und wenn der was anderes sagt, dann lügt er.«
    »Der Kummeder sagt gar nichts dazu. Der ist tot.«
    »Oh! Geh weider – tot??« Lintinger übertrieb ein wenig, wie Wallner fand. Mike fand das offenbar auch, denn er warf Wallner einen genervten Blick zu. Lintinger wusste mit Sicherheit, dass Kummeder tot war.
    »Ja, das geht oft schnell«, fuhr Wallner fort und wandte sich wieder an Harry Lintinger. »Sie haben an dem Donnerstag etwas zu Herrn Kummeder gesagt. Über dessen Freundin. Können Sie mir das wiederholen?«
    Johann Lintinger ließ ein gequetschtes Lachen hören. »Der? Wiederholen? Der kann sich doch an nix mehr erinnern. Blackout. Der hat so an Mordstrumm Rausch im G’sicht g’habt. Der weiß net amal, dass er überhaupts da war.«
    »Herr Lintinger …«, mahnte Wallner.
    »Diese Scheißsauferei. Entschuldigen S’ den Ausdruck. Aber ich kann’s einfach net anders sagen. Die jungen Leut – nur am Schlucken.«
    »Von wem er’s wohl hat?«, fragte Mike.
    Johann Lintinger lachte in einer Art tonlosem Spasmus auf, als habe er gerade das köstlichste Bonmot seines Lebens vernommen, und warf mit einem Ruck seine violett geäderte Knollennase nach hinten.
    »Herr Lintinger – gehen Sie bitte zum Büro. Sie warten dort, bis wir fertig sind mit Ihrem Sohn.« Wallner wies auf einen Container, über dessen Tür ein Schild mit der Aufschrift »Hauptverwaltung« angebracht war.
    »Geh, der weiß doch nix mehr. Is doch a Schmarrn«, maulte Lintinger beim Weggehen.
    Harry Lintinger stand vor den beiden Kommissaren, wischte sich mit einem Tuch das Öl von den Händen und starrte auf den rissigen Teerboden zu seinen Füßen.
    »Sie haben gesagt, Sie hätten die Leiche von Kathi Hoogmüller gesehen. Stimmt das?«
    »Ich … ich kann mich net erinnern. Ich war ziemlich betrunken.«
    »Anders gefragt:
Haben
Sie die Leiche von Kathi Hoogmüller gesehen?«
    Harry Lintinger schüttelte den Kopf. Von der Bürobaracke rief Johann Lintinger: »Der weiß nix mehr!!«
    »Wieso erzählen Sie dann, dass Sie sie gesehen haben?«, versuchte es Mike.
    Harry Lintinger zog die Schultern hoch und machte ein dummes Gesicht, das sich aber nur unerheblich von seinem

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