Schafkopf
Feindgemüse isst der Deutsche net. Des hat s’ lustig g’funden.«
»Da scheint die Messlatte wirklich nicht hoch zu liegen. Na gut. Und seitdem trefft ihr euch gelegentlich.«
»Drei Mal bis jetzt.«
»Und es ist auch nicht so, dass sie sich für ihre Gesellschaft bezahlen lässt?«
»Spinnst jetzt? Ich bezahl doch keine Frauen für … So ein Schmarrn.«
»Du hast Frau Beisl also noch nie Geld gegeben? Auch nicht …«, Wallner holte die Hände aus der Daunenjacke, um zwei Anführungszeichen in die Luft zu malen, »… freiwillig?«
Manfred überlegte einen Augenblick. »Sag amal, willst mich hier in der Kälte verhören oder was? Glaubst, ich lüg dich an?«
»Nein. Würd ich nie glauben. Aber vielleicht ist dir ja was entfallen. Eine kleine Zahlung, die du … na ja, einfach vergessen hast.«
Manfred sah seinen Enkel irritiert an. Wallner überlegte. Vera würde wohl nichts dagegen haben, wenn er die Aufnahmen Manfred zeigte. Es schien Wallner sogar, dass Vera, entgegen ihrem koketten Verhalten in der Sache, nur eine sehr geringe Achtung für die Privatsphäre anderer hegte. Aber wollte er Manfred wirklich mit Videoaufnahmen überführen? Das war eindeutig albern. Andererseits: Auch Manfreds Verhalten war albern. Und vielleicht konnte man den alten Mann vor Schaden bewahren, wenn man ihm vor Augen führte, dass er für Frau Beisl nur ein gewöhnlicher Freier war. Die Sache blieb unentschieden, denn Wallners Handy läutete. Er entschuldigte sich bei Manfred mit dem Hinweis, dass es dienstlich sei, und ging dran.
»Mike, was gibt’s? Hat sich der Falcking wieder gemeldet?« Den Anwalt hatte Wallner in der Sorge um seinen Großvater fast vergessen. »Oh, Shit. Sag, dass das nicht wahr ist … Okay, ich mach mich sofort auf den Weg.«
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30 . Kapitel
D as verwinkelte Gebäude befand sich einen halben Kilometer vom Holzkirchner Marktplatz entfernt in einer Seitenstraße. Das Haus war um etwa 1900 errichtet und später erweitert worden. Die ursprünglichen Fenster hatte man vergrößert und mit Thermopenscheiben versehen. Das Untergeschoss des Haupthauses beherbergte ein Geschäft für Markisen, daneben waren Kundenparkplätze. Seitlich am Gebäude war eine Tür aus Aluminium und Glas, die ins Treppenhaus führte. Auf dem Edelstahlschild neben der Tür stand:
Jonas Falcking
Rechtsanwalt
1 . Stock
Nachts war der Parkplatz vor dem Haus gewöhnlich leer. Jetzt standen hier sechs Einsatzfahrzeuge der Polizei. Wallner parkte fünfzig Meter die Straße hinunter, von wo aus er die Lichter der Polizeifahrzeuge nur verschwommen erkennen konnte. Der Nebel war fast undurchdringlich.
Der Platz vor dem Haus war mit rot-weißem Plastikband abgesperrt, das etwa hundert Holzkirchner davon abhielt, den Tatort zu betreten. Während Wallner sich dem Haus näherte, bemerkte er, dass unaufhörlich weitere Menschen durch die Nacht liefen und dem gleichen Ziel zustrebten wie er selbst. Wallner begrüßte den uniformierten Kollegen Schartauer und schlüpfte unter dem Plastikband hindurch. Die Haustür, neben der das Anwaltsschild hing, stand offen. Wallner trat ins Treppenhaus, das mit weißer, abwaschbarer Farbe gestrichen war. Als Wallner in den ersten Stock kam, sah er eine Wohnungstür, die einen Spaltbreit offen stand. Im Spalt zehn schwarze Augen in unterschiedlicher Höhe. Die türkische Familie, die sich das Stockwerk mit dem Anwalt teilte, verfolgte die Ermittlungsarbeiten mit Interesse und ein wenig Sorge. Wallner trat näher an die Tür, die Tür schloss sich.
»Die wissen nix«, sagte eine vertraute Stimme. Mike kam auf Wallner zu. Er war offenbar aus der anderen Tür des Stockwerks getreten, hinter der das gleißend harte Licht von Polizeilampen eine unwirkliche Beleuchtung erzeugte. Menschen in weißen Overalls und Überschuhen aus Plastik querten in unregelmäßigen Abständen den kleinen Flur und vermittelten das Gefühl, in die Dreharbeiten zu einem Science-Fiction-Film geraten zu sein.
»Erzähl. Was ist passiert?«
»Als sich der Falcking ewig nicht gemeldet hat, hab ich irgendwann den Kreuthner gebeten, dass er in die Kanzlei fährt und schaut, was da los ist.«
»Der Falcking hat doch in Gmund seinen ausgebüxten Schwiegervater gesucht?«
»Ja. Aber den hatten die um halb sechs schon wieder eingefangen. Laut Auskunft seiner Frau oder Exfrau – also die leben getrennt, sie bei ihren Eltern, sind aber noch verheiratet …« Mike gab Wallner Zeit, das zu verarbeiten.
»Hab’s
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