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Schafkopf

Schafkopf

Titel: Schafkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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ihre Arme um Wallners Brust und schmiegte sich an ihn.
    »Ich hoffe, ich stör net«, sagte eine Stimme hinter Wallner. Es war Mike, der aus dem Nebel aufgetaucht war. Wallner und Vera ließen voneinander ab.
    »Ich hatte die Hoffnung, dass uns bei dem Nebel keiner sieht.«
    »Ihr solltet so was nicht im Freien machen in der Jahreszeit. Aber ich bin gleich wieder weg.« Mike zog eine handgeschriebene Liste aus seiner Jacke. »Wir haben grad gecheckt, mit wem Falcking die letzten Tage telefoniert hat. Also nach dem, was man am Handy sehen konnte.«
    »Und?«, fragte Wallner.
    Mike blickte auf die Liste. »Einmal seine Frau, dann seine Eltern in Wasserburg, acht Mal Mailbox abgehört. Das Gespräch mit dir gestern war vom Festnetz aus.«
    »Klingt nicht so aufregend.«
    »Weil ich noch nicht alles gesagt hab. Gestern um halb acht hat er Susi Lintinger angerufen. Sonntagmorgen!«
    »Das war nicht lange nach dem Mord an Kummeder.«
    »Genau. Warum ruft er die Frau an und nicht die Polizei? Uns ruft er erst am Abend an.«
    Wallner zuckte mit den Schultern.
    »Um kurz nach zehn – also ebenfalls morgens – bekommt er einen Anruf – wieder von Frau Lintinger.«
    »Hat die was mit den Lintingers vom Schrottplatz zu tun?«
    »Exactamente. Der alte Lintinger ist ihr Vater.«
    »Dann ist sie auch die, die mit dem Zimbeck zusammen ist?«
    »So ist es.«
    »Langsam bin ich etwas verwirrt: Der Zimbeck und der Kummeder sind auf dem Riederstein verabredet. Der Zimbeck kommt nicht, dafür wird der Kummeder erschossen, was der Falcking sieht, der auch oben ist. Kurz nach dem Mord ruft Herr Falcking die Freundin vom Zimbeck an.«
    »Das sind die Fakten«, sagte Mike. »Und jetzt mach uns mal einen Reim drauf.«
    »Gib mir noch ’ne Minute«, sagte Wallner.
    Mike gab ihm einen Klaps auf die Schulter. »Macht nicht zu lang, Kinder. Bis morgen.«

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32 . Kapitel
    14 . September 2009 , 9  Uhr 55 : Knapp drei Wochen vor den Ereignissen auf dem Riederstein stand ein roter Golf, Baujahr 93 , in Bernau am Chiemsee am Straßenrand. Der Morgen war heiß. Die junge Fahrerin hatte beide Fenster heruntergekurbelt. Der Wind wehte eine frische Brise, die nach See roch, durch den Wagen. In wenigen Minuten würde jemand die Tür in der Mauer auf der anderen Straßenseite öffnen. Peter Zimbeck würde die Haftanstalt Bernau mit einer Reisetasche in der Hand verlassen und zum Wagen gehen. Susi überlegte, ob sie aussteigen und Zimbeck in die Arme nehmen sollte. Sie hatte kein Bedürfnis danach. Oft hatte er ihr leidgetan, wenn sie auf Besuch war. Wenn ihr klar wurde, dass sie diesen Ort wieder verlassen durfte, er aber nicht. Er musste bleiben, umgeben von Mauern, die einen mit der Zeit erdrückten, die dicker und enger wurden, je länger man sich in ihnen aufhielt. Es hatte ihr jedes Mal das Herz gebrochen, wenn er am Ende des Besuchs ihre Hand nahm, wenn er versuchte zu lächeln und »Ich schaff das« sagte, obwohl sie das gar nicht in Frage gestellt hatte. Sein Mund lachte, in seinen Augen aber konnte sie sein ganzes Elend sehen, dass er sich nach Freiheit sehnte und nach ihr, dass er da drinnen unendlich einsam war und dass sie der Mensch war, der ihn durchhalten ließ.
    Sie hatte kein Verlangen, Zimbeck zu umarmen. Denn es gab auch den anderen Peter Zimbeck. Der, den sie zu Recht ins Gefängnis gesteckt hatten. Nicht wegen der Geschichte mit dem Anwalt. Dafür hatte er nicht viel bekommen. Aber Zimbeck hatte damals noch eine Bewährung laufen, wegen schwerer Körperverletzung. Es war beim Ostiner Waldfest gewesen, als er eine Schlägerei angezettelt hatte, grundlos, aus dem Nichts heraus. Ein anderer Gast am Tisch, ein junger Mann aus München, hätte angeblich aus seinem Bierkrug getrunken. Es war nicht wahr, trotzdem entschuldigte sich der andere, weil er sehen konnte, wer vor ihm saß. Ein Schrank, ein Koloss, einer, der rohe Kartoffeln mit der Hand zerquetscht. Also entschuldigt er sich. Doch Zimbeck ist an dem Tag nicht auf Entschuldigungen aus, er will prügeln. Warum, weiß er selber nicht, aber es muss jetzt sein. Er hört einen spöttischen Unterton in der Entschuldigung. Ob der andere ihn etwa verarschen wolle? Das könne der gern probieren, schreit Zimbeck, den Kragen des ungleichen Kontrahenten schon in der Hand, eine Watsche links, eine rechts, der andere versucht, mit Entsetzen in den Augen, die Pranken abzuwehren, die mit der Wucht von Baggerschaufeln auf sein Gesicht zufahren. Das hätte der Münchner nicht tun sollen,

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