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Schafkopf

Schafkopf

Titel: Schafkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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rotbraune doch besonders magst.«
    »Wer sagt das?«
    »Du hast es doch immer gern angezogen?« Susis Stimme wurde gegen Ende des Satzes immer schwächer. Sie spürte, wie Zimbecks Atem kürzer wurde, und sein Griff um ihren Oberarm wurde noch fester, so dass ihr ein quietschender Schrei entfuhr, was aber nichts an Zimbecks Griff änderte. Unter seiner Hand bildeten sich blaue Flecken auf ihrer Haut.
    »Ich hab kein Lieblingshemd. Es is mir wurscht, was ich anzieh. Und den rotbraunen Hadern hab ich eigentlich noch nie mögen. Gibt’s net vielleicht noch a andere Erklärung, warum du ausgerechnet das Hemd da gebügelt hast?«
    Susi schwieg. Tränen liefen ihr über die Wangen.
    »Vielleicht hast du’s ja waschen müssen. Weil’s jemand angehabt hat. Und jetzt erzähl mir bitte net, dass irgenda Freundin übernachtet hat.« Er zog ihr Gesicht zu seinem. »Oder wolltst mir des grad erzählen?«
    Susi schwieg. Was sollte sie sagen?
    »Ich tät sagen, hier hat a Kerl übernachtet.«
    Susi schüttelte verzweifelt den Kopf. Es würde nichts nützen. Er wusste, dass er recht hatte.
    »Da bin ich also zwei Jahre eingesperrt wie a Tier. Und meine Freundin vögelt sich durch die Gegend, dass die Lichter ausgehen. Du, da bin ich jetzt aber menschlich enttäuscht, das sag ich dir.«
    »Das stimmt doch net, ich …« Weiter kam Susi nicht. Zimbeck hatte ihren Arm losgelassen und mit der frei gewordenen Rechten in ihr Gesicht geschlagen, dass sie taumelte und auf den Flokati sank, der vor dem Bett lag. Er stellte sich breitbeinig vor sie, zog bedächtig ein Klappmesser aus der Hose und ließ es aufspringen.
    »Du kleine, hinterfotzige Nutte.« Er betrachtete sie mit einer gewissen Melancholie. »Weißt, was ich im Gefängnis gedacht hab? Jeden Tag? Jede Stunde? Sie ist da draußen und wartet auf mich. Das hab ich gedacht. Und dass es in diesem beschissenen Leben einen Menschen gibt, der zu mir hält, dem ich was bedeute.« Zimbeck musste schlucken. Rührung überkam ihn. Seine Augen wurden feucht. »Ich hab net viele Freunde. Jedenfalls keine, auf die ich mich verlassen kann. Ich hab gedacht, du bist die Freundin, auf die ich zählen kann. Wie viel ham mir zusammen erlebt? Ist des alles nix wert? Ich hab dich rausgeholt aus deiner gottverdammten Familie. Bevor ich war, hast du doch gar kein Leben gehabt. Ich hab einfach gedacht, dass du wenigstens a bissl Anstand im Leib hast. Dass du zu mir hältst und mir treu bist – bis mir wieder vereint sind.«
    Er musste den Rotz hochziehen und sich mit dem Ärmel die feuchten Augen auswischen. Das Messer kam den Augen gefährlich nahe. »Aber nein – du hurst umeinand. Ich steck im Knast, und du hurst umeinand! Kannst mir eins verraten?« Seine Hand krampfte sich um den Messergriff. »Was hab ich dir getan, dass du mir so was antust?!« War seine Rede bis zu diesem Augenblick noch mühsam beherrscht, brach es jetzt aus ihm heraus. Er schrie auf Susi ein: »Was hab ich dir getan?!! Sag’s mir?!!!«
    Susi fielen sehr viele Dinge dazu ein, aber sie hatte nicht den Eindruck, dass Zimbeck sie hören wollte. Er kniete sich neben sie und sah sie mit verheulten Augen an. Die Hand mit dem Messer zuckte vor schmerzvoller Erregung.
    »Peter – tu ’s Messer weg! Ich bitt dich. Des bringt doch nix.«
    In Zimbeck kam eine Erinnerung hoch. Wie der Kreuthner ihn vor Jahren bei einer Messerstecherei angetroffen und zu ihm gesagt hatte: Zimbeck – lass ’s Messer fallen, dann g’hört’s dir nimmer. Und damals hatte er das Messer fallen lassen und sich einige Jahre Gefängnis gespart, weil der Kreuthner manchmal gar nicht so übel war und meistens wusste, was zu tun war, wenn es zu steil wurde. Ja, damals hatte er das Messer fallen lassen.
    Zimbeck stellte sein Knie auf Susis Brust. Susis Augen weiteten sich. Sie war das Einzige, was ihm auf dieser Erde etwas bedeutete. Aber sie hatte ihn betrogen, hatte ihn verhöhnt und verspottet, als er eingesperrt war. Wahrscheinlich hatten sie es alle gewusst und hatten gelacht und gefeixt über den gehörnten Knasthirsch. Deswegen hatte er nur noch den Wunsch, die Klinge des Klappmessers in Susis warmen weißen Hals zu stecken und zuzusehen, wie das Blut sich in Stößen über die helle Haut ergoss. Er setzte die Klinge an Susis Hals und atmete schwer. Susi schüttelte verzweifelt den Kopf, es war mehr ein stummes Zittern. Jetzt würde er es tun. Ob jetzt oder später – war es nicht egal? Nein. War es nicht. Man will immer gerade dann leben, wenn

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