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Schafkopf

Schafkopf

Titel: Schafkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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und her. Es war feucht und kalt und morastig zwischen Mangfall und Mangfallkanal.
    »Deswegen hat’s auch gekostet«, entgegnete Kreuthner. »Die Toten reden ja net mit jedem.«
    »Und wieso ausgerechnet mit der Beilhammerin? Gibt die denen was ab?«
    Das Gerät zeigte akustisch einen Metallfund an. Sie hatten in den letzten hundertzwanzig Minuten eine verrostete Pleuelstange, einen Wehrmachtshelm, etwa hundert Nägel, die aus unerfindlichen Gründen auf einem Haufen lagen, sowie ein fünfzig Jahre altes Dreirad aus der Erde geholt. Das Schaufeln besorgte Kreuthner, denn das war unterm Strich nicht so anstrengend wie das stundenlange Herumtragen des Metalldetektors. Holl nutzte die Pause, um sich auf einen Baumstumpf zu setzen und seinem Vorgesetzten beim Arbeiten zuzusehen.
    »Super machst des. Habts ihr im Zweiten Weltkrieg Schützengräben ausheben müssen?«
    »Zweiter Weltkrieg? Sag amal, wie blöd bist du? Des is siebzig Jahr her.«
    »Echt? Krass. Warst du also nicht dabei?«
    »Gleich fangst dir eine.« In dem Augenblick stieß der Spaten auf Metall. »Da, ich bin drauf!«, rief Kreuthner aufgeregt.
    »Auf der Radkappn? Oder was is es diesmal?«
    »Geh her und schau’s dir an.«
    Holl stand mürrisch auf und stapfte zu dem Loch in der schwarzen Erde. Nur einen halben Meter tief hatte Kreuthner graben müssen, bis er auf einen länglichen Gegenstand aus Titan gestoßen war. Der Gegenstand war an etwas dran, was zunächst wie ein Stück Holz ausgesehen hatte. Als sie mehr davon freilegten, erwies es sich als Knochen, an dem noch Reste von verwestem Fleisch hafteten.
    »Ach du Scheiße! Is sie des?« Holl klang jetzt doch eine Spur ehrfürchtig.
    »Wenn net einer von Greenpeace a gebrochene Baumwurzel geschient hat, wird sie’s wohl sein.«
    Wallner hatte in der Tat niemanden für Grabungsarbeiten zwischen Mangfall und Mangfallkanal abgestellt, Kreuthner aber einen Tag Zeit gegeben, selbst etwas zu finden. Wenn Kreuthner einfach so losgegangen wäre und seinen Spaten mal hier, mal da reingesteckt hätte, wären die Chancen einer Exhumierung der Kathi Hoogmüller bei eins zu einer Million gestanden. Selbst bei dem Glück, das Kreuthner manchmal an den Fingern klebte. Vorausgesetzt, die Tote war tatsächlich tot und lag dort irgendwo in der Gegend herum. Andererseits hatte Wallner so ein Bauchgefühl, dass Kreuthner mal wieder auf der richtigen Spur war. Und so war er mit Kreuthner alles durchgegangen, was der über Kathi Hoogmüller wusste und was man in den Polizeiakten hatte. Dabei kam noch einmal zur Sprache, dass die junge Frau von ihrem Freund Kummeder mehrfach brutal verprügelt worden war. Kreuthner wusste, dass sie sich einige Zeit vor ihrem Verschwinden das Bein gebrochen hatte – oder Kummeder hatte es ihr gebrochen. Das brachte Wallner auf die Idee, im Krankenhaus in Agatharied anzurufen und nachzufragen, ob man Frau Hoogmüller dort behandelt habe. Hatte man. Und man hatte ihr eine Metallschiene ins Bein geschraubt. Jetzt sei die Sache einfach, sagte Wallner. Kreuthner solle sich den Metalldetektor schnappen und ein bisschen Gas geben, damit man sich vor der Mittagspause die Leiche ansehen könne. Kreuthner bedankte sich für die überaus witzige Aufmunterung, packte den nörgelnden Jungpolizisten Holl ein und machte sich ans Werk. Wallner wollte gerade in die Mittagspause gehen, als sein Handy klingelte.

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44 . Kapitel
    S usi trug etwas mehr Make-up an den Stellen auf, an denen die Hämatome noch nicht vollständig verblasst waren. Sie stand vor dem Badezimmerspiegel und betrachtete ihr Gesicht. Alt war es geworden. Der Kummer hatte sich in die Haut um Augen und Stirn gegraben, selbst an den Mundwinkeln nisteten kleine Falten. Das war nicht das Gesicht einer Frau von Anfang zwanzig. Susi hatte Schuld auf sich geladen. Unerträgliche Schuld. Niemand wusste von ihrer Schuld. Nur Susi, ihr Vater und ihr Bruder.
    Oft hatte sie daran gedacht, sich aufzuhängen. Oder auch einen Schlauch vom Auspuff in den Wagen zu legen. Wenn der Tag kam, an dem sie nichts mehr zu verlieren hatte, würde sie eins von beidem tun. Noch hatte sie etwas zu verlieren. Susi war verliebt. Und schwanger. Der andere Mann wusste wenig von ihrer Hölle. Gerade so viel, wie sie ihm hatte sagen müssen, damit sie beide nicht von Peter Zimbeck umgebracht wurden.
    Der andere hatte ihre Verletzungen gesehen. Sie hatte gesagt, es sei ein Unfall gewesen. Er hatte nicht widersprochen, aber geglaubt hatte er ihr nicht. Alle Spuren,

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