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Schalck-Golodkowski: Der Mann, der die DDR retten wollte (German Edition)

Schalck-Golodkowski: Der Mann, der die DDR retten wollte (German Edition)

Titel: Schalck-Golodkowski: Der Mann, der die DDR retten wollte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schumann , Heinz Wuschech
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Hälfte.
    Doch nicht nur die Tatsache, dass auch Rentner und Kinder nunmehr den vollen Betrag zu entrichten hatten, ließ im Westen die Volksseele kochen. Es war die drastische Erhöhung des sogenannten Eintrittsgeldes. Um der Geschichte vorzugreifen: Die DDR zeigte sich »einsichtig« und reduzierte 1974 auf 13 bzw. 6,50 D-Mark, Rentner und Kinder bis 16 Jahren mussten nichts mehr zahlen. Sechs Jahre später wurde erneut angehoben, pro Person und Tag wurden 25 D-Mark fällig. Die Regelung sollte erst am 24. Dezember 1989 von der DDR außer Kraft gesetzt werden.
    Im konspirativen Gespräch im Grunewald machte Pöhl die neue Akzentuierung unter Schmidt bei künftigen Geschäften deutlich. Bonn werde nur auf ökonomische Wünsche der DDR reagieren, wenn diese im Gegenzug humanitäre Probleme im Sinne Bonns löse. Ein solche Vorleistung, ein solches ultimatives Junktim war von Schmidts Vorgänger nie verlangt worden, entsprechend abweisend reagierte Schalck zunächst.
    Pöhl ruderte diplomatisch zurück, sprach von einer »Politik der kleinen Schritte« und dass man die Zusammenhänge großzügiger sehen solle, schließlich läge die Verbesserung der Lage der Menschen auf beiden Seiten in wechselseitigem Interesse.
    Zwischen 1974 und 1982 kam auf diese Weise eine Reihe von Vereinbarungen zustande, welche durchaus einen Januskopf trugen. Auf der einen Seite entsprachen diese Abkommen dem »Geist von Helsinki« – dort war 1975 nach mehrjährigen Verhandlungen von 35 Staatsund Parteichef die Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) unterzeichnet worden. Dieses Vertragswerk beförderte Normalität und Entspannung auf dem Kontinent und zwischen den Blöcken, weckte aber auf der östlichen Seite auch falsche Hoffnungen und Illusionen, denn der Westen hatte keineswegs die Überwindung des Realsozialismus aufgegeben.
    Auf der anderen Seite entstanden durch die ökonomischen Verflechtungen zunehmend Abhängigkeiten, denen die DDR nur unschwer entkam. Letztlich hatte sie auch keine andere Überlebenschance, als sich im Westen zu verschulden: Rohstoffe, Lebensmittel, Technik und Technologien mussten – mitunter gegen die eigene Überzeugung – im Westen erworben werden, weil die ökonomische Zusammenarbeit im Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) nicht so funktioniert, wie man es erwartete. Oft war die UdSSR bei den vereinbarten Lieferungen säumig. Um sich dennoch als hoch entwickeltes Industrieland zu behaupten, musste die DDR vieles aus dem Nichtsozialistischen Wirtschafts-oder Währungsgebiet (NSW) einführen, weil man es bei den Verbündeten einfach nicht bekam. Um jedoch die dafür benötigten Devisen zu erwirtschaften, mussten Erzeugnisse exportiert werden, die der Versorgung der eigenen Industrie und der Bevölkerung entzogen wurden. Dadurch setzte eine Entwicklung ein, die zwangsläufig zu Überschuldung und Abhängigkeit führte, die wiederum die DDR auch politisch erpressbar machten. Und was sich verhängnisvoll auf den Binnenmarkt der DDR auswirkte.
    Zudem verringerte sich der Spielraum, die bestehenden politischen Verhältnisse zu verändern, sie zu erweitern, den Sozialismus zu reformieren, was die Ulbrichtsche Führung in den 60er Jahren angegangen war. Denn das sowjetische Modell hatte erkennbare Grenzen, was nicht erst auf dem XX. Parteitag der KPdSU 1956 offenbar wurde. In der SED war man sich dessen sehr wohl bewusst, schließlich hatten führende Genossen Jahre des Exils in der Sowjetunion zugebracht und die gesellschaftliche Praxis vor Ort studieren können bzw. müssen.
    Beim letzten offiziellen Besuch Ulbrichts als Staatsund Parteichef in Moskau am 21. August 1970 – ohne zu wissen, dass er auch deshalb schon wenige Monate später gestürzt werden sollte – hatte der Mann aus Berlin Breshnew explizit erklärt: »Jetzt haben wir keine solchen Ausreden wie früher wegen der Überreste des Kapitalismus. Das gilt nicht nur für die materiellen Fragen, sondern auch für die ideologischen Fragen. Denn die Ideologie und Kultur entwickeln sich jetzt auf der eigenen sozialistischen Basis. Früher standen wir sozusagen immer noch mit einem Bein im Kapitalismus.« Und damit sein Gegenüber wirklich begriff, was er damit meinte, fügte Ulbricht unmissverständlich an: »Wir sind nicht Belorussland, wir sind kein Sowjetstaat.«
    Die DDR wollte raus aus dem Prokrustesbett, in das die Sowjetunion sie bei ihrer Gründung 1949 gelegt hatte – wohl wissend, dass sie ohne die

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