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Schalmeienklänge

Schalmeienklänge

Titel: Schalmeienklänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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nicht ungeschehen machen. Aber mein heutiges Leben hat nichts mit dem deinen zu tun, und ich werde jetzt sofort Jorry aus dem Gasthof holen und die Karawane suchen.« Ich schlug den Weg aus dem Wald zur »Tanzenden Spinne« ein und marschierte dabei so furchtlos, wie ich konnte.
    Brant sagte: »Er ist nicht mehr dort. Meine Leute haben ihn schon.«
    Ich wollte zum Gasthof rennen und stürzte davon aus seiner Reichweite. Aber er war zu schnell für mich. Sein Körper prallte gegen meinen, und wir stürzten gemeinsam zu Boden. Brant warf sein Gewicht auf mich und drückte mir die Hand auf den Mund. Ich wehrte mich mit beiden Händen; er schob sie unter mich und hielt sie mit seiner freien Hand fest.
    »Schrei nicht, Fia. Wenn du schreist, schlage ich dich bewußtlos.«
    Ich kämpfte unter ihm, ohne zu schreien oder auch nur zu antworten, ich konzentrierte meine ganze Kraft darauf, mich zu befreien und Jorry zu suchen.
    »Dein Sohn ist in Sicherheit. Hör doch zu… ich habe ihm nichts getan.«
    »Du willst ihn nicht. Du kennst ihn nicht und brauchst ihn auch nicht. Gib ihn mir, Brant, und laß uns gehen.«
    »Nein.«
    Mein Mund fand seine Schulter. Ich biß zu, so fest ich konnte, und gab mir alle Mühe, daß er den Biß auch durch die kunstvollen Stoffschichten seiner Jacke hindurch spürte. Er fluchte und rollte sich von mir herunter, ohne jedoch meine Handgelenke loszulassen. Fast hätte ich mich losgemacht, aber schon saß er rittlings auf mir, drückte meine Hände mit den seinen zu Boden, und ich hatte keine Möglichkeit, mich zu bewegen oder zu wehren. Der Mond stand hinter seinem Kopf, bildete einen Strahlenkranz um sein Haar und ließ sein Gesicht im Dunkeln; er bestand aus Gewicht, einer heiseren Stimme und einem gesichtslosen Schatten über mir.
    »Du kamst nach Veliano hereingeplatzt, Fia, und kaum bist du hier, bedienen sich schon Mächte deiner, die du nicht verstehst. Nun muß auch ich mich deiner bedienen.«
    »Bring mich zu Jorry. Bring mich zu ihm, oder ich rühre keinen Finger für dich, Brant. Was immer es ist, ich werde es nicht tun, wenn du mich nicht zu ihm bringst.«
    Er schwieg und war als dunkler Schatten über mir in den Bäumen zu sehen. Ich durfte mir nicht gestatten, mich Panik oder Zorn zu ergeben. Es kam mir vor, als bestünde meine beste Chance, Jorry wiederzubekommen, darin, ruhig mit Brant zu verhandeln. Bedeutete sein Schweigen, daß er darüber nachdachte?
    »Fia, Jorry wurde an einen Ort gebracht, wo er sich in Sicherheit befindet. Veliano ist nicht sicher. Mißtrauen gebiert Gewalt – ich glaube, das hast du doch schon mitbekommen.«
    Er schickte Jorry aus Veliano fort, über die Berge! Einen Augenblick lang lösten sich die Bäume ins Nichts auf, und mir wurde schwindelig. Ich klammerte mich an die Ruhe und fand sie schließlich wieder. »Ich werde keine Aufgaben von dir übernehmen, Brant, solange ich Jorry nicht bei mir habe. Du sagst, du schickst ihn um seiner Sicherheit willen fort; wenn es dir um seine Sicherheit geht, kannst du uns einfach beide ziehen lassen. Du hältst ihn nur fest, um mich irgendwie zu benutzen, aber ich werde nicht mitmachen. Nicht ohne Jorry. Bring mich zu ihm.«
    »Nein«, erklärte Brant, und aus seiner Stimme klang die Willenskraft des Jungen, den ich gekannt hatte, und die Grobheit eines Mannes, den ich nicht im geringsten kannte.
    »Du bestrafst mich«, brachte ich langsam hervor. »Dafür, daß ich dich vor zehn Jahren alleine gelassen habe. Weil ich dich damals verletzt habe, willst du mir nun mein Kind wegnehmen. Früher einmal warst du nicht so herzlos!«
    »Früher einmal war ich vieles nicht«, antwortete er kalt. »Aber nein, ich nehme dir Jorry nicht aus dem Wunsch weg, eine nichtsnutzige Frau zu bestrafen, obgleich du natürlich glauben kannst, was du willst.«
    »Du willst ihn ja nicht einmal.«
    »Nein. Ich will ihn nicht. Aber da er sich nun in meiner Hand befindet, bin ich für sein Leben verantwortlich. Nicht nur für seinen Aufenthaltsort, für sein Leben, Fia. Ich kann ihn hinbringen, wo du ihn niemals finden würdest, kann zu dir sagen, er wäre tot, kann ihn zum Schweinehirten, zum Edelmann oder zum Gaukler machen oder ihn als Dieb zum Tode verurteilen lassen. Glaubst du denn, du könntest mich aufhalten? Du kannst nicht einmal mit mir handeln. Du besitzt keine Kraft, außer dem bißchen, das du schon immer ausgeübt hast: der Kraft, Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen. Flieh nun, indem du auch nur ablehnst, mir zu gehorchen,

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