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Schalmeienklänge

Schalmeienklänge

Titel: Schalmeienklänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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sollte. Kannte Lady Kaleena die tiefergehenden Bewußtseinskünste? Würde sie sie erkennen, wenn sie sie miterlebte?
    »Du bist nicht hierher bestellt worden«, meinte Lady Triwen. »Jemand anders möchte dich sehen. Geh und frag im Sommergarten nach.«
    »Es war… hier«, beharrte ich. Ich stützte eine Hand gegen die Wand und zog sie übertrieben würdevoll zurück.
    Lady Kaleena lachte. »Vielleicht sollte sie bleiben. Ich habe noch nie eine betrunkene Harfnerin gehört!«
    Lady Triwen warf ihr einen eisigen Blick zu und richtete ihn mit der gleichen Kälte auf mich. »Du bist entlassen.« Ich verbeugte mich ruckartig. Die Tür fiel ins Schloß.
    Wieder hatte ich versagt.
    »Geschichtenspielerin«, wandte sich einer der Wachsoldaten an mich, »ich hätte gerne eine Geschichte. Später.«
    Sie waren beide jung; der gesprochen hatte, warf erst dem anderen einen schelmischen Blick zu und dann mir. Sein blondes Haar fiel ihm schräg über die Stirn, und ich sah, wie er sich mit der Zunge die Oberlippe befeuchtete. Auch das war nur eine andere, leicht durchschaubare Art von Schauspielerei. Ich zögerte keinen Augenblick.
    »Eine… Geschichte willst du?«
    »Aber später. Wenn mein Dienst zu Ende ist.« Er lächelte mich kühn an, und sein Kamerad kicherte. In Veliano gab es wenige Harfnerinnen. Welche Spekulationen waren im Wachraum über mich angestellt worden?
    »Später?« fragte ich, als dächte ich in meiner Trunkenheit nach. Ich trat einen Schritt auf ihn zu. Er roch nach Pferden, aber nicht nach Bier. Ich hatte gehofft, er hätte Bier getrunken. »Später werde ich schlafen.«
    »Ach, alleine?« fragte er.
    Ich lächelte. »Vielleicht.«
    Er lachte und packte mich. Sein Kuß war warm und ausgiebig, die Hand auf meiner Brust recht zärtlich. Über seine Schulter hinweg sah ich, daß sein Kamerad für ihn sowohl den Gang wie die Kinderzimmertür bewachte. Als ich glaubte, er hätte nun genug Vorgeschmack bekommen, schob ich mich ein Stück von ihm fort und schmollte. »Aber ich will… eine Geschichte spielen.«
    »Für mich, Süße. Später. Eine… Geschichte«, äffte er mich nach, aber sein Spötteln war unbeschwert und ohne Boshaftigkeit.
    »Paß auf!« rief der andere, der Wachsoldat ließ mich los und machte einen Satz, um sich aufrecht an die Wand zu stellen, als die Kinderzimmertür aufging. Sogleich entspannte er sich wieder. Eine Bedienstete in seinem Alter und von der gleichen Haar- und Gesichtsfarbe kam mit einem leeren Eimer heraus.
    »Cul, Lessy, du kannst einen aber auch erschrecken«, sagte der Wachsoldat. Er griff wieder nach mir, und Lessy machte große Augen. Ich sah, daß sie schockiert war: die Geschichtenspielerin des Königs! Der Wachsoldat zog den Kuß absichtlich und demonstrativ für sie in die Länge, und mir wurde klar, daß er noch jünger sein mußte, als ich gedacht hatte.
    »Nein, nein«, schmollte ich. »Eine Geschichte. Ich muß… eine… Geschichte spielen!«
    »Rog!« mahnte Lessy entsetzt und voller Bewunderung.
    Rog lächelte sie, dann mich an, dann den Gang hinab und warf sich ein wenig in die Brust, ganz der herrschaftliche Mann in Gönnerlaune. Ich dachte, daß er kein sehr aufmerksamer Beobachter war; nur wenige wirkliche Lords prahlten mit Frauen, die keine Ladys waren. Sie brauchten es nicht. »Dann also eine Geschichte, Süße«, meinte Rog. »Fang an.«
    »Nicht hier!« wandte Lessy ein. »Wenn Lady Triwen herauskommt…«
    »Ich komme später wieder«, versprach ich mit der großen Würde der Betrunkenen. »Ich komme wieder, wenn die Damen fort sind. Wann?«
    »Sie gehen niemals beide gleichzeitig«, erklärte der andere Wachsoldat. Er runzelte ein wenig die Stirn, und ich vermutete, daß er seine Zweifel daran hatte. Sie waren keine verantwortungslosen Bediensteten. Sie konnten nicht wissen, wie ich sie benutzte.
    Aber Rog sah seine Felle schon fortschwimmen: den Ruf, von des Königs Geschichtenspielerin aufgesucht zu werden, der erste zu sein, der mit ihr ins Bett ging. »Nein, nein. Lady Triwen wird sich zu der Menge im Großen Saal gesellen, bei Dämmerung findet dort ein Maskenfest statt. Und die oberste Kinderfrau geht zum Abendessen.«
    »Und Lady Kaleena?« fragte der andere Mann, und Rog und Lessy schauten einander mit unterdrücktem Grinsen an. »Nein«, sagte der andere wieder. »Nicht einmal sie würde ihren Posten im Zimmer des Prinzen aufgeben.«
    »Es sei denn, sie geht zu einem besseren Posten…«, meinte Lessy und kicherte.
    Der Wachsoldat war

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