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Schalom

Titel: Schalom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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irgendeinem Grund an Menachem, der allein im Schlafzimmer zurückgeblieben war, als sie zum Telefon ging, und ihr fiel ein, dass sie dabei gewesen war, das Bett frisch zu beziehen. Schon gut, man konnte nicht sagen, dass sie ihn allein gelassen hatte. Sie wusste zwar, dass er anwesend war, aber nicht, wo und wie.
    Sie füllte den Nescafé in die Tasse, und als sie in das Schlafzimmer ging und sich suchend umschaute, musste sie lächeln. Sie ging um das Bett herum, zog den Gummirand des Spannbettlakens straff, dann ging sie zur anderen Seite und zog es über die nächste Ecke. Sie wollte schon zur letzten gehen, da hörte sie das Wasser kochen und lief in die Küche, bevor der Schnellkocher sich automatisch ausschaltete und sie ihn noch einmal anstellen müsste. Ein zum zweiten Mal aufgekochtes Wasser würde nicht mehr das richtige Aroma aus dem Kaffee holen. Sie hätte den Kocher sogar noch vor dem Siedepunkt erreicht, wenn es nicht an der Tür geklingelt hätte, als sie durch die Diele zur Küche ging.
    »Einen Moment!«, rief sie laut und stolperte zur Tür, doch da klingelte es wieder im Zimmer und niemand antwortete auf ihren Ruf. Also ging sie zum Telefon.
    Bestimmt war das Gil. Sie würde ihm von dem seltsamen Anruf aus dem Altersheim erzählen.
    »Hallo, Mutter?«, hörte sie und merkte verwundert, wie enttäuscht sie war. Avris Stimme am Telefon war sonst lebenswichtig für sie. Doch noch bevor sie antwortete, kamen ihr Zweifel, ob es nicht Jaki war.
    »Hallo?« Sie tat so, als hätte sie nichts gehört, damit er sich noch einmal melden würde und sie sicher sein konnte, wer es war. Wirklich erstaunlich, wie ähnlich ihre Stimmen am Telefon waren. Sie hatte es die ganzen Jahre nicht gewusst, bis sich Gil entschlossen hatte, nach Israel zu kommen.
    Wieder kam die Stimme aus dem Hörer: »Schalom, Mutter.« Er war wohl nicht sicher, ob sie ihn erkannte, und sagte: »Avri am Apparat.«
    »Ich weiß, wer spricht«, sagte sie. »Glaubst du etwa, ich erkenne die Stimme meines Sohnes nicht mehr?«
    Avri schwieg, und sie dachte, dass es nicht fair war, ihn so anzufahren. Aber er ließ ihr keine Zeit für Vorwürfe und erkundigte sich sofort, wie es ihr gehe, wie er es immer tat, und sie antwortete wie immer: Alles sei in bester Ordnung, außer dem, was nicht in Ordnung sei. Gerade wollte sie ihm sagen, dass das Telefonklingeln anders sein sollte als das Türklingeln, und vor allem leiser, damit sie nicht immer erschrak, aber Avri überraschte sie und fragte, ob Gil ihr zufällig gesagt habe, wohin er seinen Ausflug plane.
    »Hast du im Altersheim angerufen?«, fragte sie. Als er sie daran erinnerte, dass er sie ja deshalb um die Telefonnummer gebeten hatte, erzählte sie ihm sofort von dem verwirrenden Gespräch mit der jungen Frau und dass sie sich geärgert und den Hörer aufgelegt habe. Und das alles, weil er, Avri, immer dort anrufe, um zu erfahren, wo Gil war.
    »Ich habe nur ein Mal angerufen«, sagte er. »Vielleicht hat auch Jaki angerufen.«
    »Sie hat gesagt, es war derselbe Mann. Und warum sollte Jaki anrufen?«
    »Er ist sein Vater, er darf sich ab und zu erkundigen, wie es ihm geht.«
    »Du hast recht, er darf sich wirklich erkundigen.«
    Jaki hätte sich auch ab und zu nach seiner Mutter erkundigen dürfen, aber er hatte sie in all diesen Jahren nicht ein Mal angerufen, er hatte nur geschrieben, und sie hatte keine Ahnung gehabt, dass er ganz einfach mit ihr hätte telefonieren können. Erst jetzt war es ihm eingefallen, und nicht, weil er sich für sie interessierte, sondern weil es um Gil ging.
    »Wieso suchst du Gil, gerade dann, wenn er auf einem Ausflug ist?«, fragte sie.
    Avri zögerte, und sie wusste gleich, dass er die Antwort vermeiden wollte. Vielleicht planten sie gemeinsam eine Überraschung für sie? Aber bis zu ihrem Geburtstag dauerte es noch lange.
    Avri sagte: »Ich wollte nur wissen, wie es ihm geht.«
    »Deshalb rufst du ihn ununterbrochen an?«
    »Mutter«, sagte er nach einer Pause, »ich habe dir doch gesagt, dass ich ihn nur ein Mal angerufen habe.«
    Er hatte recht. Er, der immer pünktlich anrief, sollte ihren Ärger nicht abbekommen.
    »Du hast recht, Avri.« Sie entschuldigte sich, wiederholte die Entschuldigung, aber Avri schwieg. Vielleicht war er gekränkt. Er hatte allen Grund, beleidigt zu sein. Warum ließ sie an ihm ihren Ärger darüber aus, dass Jaki sie nie angerufen hatte? Avri war doch ein guter und treuer Sohn. Wieder setzte sie zu einer Entschuldigung an, doch

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