Schalom
sagte, nahm er an, dass auch sie in Gedanken versunken war. Dachte sie an Mutter oder an Gil?
Obwohl er sie gern betrachtet hätte, tat er es nicht, bis er die Berührung ihrer warmen Hand in seinem Nacken spürte, doch da hielt das Taxi und er musste bezahlen.
Als sie die Stufen hinaufgingen, fragte sie: »Glaubst du, dass sie schon da sind?«
»Gut möglich«, sagte er.
Sie griff nach hinten, nach seiner Hand. Jaki blieb stehen, sie drehte sich zu ihm um.
»Ich möchte, dass du dich nicht einmischst, wenn zwischen deiner Mutter und mir etwas passiert«, sagte sie entschieden.
»Aber …« Er verstummte, als er die Entschlossenheit in ihren Augen sah.
Wie sollte er sich zurückhalten? Alles, was sie betraf, betraf ihn gleichermaßen.
»Jaki«, sagte sie, trat eine Stufe zurück, bis sie neben ihm stand, und streichelte seinen Kopf. »Bis heute habe ich mich nie eingemischt, wenn es um dich und deine Eltern ging. Wenn sie mich jetzt zum ersten Mal von Angesicht zu Angesicht sieht, bitte ich dich, es mir zu überlassen. Glaub mir, ich brauche keine Hilfe.«
Sie schaute ihn so fest an, dass er nicht anders konnte, er umarmte sie und nickte schweigend.
Zilas Freude kam ihm übertrieben vor, aber er spielte mit und umarmte und küsste sie. Sie waren vor Avri und Mutter angekommen, das freute ihn.
Zila war etwas angespannt, überschüttete sie mit Umarmungen und Streicheln und konnte den Blick nicht von ihnen wenden. Dann bat sie die Gäste zu Tisch, bot ihnen ein kaltes Getränk an und erkundigte sich vorsichtig bei Anna, wie sie sich das Treffen mit Nechama vorstellte. Jaki wollte sich schon einmischen, aber Anna legte ihm unter dem Tisch die Hand aufs Knie, als stumme Erinnerung an sein Versprechen.
»Wir sind nur wegen Gil hergekommen«, sagte sie. »Wenn jemand bei dieser Gelegenheit auch andere Themen anschneiden möchte, werden wir sehen, ob es passt.«
Zila machte sofort einen Rückzieher, als enthielten Annas Worte einen Tadel. »Du hast recht, ich habe nichts anderes gedacht.« Dann fragte sie, wie der Termin bei der Polizei ausgegangen sei.
Als Anna antworten wollte, klingelte es an der Tür.
»Das sind sie bestimmt«, sagte Zila und stand auf, um die Tür zu öffnen.
Jaki blieb wie angewachsen sitzen, während Anna aufstand und sich in eine Zimmerecke zurückzog.
»Schalom, Avri«, erklang Zilas Stimme von der Diele. »Wo ist deine Mutter?«
»Ist sie noch nicht hier?«, fragte Avri erstaunt. Dann betrat er mit Zila das Zimmer.
Jakis Blick war auf Anna gerichtet, die sich wieder zu ihm setzte, als sie sah, dass Avri allein war. Sie beantwortete detailliert Avris Fragen, wie es bei der Polizei gewesen sei, mischte sich aber nicht ins Gespräch, als sie über ihre Mutter sprachen. Avri, der sie unter den Fahrgästen, die mit dem Zug aus Haifa gekommen waren, nicht entdeckt hatte, bereute es, den Bahnhof gleich wieder verlassen zu haben. Er war davon ausgegangen, sie sei vorher angekommen und mit einem Taxi zu Zila gefahren. Nun fragte er, ob er nicht noch einmal zum Bahnhof fahren sollte, machte aber keinen Hehl daraus, dass er lieber hierbleiben würde. Jaki verstand sehr gut, dass Avri den Bahnhof so schnell wieder verlassen hatte, weil er die Begegnung zwischen Mutter und Anna nicht verpassen wollte, und wenn er jetzt noch mal losfuhr, konnte sie in der Zwischenzeit ankommen. Zila wollte ihn ermuntern, doch noch mal zum Bahnhof zu fahren, aber bevor Jaki ihn unterstützen konnte, klingelte es wieder an der Tür.
Sie liefen zur Diele, und auch diesmal fiel Jaki auf, dass Anna sich in eine Ecke des Zimmers zurückzog.
Die Mutter stellte den Koffer ab, ohne ein Wort zu sagen, und fiel Jaki um den Hals. Er war überrascht, auf eine so stürmische Begrüßung war er nicht vorbereitet. Lange drückte sie ihn an ihre Brust und ließ ihn nicht los. Er legte seine Hände auf ihren Rücken und küsste sie auf die Wange.
»Sag, wart ihr bei der Polizei?«, fragte sie dann.
Jaki nickte und verstummte. Tränen stiegen ihm in die Augen, er wollte nicht, dass man ihm seine Rührung anhörte.
»Und was haben sie gesagt?«, fragte sie.
Avri brachte den kleinen Koffer, der noch an der Tür stand, in die Wohnung, und bat sie ins Wohnzimmer.
Während er ihr erzählte, wie es bei der Polizei gewesen war, legte er den Arm um ihre Schulter, und als sie das Wohnzimmer betraten, entging ihm nicht, dass sie plötzlich innehielt, als sie Anna auf der anderen Seite des viereckigen Tisches sah, fast in der
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