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Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Titel: Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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essen. Nur etwas trinken. Wir sind spät. Ich muss mich beeilen.« Ajaci lauerte schon, und Leonid gab ihm Viktorias Anteil, den er heißhungrig verschlang. In Wahrheit hätte sie ohnehin nichts hinunterbekommen, |241| weil der Abschied, der bevorstand, ihr die Kehle zuschnürte, doch das wollte sie sich nicht anmerken lassen.
    Schweigend gingen sie Hand in Hand den Kimchu entlang. Ajaci wich seinem Herrn nicht von der Seite.
    Viktoria genoss die Gegenwart Leonids. Immer wieder schaute sie zu ihm auf. Ab und an lächelte er glücklich. Der Duft der Taiga stieg aus Blättern und Moos mit dem Frühnebel empor, und plötzlich erschien ihr das Leben intensiver als je zuvor.
    Auch Leonid verspürte ein flaues Gefühl. Viktoria hatte ihm genug von sich selbst erzählt, um ihm deutlich zu machen, dass im wahrsten Sinne des Wortes Welten zwischen ihnen lagen. An eine gemeinsame Zukunft mit einer solchen Frau war überhaupt nicht zu denken.
    Als sie die Stelle erreichten, wo er sie aus dem Wasser gezogen hatte, hielt Viktoria inne und zwang ihn ebenfalls stehen zu bleiben. »Warte«, sagte sie leise mit einem warnenden Unterton in der Stimme.
    »Was ist?« Leonid warf ihr einen alarmierten Blick zu und zog sie hinter eine dicke Lärche.
    Im Flüsterton erzählte sie ihm von ihrer Entdeckung am Tag zuvor, die sie mit dem Magnetfeldmesser gemacht hatte. Jetzt sah es ganz danach aus, als ob zwischenzeitlich jemand zurückgekehrt war und nicht nur den Magnetfeldmesser an eine andere Stelle gelegt, sondern auch eine erste Grabung unternommen hatte.
    »Ich gehe nachsehen«, beschied Leonid. Bevor sie Protest einlegen konnte, war er in geducktem Laufschritt zu jener Stelle gehuscht, wo sich wie von Geisterhand geschaufelt ein Hügel aus dunklem, fettem Erdreich erhob. Von ferne sah es aus, als sei ein riesiger Maulwurf am Werk gewesen. Einen Moment lang verharrte Leonid über dem Hügel, dann sah er sich noch einmal gründlich um. Die einzige Bewegung weit und breit war ein Eisvogelpaar, das dicht auf dicht über den Kimchu davonstob, während der Fluss mit seinem grünlichen Wasser träge nach Westen plätscherte. Aufrecht schaute Leonid in Viktorias Richtung und deutete mit einem Handzeichen an, dass sie ihm folgen sollte. Ajaci war seinem Herrn längst hinterher gelaufen, als er sie zusammen mit Leonid am Rand eines dunklen Schachtes erwartete, der mindestens vier Meter in die Tiefe reichte. Eingemauerte Eisenstiegen ermöglichten einen Einstieg.
    |242| »Was könnte das sein?« Viktoria sah Leonid fragend an, nachdem sie einen Blick in die gähnende Tiefe geworfen hatte.
    »Du bist hier die Geophysikerin«, antwortete er mit einer leichten Ironie in der Stimme.
    Viktoria blickte prüfend auf einen offenstehenden verrosteten Eisendeckel von der Größe eines Autoreifens, der, wie es schien, nach ewiger Zeit erneut das Licht der Welt erblickt hatte und nun die Einsicht in eine röhrenartige Finsternis freigab. Sie beugte sich weiter darüber, um den Grund des Lochs sehen zu können. Ein modriger Geruch schlug ihr entgegen.
    »Das hat nichts mit Geophysik zu tun«, bemerkte sie tonlos. Ihr Blick war ernst, während sie Leonid besorgt anschaute. »Das ist ein Zugang. Siehst du die Eisenstiegen, die man in den felsigen Untergrund getrieben hat? Sie führen vermutlich in einen Stollen oder einen Bunker. Als Einheimischer müsstest du eher als ich wissen, dass hier ein Bunker existiert und wohin er führen könnte.«
    Leonid schüttelte den Kopf und umrundete die merkwürdige Öffnung. »Ich habe noch nie etwas von einem Bunker gehört. Wer sollte sich eine solche Mühe machen – hier in dieser Abgeschiedenheit? Normalerweise ist der Boden in dieser Gegend das ganze Jahr über gefroren – Permafrost.« Er schaute sie auffordernd an. »Soll ich hinuntergehen?«
    Viktoria war unbehaglich zumute. Außer Kolja und vielleicht noch Sven Theisen hatte niemand von ihrer Entdeckung gewusst.
    »Da unten ist es stockdunkel«, wandte sie ein. »Und wir haben keine Taschenlampe.«
    »Haben wir doch«, erwiderte Leonid triumphierend und zog aus seinem Rucksack eine LED-Leuchte. Er schaltete sie ein, und sofort bahnte sich der taghelle Strahl einen Weg in die Dunkelheit und bestätigte Viktorias Vermutung. Die Stiegen reichten bis etwa zehn Meter in die Tiefe.
    »Ich weiß nicht.« Zögernd sah sie sich noch einmal um. »Was machen wir, wenn es Lebenows oder Bashtiris Leute waren, die den Einstieg geöffnet haben und sie noch da unten

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