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Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Titel: Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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Helikopters, damit sie herausklettern konnte. Er stieß einen kurzen Pfiff aus, und Ajaci, der abwartend im Türrahmen gestanden hatte, folgte ihnen, glücklich darüber, wieder festen Boden unter den Pfoten zu haben.
    Viktoria fühlte sich erschöpft und wacklig auf den Beinen, Als Leonid ihr seine Hand hinstreckte, griff sie zu und spürte seine Kraft, die wie ein Stromstoß durch sie hindurchfuhr. Den widrigen Umständen zum Trotz lächelte er sie an.
    »Hast du eine Idee, wo wir hingehen können?« Ihre Stimme war zaghaft.
    »Ja.« Er nickte zuversichtlich. »Wenn du Geld bei dir hast, können wir mit dem Bus fahren. Ansonsten müssen wir trampen.«
    Viktoria hatte eine Master-Card mit einem Limit von fünfzigtausend Rubel pro Tag und rund zehntausend Rubel in bar. Das sollte für das Erste reichen, sofern sie nicht im Hilton übernachten wollten. Doch Leonid hatte ohnehin andere Pläne. Er kannte sich aus, schließlich hatte er jahrelang in Krasnojarsk gelebt.
    Die Gegend, in die sie mit einem Bus fuhren, war nicht unbedingt das, |400| was man ein Nobelviertel nennen konnte: heruntergekommene Wohnblocks, kaputte Autos, Wandschmierereien. Zwischen den Häusern war es verhältnismäßig ruhig, bis auf ein Kind, das irgendwo weinte, und einen Mann, der das klägliche Jammern niederbrüllte.
    Ein paar abgerissene Gestalten lungerten hinter Mülltonnen herum. Der Rasen zwischen den Häusern war kaum mehr als ein Dreckhaufen mit ein paar grünen Halmen darauf.
    Leonid ignorierte die schäbige Kulisse und zog Viktoria in einen der vielen Hauseingänge. Es stank fürchterlich, und bei genauem Hinsehen konnte man erkennen, dass die Klingelleisten allesamt mit Hundekot beschmiert waren. Ajaci hob den Kopf und schnupperte daran, doch Leonid wies ihn mit wüsten tungusischen Beschimpfungen zurecht. Die Eingangstür des Hauses stand auf. Leonid erwartete anscheinend nicht, dass ihnen jemand Einlass gebot. Schweigend stiegen sie in den fünften Stock hinauf und machten vor einer fleckigen Wohnungstür halt, die einen Spion besaß und offenbar von innen mit einer Kette verschlossen war. Nach mehrmaligem Klopfen wurde ihnen geöffnet.
    Eine etwa fünfundvierzigjährige, immer noch hübsche Frau mit blondiertem, zerzaustem Haar steckte ihre kleine Nase durch den Spalt und stieß ein atemloses »O mein Gott« aus.
    Dann wurde die Tür wieder geschlossen, und für einen Moment machte es den Eindruck, als ob sie sich nicht wieder öffnen sollte.
    Viktoria schaute Leonid fragend an. Er zuckte mit den Schultern und wollte gerade noch einmal klopfen, als sich die Tür wieder öffnete. Zaghaft trat die Frau in den Flur, dabei betrachtete sie Leonid mit einem ungläubigen Blick, ganz so, als ob er ein Gespenst wäre. Viktoria hatte Zeit genug, sie ihrerseits zu betrachten. Sie war zierlich und trug ein cremefarbenes Negligé unter einem zerschlissenen rosafarbenen Morgenmantel. Ihre Brüste reckten sich unnatürlich drall in die Höhe, als sie plötzlich die Arme hob, um Leonid mit unvermuteter Inbrunst um den Hals zu fallen. Danach legte sie ihren Kopf an seine breite Brust und begann herzzerreißend zu schluchzen. Sie weinte minutenlang, und Leonid drückte sie die ganze Zeit mit hilfloser Miene an sich.
    »Matruschka«, murmelte er leise. »Hör auf zu weinen, ich bin’s doch nur.«
    |401| Viktoria stand daneben und schluckte ihre Verlegenheit hinunter.
    »Bist du allein?« Leonid schaute fragend in die kleine Wohnung hinein.
    Die Frau grub in der Tasche ihres Morgenmantels nach einem Taschentuch und putzte sich flüchtig die Nase.
    »Seit du weg bist, ist niemand mehr hier eingezogen. Kommt rein!«, sagte sie und bedachte nun auch Viktoria mit einem unsicheren Lächeln.
    In der engen Küche forderte die Frau sie auf, an einem Tischchen Platz zu nehmen, an dem zwei Stühle standen. Sie selbst kochte auf einer Gasflamme einen Filterkaffee, nachdem die beiden das Angebot etwas zu trinken, dankbar angenommen hatten. Viktoria erschienen ihre Bewegungen beim Kaffeekochen wie ein Ritual, das nur an ganz hohen Feiertagen praktiziert wurde.
    Ajaci bekam eine Schüssel mit Wasser und einen Napf mit Katzenfutter. Eine graue Tigerkatze machte einen fürchterlichen Buckel und stob fauchend davon, als der Laika-Rüde nur kurz, aber bestimmt die Zähne fletschte.
    Danach stellte die Frau Brot, Butter und Wurst auf den Tisch und forderte ihren Besuch mit erstickter Stimme auf, kräftig zuzulangen.
    Die Frau war immer noch ganz aufgelöst. Sie

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