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Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Titel: Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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selbst erwischten.
    Es kostete ihn eine unmenschliche Überwindung, vor den Polizisten nicht ungeduldig zu wirken.
    »Sie können gehen.« Leonid hörte die Stimme des Beamten kaum, und beinahe hätte er seine ID-Karte zurückgelassen.
    |453| Mit angehaltenem Atem rannte er über mehrere Treppen in Richtung Bahnsteig und erstürmte den N055 im Sprung. Als er Viktorias Abteil erreichte, glaubte er schon, er habe es geschafft, doch dann sah er Bashtiris Schergen, wie sie ein paar Waggons weiter vorne einstiegen.
    »Wir müssen raus hier!«, stieß er hervor. »Nimm deine Sachen und lass uns verschwinden.«
    »Leonid!« Viktoria sträubte sich, als er sie am Handgelenk packte und zu sich hinzog.
    Schon sah er durch die Glastür, wie sich Bashtiris Leute näherten.
    »Verdammt, Viktoria! Bashtiris Söldner sind hinter uns her. Einer von beiden hätte mich gerade beinahe getötet. Wir müssen abhauen, so schnell es geht.«
    Völlig verwirrt sprang Viktoria auf. Sie packte ihre Handtasche und Ajaci an der Leine und zog ihn mit sich.
    Draußen angekommen, schafften sie es gerade noch, den Zug zu verlassen. Eine dralle Bahnwärterin hob demonstrativ das Fähnchen zur Abfahrt.
    »Und jetzt?« Viktoria sah ihn verzweifelt an. »Wo willst du denn hin?«
    »Das weiß ich noch nicht«, rief Leonid und schaute sich gehetzt um. Bashtiris Leute befanden sich offenbar noch im Zug. »Außerdem habe ich nicht die geringste Ahnung, ob die beiden die Einzigen sind, die uns verfolgen. Bashtiri befehligt wie Lebenov ein ganzes Bataillon von Arschlöchern, denen es nicht das Geringste ausmacht, jemanden auf Befehl zu töten.«
    Kaum hatte er seine Befürchtung ausgesprochen, konnte er sie sehen. Die beiden Verfolger hatten den Zug ebenfalls noch verlassen können und schauten sich hektisch auf dem Bahnsteig um. Leonid kam die Idee, im hinteren Teil des Zuges wieder einzusteigen, doch im nächsten Moment schlossen sich die Türen, und der Zug setzte sich in Bewegung. Gleichzeitig wurden ihre beiden Verfolger auf sie aufmerksam.
    »Lauf!« rief er Viktoria zu und zog sie im gleichen Augenblick mit sich, quer über den Bahnsteig, gefolgt von Ajaci, dem einzigen Hund weit und breit, der eine gestreifte Krawatte trug.
    |454| Der Bahnsteig hatte sich geleert. Die Männer zückten ihre Pistolen, dann nahmen sie die Verfolgung auf. Viktoria stolperte mit ihren schwarzen Pumps, als Leonid beschloss, über die Gleise zu fliehen. Ein beinahe lautloser Schuss zischte an ihrem Ohr vorbei und zersplitterte ein Brett an einer verblichenen hölzernen Waggontür. Viktoria schrak zurück und blieb mit einem Absatz in den Schienen stecken. Anstatt den Schuh einfach zurückzulassen, zerrte sie wie wild daran und achtete nicht auf den Güterzug, der auf dem Gegengleis herannahte. In allerletzter Sekunde traf sie Leonids schwerer Körper und riss sie mit Wucht auf das Schotterbett neben dem Gleis, wo er erbarmungslos auf ihr landete. Tonnenschwere Eisenräder ratterten unmittelbar an ihrem Gesicht vorbei.
    »Autsch!« Sie heulte auf, weil sich spitze Steine in ihren Rücken bohrten. Gleichzeitig spürte sie Leonids Herz, das mit ihrem um die Wette raste.
    »Ich bin angehender Schamane und kein Schutzengel, verdammt«, keuchte Leonid. Danach sprang er blitzschnell auf und half ihr auf die Füße. In der anderen Hand hielt er ihren Schuh, den sie mit zitternder Hand über ihren Fuß streifte. Bashtiris Killer waren vor dem Güterzug aufgehalten worden, doch nun machten die beiden Männer sich erneut an die Verfolgung. Immer wieder zischten Schüsse. Zwischen Güterwaggons und ausrangierten Personenzügen ging es holpernd voran. Leonid nahm keine Rücksicht mehr auf Viktorias Absätze. Eisern hielt er sie an der Hand gefasst und zog sie gnadenlos mit sich.
    »Nicht umdrehen!«, brüllte er ihr zwischen dem Rattern vorbeirumpelnder Züge zu.
    Sein Ziel schien ein Güterzug zu sein, der sich in Richtung Moskau in Bewegung gesetzt hatte. Bashtiris Schergen waren für einen Moment hinter einem vorbeifahrenden Kranwagen verschwunden, und Leonid nutzte die Gelegenheit, auf den Überstand eines Viehtransporters zu springen, der im Anfahren begriffen war. Mit erstaunlicher Kraft wurde Viktoria hochgerissen und fand sich dann auf dem Abtritt des Wagens wieder. Ajaci folgte ihnen laut jaulend, und Leonid bedeutete ihm mit einem Pfiff, aufzuspringen. Er fing den fliegenden Hund fast wie einen Basketball auf, schwankte kurz und setzte das verstörte Tier auf den Waggonabsatz.

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