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Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Titel: Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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abhauen.«
    Schleichend kämpfte er sich durch dichtes Unterholz. Rechts und links ragte ein schützender Wall von jungen Birken und Lärchen auf. Dazwischen befanden sich halbhohe Büsche. Nur noch fünfhundert Meter bis zu dem Ort, wo Hirku angebunden an eine knorrige Lärche auf sie wartete. Doch dafür musste er die Straße überqueren. Zehn Meter ohne jegliche Deckung. Ahnungsvoll spähte Leonid nach Osten. Verdammt! Soldaten! Sechs an der Zahl verteilten sich im Wald, jeder im Besitz mehrerer Waffen. Wenn sie ihn erwischten, war es um ihn geschehen. Nicht nur, weil sie ihn verdächtigen würden, das Mädchen entführt zu haben – nein, ihr Befehlshaber und auch Bashtiri würden ihn sofort erkennen. Und damit würde sein Leben inoffiziell jenes Ende nehmen, das es offiziell schon vor längerer Zeit genommen hatte.
    Mit leisen Befehlen forderte er Ajaci auf, dicht an seiner Seite zu bleiben, während er den Wald hinauf schlich, um an einer anderen Stelle die Straße zu überqueren.
    In Gedanken betete er zu seinen Ahnen, dass die Männer das Pferd nicht fanden. Hinter einem Baum wartete Leonid auf einen günstigen Augenblick, und als die Männer hinter einigen Büschen verschwunden waren, nutzte er seine Chance.
    Es gab eine Möglichkeit, an ihnen vorbeizukommen, doch diese |137| kostete unglaublich viel Kraft und funktionierte nur, wenn er sich fest genug konzentrierte, was ihm nicht immer gelang.
    Solange sein Herz so arg schlug, dass es zu zerspringen drohte, und er die Angst nicht besiegte, würde sein Vorhaben ohnehin nicht gelingen.
    Etwa fünfzig Meter entfernt konnte er hören, wie die Soldaten durchs Unterholz trampelten. Dabei hielten sie untrüglich auf Hirku zu. Es konnte nur Minuten dauern, bis sie das Pferd finden würden. Es trug eine Erkennungsmarke, und man würde sofort seinen Großvater verdächtigen und vielleicht so auch auf Taichin kommen. Er war überall in der Gegend bekannt dafür, dass er die traditionelle Jagd pflegte.
    Die Stimmen kamen näher. Leonid zog es vor, sich auf den feuchten Boden zu legen. Auch Ajaci kroch mit ihm auf dem Bauch durch die Wasserlöcher.
    Plötzlich hallte eine Maschinengewehrsalve durch den Wald. Leonid zuckte gleichzeitig mit dem Hund zusammen, als ob man ihn geschlagen hätte.
    »Hierher!«, rief einer der Männer. Die anderen brachen in schallendes Gelächter aus. Offenbar hatte er versehentlich ein Kaninchen erschossen, das durch die lauten Geräusche aus dem Unterholz aufgescheucht worden war.
    Einer der Männer packte den völlig zerfetzten Kadaver bei den Ohren und schleuderte das blutige Etwas in Leonids Richtung. Wie der Zufall es wollte, landete das blutige Tier genau auf Ajacis Rücken.
    Es war schier zu viel verlangt, dass der Hund dieses Ereignis einfach ignorierte. Es knackte und raschelte, als er aufsprang, um nach dem frischen Fleisch zu schnappen.
    »Habt ihr das gehört?« Wie auf Kommando wandten sich die Soldaten in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Leonid langte mit einem Arm nach Ajaci und drückte den Rüden mit einer solchen Gewalt auf den Boden, dass das Tier selbst kaum noch zu atmen vermochte.
    Die Männer kamen näher. Einzig ein großer Ginsterbusch und eine Reihe von kleinwüchsigen Birken trennten ihn und den Hund von den Suchenden. Leonid verlangsamte seine Atmung und konzentrierte sich auf seine Mitte, so wie es Taichin ihm in unzähligen Übungsstunden |138| beigebracht hatte. »Ein Schamane kann sich unsichtbar machen, wenn er will, oder sich in eine Katze oder einen Vogel verwandeln, wenn es die Situation erfordert«, hatte ihm der alte weise Mann einmal gesagt.
    Doch Leonid fühlte sich nicht in der Lage, ein solches Unterfangen in die Tat umzusetzen. Die Vorstellung, als Krähe davonzufliegen, empfand er als geradezu absurd. Wenn es ihm allerdings gelang, seine innere Energie konzentrisch zu verdichten, war es möglich, dass er von seiner Umgebung nicht mehr wahrgenommen wurde. Den Hund halb unter sich begraben, gab er sich der Vorstellung hin, ein Stein zu sein. Den Kopf so flach auf den Boden gepresst, dass sein linkes Ohr die Vibration der Schritte wahrnehmen konnte, verharrte er samt Hund, als wären sie vollkommen erstarrt.
    Sein Körper strahlte nun keinerlei Energie mehr aus, und die Stiefel eines Soldaten stapften so nahe an ihm vorbei, dass sie fast Leonids Nase berührten. Schließlich sah sich der Mann ratlos um und kehrte zu seinen Kameraden zurück.
    »Hier ist nichts«, rief er laut.
    Im

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