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Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska

Titel: Schamanenfeuer: Das Geheimnis von Tunguska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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Sie sind!«, rief der Uniformierte auf Russisch und zückte mit einem routinierten Grinsen seine MP-446 Viking.
    »Chees iest kein Wolf«, erklärte er lachend in gebrochenem Deutsch. »Chees iest ein Chunt! Ein Laika-Chunt, sieht nur aus wie ein Wolf!«
    Dem durchtrainierten Soldaten mit den harten Gesichtszügen war die Belustigung über Theisens Unwissenheit anzusehen. Er zielte auf das immer noch am Boden lauernde Tier.
    »Nicht schießen!«, rief Theisen, dem der Köter mit einem Mal leid tat, und ohne groß nachzudenken, riss er seine Rechte in die Höhe und verscheuchte damit den Hund, der sich blitzschnell umwandte und mit einem leisen Kläffen im Gebüsch verschwand.
    Ein Schuss krachte, und der Soldat setzte ungeachtet Theisens Proteste dem Tier mit großen Schritten hinterher, während er noch zweimal ins Dickicht schoss, wo Blattwerk zerstob und Baumrinde splitterte. Theisen folgte dem Soldaten, ohne zu wissen, ob das klug war, aber der Russe ballerte so wild drauf los, dass er andere in Gefahr bringen konnte.
    Auf Höhe des Waschhauses hielt Theisen plötzlich inne, weil er aus dem Augenwinkel eine Gestalt wahrnahm, die zusammengekauert auf der hölzernen Veranda lag. Für einen Moment glaubte er, einer Halluzination zu erliegen. Doch dann ging er auf die Person zu und kniete neben ihrem Kopf nieder. Es war unzweifelhaft eine Frau, deren Gesicht von ihrem dichten brünetten Haar verdeckt wurde. Mit einer gewissen Scheu hob er ihren Kopf an.
    »Viktoria«, flüsterte er heiser. »Das ist nicht möglich!« Sacht rüttelte er an ihrer Schulter. »Kannst du mich hören?«
    |133| Seine Kollegin regte sich nicht, atmete jedoch ruhig ein und aus.
    »Doktor Parlowa!«, schrie er außer sich vor Sorge. Viktoria trug keinen Taucheranzug mehr, begriff er plötzlich, sondern viel zu große Männerkleidung. Ein weiterer Schuss war zu hören und ein anschließendes Fluchen.
    Im nächsten Moment hörte er leises Surren und einen gellenden, kehligen Schrei. Weitere Schüsse krachten, begleitet von einem lautstarken Röcheln. Unentschlossen, was er tun sollte, sah Theisen sich um. Verdammt, wo blieben Bashtiris Leute? Obwohl sie ihm alles andere als sympathisch erschienen, hätte er sie nun zu gerne in seiner Nähe gehabt.
    »Hilfe!« brüllte er noch einmal, so laut er konnte.
    Plötzlich standen drei der Soldaten direkt hinter ihm, mitten auf dem künstlich angelegten Weg.
    »Glotzt nicht so blöd!«, brüllte er ihnen auf Deutsch entgegen. Fordernd nickte er zwei älteren Kämpfern zu. »Ihr da! Geht in den Wald und sucht euren Kameraden! Da stimmt was nicht! Und du …«, er schaute einen jungen Soldaten an, »geh und hol Doktor Parlowa! Schnell!«
    Wenige Minuten später kamen die beiden Söldner zurück, die auf Theisens Anweisung ihrem Kameraden ins Dickicht gefolgt waren. Sie schleppten einen stattlichen, reglosen Mann hinter sich her. Augenscheinlich handelte es sich um den Soldaten, der den Hund hatte erschießen wollen. Sein Kopf hing vornüber, und seine Beine schleiften über den Boden.
    Seine Kameraden gestikulierten wild mit ihren Pistolen und stießen lautstarke Flüche aus. Theisen sah, dass die Kehle des Mannes von einem Pfeil durchbohrt worden war und dass ihm das Blut in Strömen den Hals hinunterlief.
    »Verdammte Scheiße!«, brüllte einer der Männer auf Russisch, die Augen weit aufgerissen, seinen entgegenkommenden Kameraden zu. »Holt einen Arzt! Er verreckt uns sonst!« Doch anstatt ihn niederzulegen und abzuwarten, stürmten sie mitsamt dem Schwerverletzten an Theisen vorbei in Richtung Camp.
    Frau Doktor Parlowa kam nun den Pfad hinauf und sah sich unversehens mit zwei Patienten konfrontiert. Rasch erteilte sie den uniformierten Männern Anweisungen, den Mann auf die Seite zu legen und |134| ihre Tasche zu öffnen, die sie stets bei sich trug, wenn sie zu einem Einsatz gerufen wurde. Mit geschlossenen Augen prüfte sie den Puls. »Zange!«
    Der junge Soldat an ihrer Seite machte ein hilfloses Gesicht, während der andere in ihrer Tasche herumkramte. Es schien Minuten zu dauern, bis endlich die Zange zum Vorschein kam. Doktor Parlowa kappte den hölzernen Pfeil, der so konstruiert war, dass man ihn nicht einfach herausziehen konnte. Die gekerbte Spitze ragte eine Handbreit aus dem Nacken des Opfers heraus und hatte beim Austritt eine stark blutende Wunde hinterlassen.
    Inzwischen waren auch Bashtiri und der Kommandeur der Truppe, ein etwa fünfzigjähriger Russe, am Ort des Geschehens

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