Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schampanninger

Titel: Schampanninger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
Vom Netzwerk:
beim Essen zusah. Das dicke, oben spitz zulaufende Trumm Leberkäs ruhte wie ein Matterhornmodell auf dem schon etwas aufgeweichten Pappschälchen. Dieselhofer war ein Systematiker. Zuerst portionierte er den Brocken mit seinem Taschenmesser in handliche Würfel, spießte dann den nächstliegenden mit einem universell einsetzbaren Zweizinker auf, tunkte ihn in den Senf, biss krachend in die Maurer und schob den Fleischbrocken nach. Nach derHälfte Leberkäs und einer Maurer erwachte die Humanität in ihm.
    – Hätten Sie auch Hunger gehabt?
    Der bayerische Konjunktiv macht die Bejahung einer solchen Frage nicht gänzlich unmöglich, verweist aber diese Möglichkeit von vorneherein in eine ziemlich nebulose Peripherie von Unwahrscheinlichkeiten und anderen Seltsamkeiten, die normal gar nicht vorkommen dürften. Vom Angeredeten war dann eine kraftvolle Entschiedenheit verlangt, um das Steuer zu seinen Gunsten herumzuwerfen.
    – Ja freilich. Doch!
    Ratlos blickte Dieselhofer um sich, als sei in seinem Zimmer zwischenzeitlich noch etwas Essbares gewachsen.
    – Herrschaftzeiten, ich kann Sie doch nicht allein lassen!
    Jetzt kehrte sein Blick zu seinem Schälchen zurück, und er begriff die ganze Tragweite der vorher gestellten Frage. Mit seinem Messerchen schnitt er eine Maurer auf und belegte eine Hälfte mit Leberkäswürfelchen.
    – Da schauen Sie her!
    Durch diese zugegeben etwas umständliche Aktion wuchs mir Dieselhofer ans Herz. Ungut war der Mann jedenfalls nicht. Er widmete sich seiner verbliebenen Hälfte, wischte sich schließlich den Mund ab und wusch sich die Hände.
    – So, sagte er, dann packen wir es an!

32
    Dieselhofer war ein zäher Hund, er wollte mich genauso systematisch zerlegen wie seinen Leberkäs. Das Jackett samt Schulterhalfter hatte er abgestreift, er saß mir gegenüber in seiner schwarzen Weste, die seine apfelförmige Wampe irgendwie läppisch verkleidete, und hatte seine Arme auf die Oberschenkel gestützt. Er klopfte jeden Satz ab, verglich die Aussage mit seinen Unterlagen oder telefonierte, wenn nötig, um zusätzliche Informationen einzuholen.
    – Mit einem Geständnis wäre uns viel geholfen, Herr Gossec.
    – Glaube ich gern. Mir aber überhaupt nicht, ganz im Gegenteil!
    Er ließ sich nicht provozieren und behielt die Ruhe.
    – Dann probieren wir es doch mit der Wahrheit.
    Maillinger war stranguliert in seiner Wohnung unterm Türstock aufgefunden worden. In Unterwäsche, um seinen Hals war ein Nylonseil geschlungen. Die Haustür war mit einem Stemmeisen aufgebrochen worden.
    – Und auf dem Stemmeisen sind einwandfrei Ihre Fingerabdrücke.
    – Mag ja sein, ich leugne das nicht. Aber ich habe das Stemmeisen nur im Weißbräu und nie in Maillingers Wohnung angefasst. Sie haben sonst mit Sicherheit keine weiteren Abdrücke von mir gefunden.
    – Schon. Das sagt aber nichts. Weil wir weitere Hinweise haben.
    – Aha! Und die wären?
    – Ihr Streit mit Maillinger. Es ging um Geld. Sie haben ihn im Bayerischen Hof niedergeschlagen, dafür gibt es Zeugen.
    Das war richtig. Tatsächlich ging es weniger ums Geld als um das ständige aggressive Generve dieses Menschen. Wenn einer stundenlang draußen in der Kälte gestanden hat und dann gepiesackt wurde, rutschte ihm schon mal die Hand aus. Aber das war einem Gemütsmenschen wie Dieselhofer kaum zu erklären.
    – Ich war im Recht, er hat mich angefallen.
    Dieselhofer kniff das linke Auge zu und schnalzte mit der Zunge.
    – Soso.
    – Haben Sie noch etwas auf Lager?
    – Freilich!
    – Ein brauchbares Motiv werden Sie auch damit nicht hinbekommen.
    – Drogen zum Beispiel, sagte Dieselhofer.
    Donnerwetter, die hatten ja wirklich ganze Arbeit geleistet.
    – Maillinger war Impresario, wie wir sagen würden. Und da hat er öfter mal Kokain besorgt. Für Prominente und sicher auch für sich. Manchmal hat er sich etwas besorgen lassen. Zum Beispiel durch Sie. Wie rabiat Sie dabei vorgehen, lässt sich Stück für Stück belegen.
    Mir schwante Übles. Wahrscheinlich war Kraterfeld aus der Haidhauser Kneipe ein Spitzel und saß nun gemütlich, soweit das seine schmerzenden Kniekehlen zuließen, beim Leberkäs unten in der Kantine. Dieselhofer holte eine beschriftete Schachtel hervor und hielt eine Klarsichthülle hoch. Drinnen steckte ein gelbliches Briefchen. Ich kannte dieses Format nun schon.
    – Den Dealer, von dem das stammt, haben Sie besucht,das wissen wir. Wie wäre es also damit: Sie liefern Kokain an Maillinger, bekommen wieder

Weitere Kostenlose Bücher