Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schampanninger

Titel: Schampanninger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
Vom Netzwerk:
Emmelmann aus Stützgründen um den Hals gelegt hatte.
    Ein ausgeprägter Fluchtreflex kam über mich. Schande über die Gene meiner Eltern, das prägende Milieu und alles andere wissenschaftlich noch nicht Erforschte, die aus mir diesen Köter gemacht hatten!
    – Bitte folgen Sie mir!
    Ich schlich hinter Emmelmann drein. Psychologisch hatte ich nur noch eine Chance: dass er die Maske seiner freundlichen Souveränität fallen ließ. Stattdessen bot er mir Kaffee an und sah großzügig über meine schlecht manikürten Fingernägel hinweg.
    – Also, begann Emmelmann, wir haben Beweise, dass sie nachts in das Lokal meines Klienten eingedrungen sind …
    – Darf ich mal sehen, unterbrach ich ihn.
    Er legte einen Abzug auf den Tisch, der mir ziemlich fremd vorkam. Es handelte sich auf dem Bild zweifellos um Gossec, allerdings in einer so unvorteilhaften Pose, die ich an ihm gar nicht kannte. Ein Frankensteinmonster mit Brecheisen in den Pranken.
    – Sie wiederum, fuhr Emmelmann fort, verfügen über Informationen oder gar Unterlagen …?
    Er beobachtete mich ebenso lauernd wie ich ihn. Ich konnte zwar nicht pokern, aber das Gesicht dazu brachte ich hin, die Schnauze hielt ich auch. Was würde er nun sagen?
    – … über deren Inhalt ich übrigens nicht unterrichtet bin.
    Er schenkte mir ein Lächeln.
    – Jedenfalls könnten sie nach Ansicht meines Klienten sein Ansehen in der Öffentlichkeit herabsetzen. Sie verhalten sich diskret, und er wäre bereit, dafür auf eine Anzeige wegen – na sagen wir: Hausfriedensbruch zu verzichten.
    Er faltete die Hände und wartete einen Moment. Ein erfahrener Mann wie er bemerkte natürlich, dass ich geplättet und entscheidungsunfähig war. Er nahm aus dem Kästchen vor ihm eine Visitenkarte heraus und reichte sie mir über den Tisch.
    – Meine Durchwahl. Melden Sie sich.
    Er erhob sich, und meine Audienz war beendet. Ich zog ab und fuhr mit dem Aufzug ins Parterre hinunter, wo sich unsereiner niveaumäßig pudelwohl fühlt.

29
    Ich gab trotzdem nicht gern die Schießbudenfigur ab. Emmelmann, der Herrenmensch, hatte mich abgefieselt wie eine Ameisenkolonie den Hühnerknochen. Noch dazu war einem Dritten überhaupt nicht zu erklären, was mir dieser aalglatte Kerl vorgeschlagen hatte, klar war nur, dass er mir gedroht hatte, mich fertigzumachen, wenn ich es wagte, meine Hand gegen Berni Berghammer zu erheben.
    Eisbrocken kickend, unzufrieden und missvergnügt schlenderte ich die Fleischerstraße entlang zu meinem Laden. Kein Zweifel, die Sache entglitt mir immer mehr.
    Wenigstens hatte sich Julius wieder gefangen. Man musste dem Menschen nur eine Aufgabe geben. Stolz vermeldete er, dass er Weihnachtsschmuck verkauft habe. Gut gelaunt wie er war, setzte er noch eins drauf und sagte, er werde nun losziehen, um Plätzchen und eine Flasche Rum zu kaufen. Wir könnten dann Punsch zusammen trinken. Wenn man gemütsmäßig nur noch Kröten knutscht, hat die Idee, ein bisschen zu kuscheln und sich dazu einen auf den Docht zu gießen, etwas Verführerisches. Einen solchen Stimmungsaufheller konnte ich gut gebrauchen.
    Als Julius gegangen war, schaffte ich mir zuallererst eine Last von der Seele. Ich rief bei Emmelmann an. Ich war dankbar, dass sich sein Anrufbeantworter einschaltete, denn ich hatte mir einen Satz zurechtgelegt, den ich genau so sagen wollte.
    – So einen Deal, wie Sie ihn vorgeschlagen haben, mache ich grundsätzlich nur mit Spezln und nie mit Arschlöchern. Habe die Ehre!
    Ich warf den Hörer auf die Gabel. Jetzt konnte ich wieder frei durchschnaufen.
    Nun kam auch Julius zurück. Es ging auf vier Uhr, draußen hatte die Dämmerung eingesetzt. Das schlierige Grau würde rasch in Schwarz übergehen, in diese dichte Winterdunkelheit, die wie eine Mauer vor meinem Schaufenster stand. Ich schaltete den Weihnachtsstern ein, den ich auf einem Buchsbaum drapiert hatte, und hängte das Schild in die Tür, dass der Laden geschlossen sei. Julius pfiff in der Küche wie ein Zaunkönig und werkelte klappernd. Er hatte nicht nurPlätzchen und Rum, sondern auch Stücke aus seiner Plattensammlung mitgebracht. Es könne mir nicht schaden, wenn ich mich von ihm für das Konzert von Jimmy Page aufheizen ließe.
    Des Menschen Wille ist sein Himmelreich, und wir hatten ja reichlich Punsch. Ich hatte uns einen schönen Sofaplatz im Laden frei geräumt, von dem aus man nach draußen auf den Weihnachtsbuchsbaum gucken konnte. Das verschaffte einem das Gefühl von Weite und Raum, man war

Weitere Kostenlose Bücher