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Schandtat

Titel: Schandtat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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gesagt, dass ich keine Revolutionärin bin.«
    »Es ist mein Lieblingsbuch. Das einzige Problem ist, dass er nicht erklärt hat, wie die Welt in diesen Zustand geraten ist. Dieses Buch heißt 1983.«
    Ich wusste, dass es kein 1983 gab. »Und wie?«
    »Eine Million Kleinigkeiten haben sich angehäuft, um ein großes Ding zu ergeben. Genau wie heute.« Er schaute auf meine Brust, dann zeigte er darauf. »Hier, schon allein diese Ausweiskarte, die du um den Hals trägst.«
    Ich blickte auf das Plastikding hinab. »Was ist damit?«

    »Es ist nicht einfach nur ein Schülerausweis. Jedenfalls nicht aus irgendwelchen Sicherheitsgründen.«
    »Ich dachte, es sei ein Hundehalsband.«
    Mit ernster Miene schüttelte er den Kopf. »Da steckt ein Mikrochip drin.«
    Ich blickte noch einmal auf die Karte um meinen Hals. Mein Name stand darauf sowie meine Ausweisnummer, ein Foto und ein Strichcode für die Cafeteria. »Ein Mikrochip?«
    »Ja, und ich erzähl dir auch echt keinen Scheiß. Das haben sie eingeführt, nachdem die Zwillingstürme getroffen wurden. Du weißt schon, diese Paranoia-Sache. Die Benders High hatte ja jede Menge Probleme mit Terroristen, die durch die Flure gestreift sind.«
    »Ein Mikrochip? Nie im Leben!«
    »Und ob! Willst du wissen, was es damit auf sich hat?«
    »Was?«
    »Er ermöglicht uneingeschränkten Zugang zu deiner gesamten Akte, einschließlich lokaler Polizeiberichte und medizinischer Unterlagen. Er enthält außerdem alle deine persönlichen Dokumente und Informationen, die die Schule betreffen.«
    Ich saß da und dachte darüber nach. »Ich hab mal so was in der Art über einen Personalausweis gehört.«
    Er nickte. »Und das ist noch längst nicht alles. Sind dir schon mal diese kleinen Kästen über den Türen der Klassenzimmer aufgefallen? Das sind Sender. Sie spüren dich auf. Die Schule weiß immer und zu jeder Zeit, an welchem Ort du dich gerade aufhältst, und wenn du nicht da bist, wo du sein solltest, leuchtet im Büro ein rotes Alarmsignal auf. Dein Stundenplan ist in den Computer eingespeist, und
wenn du nicht binnen zehn Minuten in deiner Klasse geortet wirst, sendet der Chip eine Nachricht, dass du eine Kriminelle bist, die gejagt und ohne Zugang zu einem Anwalt eingebuchtet werden muss. Sie sind in den Toiletten, in der Cafeteria, in der Turnhalle, überall. Sogar draußen.«
    »Nie im Leben!«
    »Gut, dann glaub mir eben nicht. Wir waren eine der ersten Schulen im Land, die das gemacht hat. Alle waren so glücklich darüber, dass wir den Robotern einen Schritt näher gekommen waren, dass der Stadtrat einen Teil der Finanzierung übernommen hat.«
    »Das klingt nach Verschwörungstheorie.«
    »Ich sag dir was. Wir spielen Montag ein Spiel, und dann werden wir ja sehen, was Verschwörung ist und was nicht.«
    »Und die Regeln des Spiels?«
    »Kinderleicht. Wir tauschen nächste Woche einfach unsere Karten und warten ab, was passiert.«
    »Abgemacht. Was machst du am Wochenende?«
    Er zuckte die Achseln. »Abhängen und auf der faulen Haut liegen. Und du?«
    Ich holte tief Luft und dachte an seine Bemerkungen darüber, sich auf der Benders High einzufügen. »Für den Chor üben.«
    Er sah mich mit schmalen Augen an. »Chor?«
    »Ja. Ich bin da drin.«
    »Ich dachte, du bist gegen das Establishment.«
    Ich korrigierte ihn. » Du hast gesagt, ich wäre gegen das Establishment.«
    »Aus dir wird man nicht so richtig schlau, Poe Holly.«
    Ich zuckte die Achseln. »Tja, na ja.«

    Nachdenklich ließ er den Blick einen Moment lang über die Nachbarschaft schweifen. »Das ist ja nichts Schlechtes. Ich habe nur …«
    »Du hast voreilige Schlüsse über mich gezogen, genau wie all die Leute, die du dafür verachtest, dass sie voreilige Schlüsse ziehen.«
    Er lehnte sich zurück und fasste sich mit beiden Händen an die Brust. »Autsch. Tödlicher Treffer.«
    »Traurig, aber wahr.«
    Er setzte sich wieder hin. »Du hast recht, aber ich hab nie behauptet, dass ich besser sei als sie.«
    Ich lachte. »Du triefst förmlich vor Verachtung für die Menschen, Theo. Gewöhn dir das mal ab.«
    »Ja, aber ich hab für mich selbst genauso viel Verachtung, also ist es okay.« Er lächelte und grinste mich an. »Und sonst so?«
    »Hast du Lust, morgen was zu unternehmen?«
    »Ja. Meine Eltern geben eine Cocktailparty. Du bist eingeladen.«
    »Ooh. Und schon gehör ich zu den Guten. Ich kann’s kaum erwarten.«
    »Es ist wie ein Besuch im Zoo. Man schaut sich die Affen durch die Gitterstäbe an.

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