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Schandtat

Titel: Schandtat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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selbst einzutreten. Und vielleicht versteh ich jetzt auch, warum du unmöglich mit Mom zusammen sein konntest. Oder überhaupt mit irgendjemandem.« Mein Blick bohrte sich brennend in seine Augen - ich konnte nicht anders. Etwas in mir wollte, dass dieser Streit weiterging, weil ich total aufgebracht war. Aber im Grunde hatte er recht. Ich war genau wie meine Mom. Vernichtend. Finde die Schwachstelle und reiß sie in Stücke.
    Also ging ich.

DREIZEHN
    Der Samstag kam, und im Haus herrschte eine ziemlich melancholische Atmosphäre. Nach unserem einseitigen Streit war ich bestimmt sechs Mal in nur vier Stunden durch Benders Hollow gelatscht. Ich hasste diesen Ort. Ich wollte zurück nach Los Angeles. Ich wollte nichts mehr mit ihm zu tun haben.
    David ging mir aus dem Weg und verbrachte den ganzen Tag mit Gartenarbeit. Ich beobachtete Velveeta, wie er mit einer Paintball-Waffe im Garten herumschoss und so tat, als seien Bäume, Steine und Pflanzen Gott weiß welche Beute, und dann beobachtete ich David beim Unkrautjäten. Ich verstand ihn einfach nicht, und wenn ich über unseren Krach vom Vorabend nachdachte, verstand ich nicht einmal mich selbst. Im Grunde hatte ich ihn als Boxsack benutzt, aber je länger ich darüber nachdachte, desto klarer wurde mir, dass manche Leute eben manchmal als Boxsack herhalten mussten. Genau wie Velveeta.
    Keine Ahnung, worüber ich mich eigentlich so dermaßen aufgeregt hatte. Er war wirklich wie eine Lampe, und wann immer man versuchte, an ihn heranzukommen, legte er seinen kleinen Schalter einfach um und versteckte sich hinter diesem raffiniert nichtssagenden Gerede, um sich alles immer schön vom Leib zu halten. Um tunlichst nirgends involviert zu werden. Das war es, was mir nicht gefiel. Er
konnte ohne Ende über Gefühle reden und über die Wahrheit und darüber, dass wir einander kennenlernen sollten, doch sobald man persönlich werden wollte, konnte er kein bisschen damit umgehen. Er hatte da in diesem Büro gesessen, als sei ich eine Fremde.
    Mir fiel unser erstes Gespräch gleich nach meiner Ankunft wieder ein, in dem es darum ging, was wir ineinander sahen. Ich hatte richtig gelegen. Er sprach dieselbe Sprache wie die Schule. Distanziert und unpersönlich, als wäre das ganze Leben nur eine Psychoanalyse. Ich wusste einfach nicht mehr, was ich tun sollte.
    Also rief ich Mom an. Fehler. Sie steckte tief im Dschungel irgendwo in Südamerika und hatte mir eingeschärft, sie nur in absoluten Notfällen anzurufen. Ihr stand eine Art GPS-Höchstleistungs-Militärhandy zur Verfügung, das zwar überall Empfang hatte, aber eine Gesprächsminute kostete so was wie zehn Mäuse. Neunzig Riesen für einen Mercedes, okay, hundert Dollar für ein Telefongespräch mit der eigenen Tochter, nicht okay.
    »Hallo?«
    »Hey, Mom.«
    Knistern in der Leitung. »Was ist passiert? Geht es dir gut? Poe, geht es dir gut?«
    »Ja. Wollt nur mal anrufen.«
    »Poe, was ist los?«
    Am liebsten hätte ich ihr erzählt, dass mein Dad unmöglich sei und dass ich nach Hause wolle. Ich wollte sie bitten, auch nach Hause zu kommen. Aber vor allem wollte ich meiner Mom sagen, dass sie so schlecht gar nicht war. »Wie ist der Dschungel?«

    »Poe, habe ich dir nicht gesagt, dass diese Leitung nur für Notfälle ist? Darüber hatten wir doch gesprochen. Ich fahre jede Woche in die Stadt und kontrolliere meine E-Mails. Du hast übrigens noch keine einzige geschickt, was ich recht enttäuschend finde.«
    Sie hatte auch keine geschickt. »Oh.«
    »Hör zu, in fünf Minuten habe ich eine Notoperation an einem Blinddarm. Ich werde mich noch verspäten, und ich kann wohl kaum zulassen, dass mir diese junge Frau vorher platzt.«
    »Tut mir leid.«
    Ihr Tonfall wurde weicher. »Wie läuft es denn? Gut? Mit deinem Vater?«
    »Ja. Großartig.«
    »Schön, sehr schön. Ich wusste, dass schon alles gut laufen würde. Jetzt muss ich aber los. Bis bald.«
    »Bis dann.«
    So viel dazu.
     
    Um Viertel nach fünf schlenderte Theo die Straße herunter, um mich zu der Cocktailparty abzuholen, und ich winkte ihm durchs Fenster zu. David hockte auf Händen und Knien auf dem Gehweg und kratzte mit einem Buttermesser den Dreck aus den Ritzen. Er hatte mir erzählt, dass man auf diese Weise das Unkraut fernhalten könne. Als ich ihm riet, einfach Benzin hineinzuspritzen und ein Streichholz anzuzünden, glaubte er, ich hätte einen Witz gemacht. Hatte ich aber nicht.
    Ich hüpfte die Stufen hinunter und ging zu ihnen. David stand auf,

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