Schandtat
Die Wände waren
schwarz gestrichen und voller Rockposter aus den achtziger Jahren, über den Fenstern, die nach hinten hinausgingen, hing eine Leuchtreklame für Bier, und überall herrschte das totale Chaos. Kleider und Schuhe bedeckten den Boden, leere Getränkedosen waren auf seinem Nachttisch, der Kommode und dem Fensterbrett verteilt, und auf seinem Computertisch häuften sich Papiere. Er griff sich eine Fernbedienung und schaltete die Stereoanlage ein, die gleich neben dem Fernseher stand. ›The Number of the Beast‹ von Iron Maiden röhrte durch das Surround-Sound-System. Ich ließ mich auf sein Bett plumpsen. »Nettes Zimmer.«
»Ja. Ich lass die Haushälterin nie rein. Sie würde mir wahrscheinlich mein Zeugs klauen.«
»Dein Zeugs?«
»Ja. Marie Johanna.«
»Ich wusste gar nicht, dass du rauchst.«
Er zuckte die Achseln. »Nicht viel, aber manchmal muss ich einfach.«
»Du musst?«
»Mom. Sie wird ab und zu verrückt. Im Sinne von nicht witzig verrückt.«
»Oh.«
»Hast du Lust zu kiffen? Ich hab vor zwei Wochen richtig gutes Zeug bekommen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Mädchen …«
»Das Gefühl gefällt mir eben nicht. Ich hatte mal so was wie’nen schlechten Trip, also lass ich lieber die Finger davon.«
»Völlig okay.« Er schaute aus dem Fenster in den hinteren Garten. »Die Horde ist im Anmarsch.«
Ich stand auf und trat ans Fenster. Fünf oder sechs Leute, die gekleidet waren, als seien sie miteinander verwandt, tummelten sich um die Freiluftbar. Ein Pool glitzerte blau in der Sonne, das Wasser war glatt wie ein Spiegel. »Hübsch.«
»Komm, ich will dir was zeigen.«
Wir gingen die Treppe hinunter zur anderen Seite des Hauses, und Theo öffnete eine Flurtür. Dahinter führten noch weitere Stufen hinab. »Wohin geht’s jetzt?«
Er knipste das Licht an. »In den Keller. Dort lagern wir unsere Leichen.«
»Cool.« Ich folgte ihm nach unten, und nachdem wir an einem klimatisierten Weinkeller mit einer Glastür vorbeigekommen waren, blieb Theo vor einer anderen Tür stehen. Ich sah mich um. Die Decken waren recht hoch, aber die Hälfte des Kellers war noch nicht fertig ausgebaut. »Und was kommt jetzt?«
Er öffnete die Tür. »Immer hereinspaziert! Es wird dir gefallen.«
Ich trat ein und riss die Augen auf. In dem bestimmt acht Meter langen Raum standen diverse Mikrofone und Verstärker und Effektgeräte und ein digitaler Mehrspurrekorder. Auf dem Betonboden lagen überall Kabel, und in der Ecke stand ein Schlagzeug. Das war ein komplett eingerichtetes Aufnahmestudio. »Gibt’s doch nicht!«
»Gibt’s doch.«
Ich ging weiter hinein und schaute mich genauer um. Nur das Feinste vom Feinen. Tausende von Dollar. »Ich wusste gar nicht, dass du auf so was stehst, Theo.«
»Tu ich auch nicht. Das Schlagzeug gehört mir, aber der Rest gehört meiner Mom.«
Ich zog die Augenbrauen hoch.
»Ja. Vor dieser Sache mit dem Kochen hatte sie’s mit der Musik. Sie hatte sich die erste Staffel von American Idol angesehen und beschlossen, berühmt zu werden.«
»Wow.«
Er lachte. »Sie benutzt die Sachen schon seit zwei Jahren nicht mehr. Ein Aufnahmemuseum im Wert von zwanzigtausend Dollar.« Er schloss die Tür hinter sich und legte einen Schalter um. Das Summen der Verstärker drang an mein Ohr, und die Lämpchen am Mischpult leuchteten auf. »Du hast doch gesagt, du bist im Chor.«
Ich trat ans Mikrofon. »Ja.«
»Und in L. A. hast du in einer Punkband gesungen, oder?«
»Ja.«
Er ging zum Schlagzeug, justierte das Mikrofon, setzte sich, griff nach zwei Sticks und drehte sie zwischen den Fingern. »Spielst du Gitarre?«
»Meistens Rhythmus.«
Er zeigte auf einen Gitarrenkoffer in der Ecke. »Häng sie dir um und stöpsel sie ein, Baby. Mal sehen, was du so drauf hast.«
Ich lachte. »Theo …«
»Los. Ich will’s hören.« Er haute auf das Becken.
Prompt ließ ich den Gitarrenkoffer aufspringen. Eine Fender. »Wollen wir doch mal sehen, ob du mithalten kannst.«
Er lachte. »Na los.«
Ich nahm mir einen Moment Zeit, um das Instrument zu stimmen, dann stöpselte ich die Gitarre ein, stimmte ein paar Akkorde an und stellte mir den Sound ein, den ich
haben wollte. Schwer und verzerrt. »Meinst du, du kannst einfach mit einsteigen?«
Er nickte. »Drei volle Jahre den besten Schlagzeugunterricht, den man für Geld kriegen kann. Leg los!«
Gesagt, getan. Ich probierte eine Akkordfolge, veränderte den Sound am Verstärker und drehte mich zu ihm um. »Setz
Weitere Kostenlose Bücher