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Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Weiss
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Milchgesicht gehänselt.
    Aber mit der Zeit verinnerlichte Bunk mehr und mehr die Handgriffe und Gesten von Männern, übte den festen Händedruck und ein lässiges Ausspucken, sodass sie seltener in zweifelhafte Situationen kam. Schwierig aber war und blieb es mit dem Pinkeln. Immer wieder musste sie sich dafür davonschleichen, konnte sie doch nicht einfach wie die anderen Kerle in ihre Hose greifen und im Stehen über die Reling pinkeln. Am schlimmsten war es, wenn die Menstruation einsetzte. Beim ersten Mal schnitt sie sich aus Verzweiflung in den Arm, um die blutigen Binden, die sie zu waschen hatte, zu erklären.
    Eineinhalb Jahre blieb Bunk auf Piepers Ewer. Ihre Muskeln nahmen zu, der Körper wurde immer sehniger, und die Hände waren voller Schwielen. Den ersten Winter hatte sie Glück gehabt. Er war so milde ausgefallen, dass der Ewer die dunklen Monate durchfahren konnte und Pieper die Männer hielt. Aber der Winter 1696/97 war hart. Schon Anfang Dezember machte das Eis die Weser unschiffbar. Pieper machte in der Nähe von Bremerhaven fest und entließ die Männer. Sie zogen sich bis zum Frühjahr auf die Höfe ihrer Familien zurück. Bunk blieb nichts anderes übrig, als sich eine neue Arbeit zu suchen. Der Advent war dafür keine gute Jahreszeit.
    »Mitten im Winter ohne Arbeit auf der Straße zu sitzen muss sehr schwierig sein. Wie hast du dich denn durchgeschlagen?«
    »Ich bin gut zu Fuß. Wenn man läuft, frieren einem die Glieder nicht so schnell ein. So lief ich die Poststraße entlang nach Oldenburg, um dort auf irgendeinem Gestüt als Knecht unterzukommen.«
    »Von Bremerhaven nach Oldenburg? Das ist ein ordentlicher Marsch.« Wrangel konnte seine Bewunderung nicht verhehlen. Ging er doch selbst gern und viel zu Fuß. So wusste er auch nur zu gut, wie einem über kurz oder lang der Frost in die Glieder kroch. Wer so etwas über Tage, gar Wochen, auf sich nahm, war sicherlich kein zimperliches Weib. »Wie viele Wochen warst du unterwegs?«
    »Zwei vielleicht, dann half mir der Zufall. Schon auf halber Strecke, bei Altendorf, suchte der Wirt eines Gasthauses mit angeschlossener Poststation einen neuen Knecht.«
    »Mitten im Dezember?«
    »Ja. Der alte Knecht war in der Nacht zuvor erfroren. Sturzbetrunken war er bei eisiger Kälte draußen beim Pinkeln eingeschlafen.«
    »Was für ein Glück für dich.«
    »Glück?« Bunk spuckte aus und nahm noch einen kräftigen Schluck Bier, bevor sie mit ihrer Geschichte fortfuhr.
    Die Arbeit als Knecht lag Bunk. Sie verstand etwas von Pferden, war sie doch in der Garnison als Tochter eines Kavalleristen aufgewachsen. Nun hatte sie sich um zehn Boxen für die täglich wechselnden Gespanne der Postkutschen zu kümmern sowie um die Pferde der privaten Gäste der Station, musste lahme Tiere pflegen, dem Hufschmied zur Hand gehen, wenn er zum Beschlagen gerufen wurde, für Wasser, Futter und frische Streu sorgen, Holz hacken und der Küchenmagd beim Wasserholen helfen. Da der Brunnen immer wieder zufror, war das keine leichte Aufgabe. Zweimal musste Bunk hinunter in den Brunnenschacht steigen und das Eis mit der Hacke zerschlagen, als sie es nicht mehr von oben mit Steinen zerbrechen konnten.
    Rosi, die Magd, war eine ältliche, einfältige und dicke Person,aber gutmütig. Sie kochte eine deftige Grütze, und auf ihrer Mittagssuppe drängten sich die Fettaugen. Ab und zu steckte sie Bunk auch einen Wurstzipfel zu, damit der Bursche, wie sie Bunk nannte, nicht ganz vom Fleisch fiele.
    Der Wirt hingegen war ein Prahlhans und Säufer. Wenn er zu viel getrunken hatte, konnte er unangenehm aggressiv werden. Bunk lernte schnell, lieber auf ein paar Schnäpse zu verzichten, als Gefahr zu laufen, sich betrunken mit dem Wirt raufen zu müssen. Nur zu leicht konnte dabei ihr Hemd zerreißen und ungewollte Einblicke schaffen.
    Einmal kam er nachts in den Stall getorkelt, wo Bunk auf einer Pritsche schlief. Er lallte von seinen Weibergeschichten. Jede Magd im Umkreis von zehn Kilometern hatte er bestiegen. Kaum konnte er das Frühjahr abwarten, wenn er wieder los konnte auf die Jahrmärkte. »Endlich nicht mehr nur die olle Rosi mit ihren dicken Möpsen. Dich, mein Jung, nehm ich dann mit, damit du auch auf etwas Anständiges raufkommst und trocken wirst hinter den Ohren.« Bunk hörte ihm mit starrem Blick zu. Innerlich aber bebte sie, der Alte könnte ihr Geheimnis entdecken. Zum Glück kam Rosi herüber in den Stall. Das Bett war ihr wohl allein zu kalt geworden. Gemeinsam

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