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Schandweib

Schandweib

Titel: Schandweib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Weiss
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spannen.
    Wrangel nickte Bunk zu und folgte dann Asthusen hinüber in die Schankstube.
    Kaum hatten die beiden Männer die Herrenstube verlassen, ergoss sich ein Strom schaulustiger Besucher über die Schwelle. Wrangel betrachtete die gaffenden Leute eine Weile und dachte darüber nach, wie sie wohl auf jene Geschichten reagieren würden, die Bunk ihm gerade erzählt hatte. Natürlich standen auch viele von ihnen heimlich an des Arzneienkrämers Tür, um Potenzpillen zu kaufen, und so manche hübsche Frau versuchte ihre Schönheit noch mit Cremes aus Hundefett zu steigern. Die eine oder andere vielleicht sogar mit Creme aus Menschenfett.
    Angewidert drehte er sich um und wollte gerade auf einen Tisch in unmittelbarer Nähe zum Tresen zusteuern, als ihm eine ausnehmend hübsche junge Frau auffiel. Ihr weites blaues Kleid, das unter den vollen runden Brüsten knapp geschnürt war, tänzelte mit jedem Schritt um die Waden herum, verfing sich spielerisch zwischen ihnen, nur um sich beim nächsten Schritt wieder zu lösen. Eine kleine weiße Haube versuchte vergeblich die braunen Locken zu züchtigen. Sie kullerten wie glänzende Kastanien die Wangen hinab. Die vollen Lippen rahmten wohlgeformte Zähne mit einem rosigen Schimmer, aus ihnen perlte ein glockengleiches Lachen hervor, das eine Mischung aus Erfüllung und Vollkommenheit verhieß. Der Duft von frischem Heu wehte wie ein Schleier hinter ihr her und umhüllte für einen kurzen Augenblick Wrangels Sinne. Selbst solche Schönheiten zog das lebendige Elend Bunks an. Kopfschüttelnd riss er seinen Blick von der jungen Frau los und griff nach dem Bier, das ihm Asthusen vorsorglich auf den Tisch gestellt hatte.
    »Kommt Ihr gut voran, Prokurator?«
    Wrangel wischte sich den Schaum von den Lippen und hob nichtssagend die Schultern. Er wollte nicht voreilig etwas von seinen neuen Erkenntnissen über Bunk preisgeben, zu leicht könnten sie an die falschen Ohren geraten.
    Plötzlich drang lauter Tumult aus der Herrenstube zu ihnen herüber. Schnell sprangen Frohn und Prokurator auf und drängten sich durch die Menschenmenge in die Herrenstube. Bunk war von ihrem kleinen Schemel aufgesprungen und riss wie irre an ihrer Kette. Ihr Haar hatte sich gelöst und flog wirr um ihren Kopf, ihre hellen Augen blitzten vor Wut, und sie stieß wilde unverständliche Flüche aus. Die Leute wichen zurück, einige schrien ängstlich auf in dem Glauben, den leibhaftigen Teufel in der armen Kreatur zu erblicken.
    Mit zornigem Gebrüll versuchte Bunk die hübsche Brünette in dem blauen Kleid am Arm zu packen. Die wich jedoch angewidert zurück und betrachtete die geifernde Gefangene mit spöttischem Abscheu.
    Während sich Asthusen mit wenigen Schritten zu seiner Gefangenen vorarbeitete und versuchte, sie gemeinsam mit Jürgen niederzuringen, folgte Wrangels Blick der jungen hübschen Frau. Sie drehte sich geziert zu dem Mann hinter sich um und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Im Gegensatz zu den anderen Leuten schien sie auch nach dem Angriff kein Funke von Panik oder Angst befallen zu haben. Der Mann, ein stattlicher blonder Kerl in einem modischen Rock und mit Samtmütze, fasste die Frau um die Taille und schob sie vorwärts, dem Ausgang entgegen. Sie schmiegte sich wie ein Kätzchen in seinen Arm.
    »Cäcilie, mein Täubchen, nun geh schon voran, ich will raus aus dem Lärm«, hörte Wrangel den Mann sagen.
    »Was für ein jämmerlicher Anblick. Da fragt man sich doch, wie man so etwas nur ertragen kann. Ja, lass uns an die frische Luft gehen. Mir wird übel bei diesem Gestank.«
    Der stattliche blonde Mann räusperte sich etwas verlegen, reckte seinen fetten Hals in die Höhe und drückte das Kreuz durch, um noch ein wenig größer zu erscheinen. Dann schritt er mit ausladenden Bewegungen, denen er wohl eine gewisse Würde unterstellte, der brünetten Schönheit hinterher, die sich an Wrangel vorbei durch die Menge zur Tür hinausschob.
    Die Ausstellung des Mannweibes war für diesen Tag beendet. In Gedanken noch bei dieser unerwarteten Attacke seiner Mandantin auf die hübsche junge Frau, verließ Wrangel die Frohnerei, um zum Niedergericht zurückzukehren, als er mit halbem Ohr hinter sich Bunk wütend nach Asthusen rufen hörte.

Montag, 15. November 1701
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    N achdem nun das Verhältnis meiner Mandantin Ilsabe Bunk zu Elisabeth Pausten, wie auch die Vorgänge, die zu der Verletzung von Elisabeth Pausten führten, hinlänglich beleuchtet wurden, erlaubt mir, Prätor Wilken, auf den

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