Schandweib
mitgenommen.«
»Ja, und die Leiche und all das Blut?«
»Das Blut haben sie in einem Fass aufgefangen und auch mitgenommen. Wie ein Schwein haben sie die Rieken ausbluten lassen.«
»Wer ist sie? «
»Na, der Jähner und seine Kerle.«
»Was für Kerle denn?«
»Zwei Kerle hat er noch mitgebracht, Bootsleute waren sie, glaub ich. Die haben dann auch die Leiche weggeschafft.«
Wilken schaute Bunk eindringlich an. Dann setzte er sich gerade auf und faltete die schlanken Finger wie zum Gebet. »Was Sie da sagt, sind schwere Anschuldigungen – gegen Sie selbst, aber auch gegen andere Menschen. Ist Sie sich dessen bewusst?«
»Ja, Herr Prätor. Doch mein Gewissen befiehlt mir, die Wahrheit auszusprechen.«
»Was die Wahrheit ist, darüber wird später befunden werden. Sie sage uns jetzt noch einmal ganz genau, wer diese Menschen sind, die Sie des Mordes beschuldigt. In welcher Beziehung steht Sie zu diesen Leuten?«
»Der, der den Kopf abgeschnitten hat, ist Johann Jähner. Er ist Arzneienkrämer und hat seinen Laden im Beckergang.«
»Woher kennt Sie diesen Jähner?«
»Ich habe für ihn gearbeitet als Gehilfe und Kräutermann. Mehr als ein Jahr bin ich für ihn übers Land gezogen und habe Kräuter, Wurzeln und Rinden gesammelt und seine Salben und Tinkturen an die Bauersleute verkauft.«
»Und diese Frau, diese
?« Wilken warf Dr. Meyer einen auffordernden Blick zu.
»Jürgens, Prätor Wilken. Cäcilie Jürgens hat sie sie genannt«, ergänzte der Aktuar ruhig.
»Wer ist diese Jürgens, und woher kennt Sie sie?«
Bunk rieb sich nervös die von den Eisenringen wunden Handgelenke, dass die Ketten klirrten. »Ich habe mit ihr zusammengelebt wie Mann und Frau. Über sie habe ich Jähner kennengelernt. Sie war in seinem Haus als Dienstmagd. Als das mit uns anfing, hörte sie dort auf und half mir, als Kräuterhökerin für Jähner zu arbeiten. Sie hat mit mir zusammen am Neuen Markt gewohnt. Doch nach dieser Geschichte bin ich weg aus Hamburg und hab sie seitdem nicht mehr gesehen. Wo sie heute lebt, kann ich Euch nicht sagen.«
»Dann hat Sie vor der Pausten schon einmal in Unzucht, ja in Sodomie gelebt?« Wilken schüttelte bedächtig den Kopf und atmete kräftig aus.
Wrangel aber stockte der Atem, kleine Schweißperlen traten ihm auf die Stirn. Was redete das Weib da nur? Was hatte sie ihm alles verheimlicht? Sie hatte also mit einer weiteren Frau zusammengelebt? Was mochte wohl noch alles aus diesem Schandweib herausbrechen, setzte man ihr nur genügend zu? Wrangel hielt den Blick gesenkt und schüttelte resigniert den Kopf. Den ganzen Sonntag hatte er an der Verteidigungsschrift für Bunk gesessen. Er hätte es sich sparen können. Auch seine leise Hoffnung, in Bunks Schicksal einen göttlichen Fingerzeig auf sein eigenes Unglück in der Liebe zu finden, verflüchtigte sich in schmerzlicher Enttäuschung. So wie es jetzt aussah, gab es kein Zurück mehr, und das Niedergericht musste sich wohl oder übel mit diesem Mannweib befassen. Wenigstens hatte man jetzt ein klares Geständnis. Damit ließe sich der Fall immerhin sauber und ordentlich abwickeln.
Asthusen, der an der Wand neben Bunk stand, richtete seinen Blick gen Himmel, als dankte er dem Herrn für dieses Geständnis, das dem Henker eine große Hinrichtung verhieß.
»In Unzucht? Wenn Ihr es denn so nennen wollt, Herr Prätor«, antwortete Bunk schließlich. »Ich nenne es in Zweisamkeit.«
Wilken überging diesen Kommentar und gab stattdessen dem Brookvogt Anweisungen, die Beschuldigten ausfindig zu machen und zum Verhör vor das Niedergericht zu bringen. Dann beendete er mit knappen Worten die Vernehmung, erhob sich und verließ im Gefolge der beiden Schöffen und des Aktuars Dr. Meyer die Herrenstube.
Wrangel folgte dem Tross, knurrte aber im Herausgehen Asthusen zu: »Lasst die Bunk noch ein Weilchen hier sitzen, ich will mit ihr reden.«
25
V or der Frohnerei stach Wrangel der Geruch von Feuer in die Nase, und feine Rußpartikel reizten seine Augen. Mehr und mehr Menschen blieben stehen und beschnupperten geradezu unruhig die rauchige Luft. Mit einem Mal läuteten die Glocken der nahen St.-Petri-Kirche Sturm. Gleich darauf fielen die Glocken der dahinter gelegenen St. Jacobi mit in das Sturmläuten ein.
»Feuer!«, schrien die Leute, die von der Alster her auf den Berg zugelaufen kamen. »Feuer auf der Vincent-Bastion , gleich hinter dem Drillhaus !«
Nun schmeckte Wrangel den Rauch bereits auf der Zunge. Über den
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