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Scharade der Liebe

Titel: Scharade der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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noch eine Ewigkeit warten. Aber du hast Recht. Lass uns gehen.«
    Georgie, die ein Zitronenplätzchen in ihrer kleinen Hand hielt, saß zufrieden auf Nellas Schoß und betrachtete Jeffrey, wobei sie alle paar Minuten sagte: »E-e-er ist Gott, n-nicht wahr?«
    »Nun, meine Süße«, erwiderte Nella, »da du wie ein kleiner Engel aussiehst, hast du vielleicht Recht.«
    Die verwitwete Baronin war im größten Zimmer im östlichen Flügel von Needle House untergebracht. Es war eigentlich eine Suite, die aus drei Zimmern bestand, die in Blassgelb, Grün und Weiß gehalten waren. Hübsche Räume, dachte Gray und fragte sich, ob seine Mutter das wohl jemals bemerkt hatte. Kurz zuvor hatte er mit Nella gesprochen, und sie hatte gesagt: »Sie ist sehr still, Mylord. Sie beschäftigt sich immer nur mit den Fransen an ihren Schals. Aber sie ist gesund, und sie hat eine gute Farbe. Dr. Pontefract glaubt, dass sie uns alle überlebt. Er verbringt viel Zeit mit ihr, sie reden über das Wetter, über die Orte, die er besucht hat, als er bei der Marine war, von den Städten in den Kolonien. Sie ist nicht unglücklich, Mylord, das dürft Ihr nicht denken. Ich verstehe ihre Welt zwar nicht, aber unglücklich ist sie nicht.
    Vielleicht wird sie klarer, wenn sie begreift, dass Ihr verheiratet seid und dass ihre Schwiegertochter zu Besuch ist. Nun, ich passe schon auf das kleine Mädchen auf. Diese Augen sind unglaublich, nicht wahr? Eins blau und das andere golden, es ist großartig. Ah, ich rede einfach immer weiter. Mein Mann schüttelt nur den Kopf, wenn ich mit ihm plaudere. Verzeiht mir, Mylord.
    Ihr und Ihre Ladyschaft könnt jetzt hinaufgehen. Ich bringe Euch gleich den Tee. Eure Mutter liebt Tee und meine Zitronenplätzchen. Mr. Jeffrey mag sie auch. Sie sind nach einem Rezept von meiner Mutter.«
    Je näher Gray dem Zimmer seiner Mutter kam, desto langsamer wurden seine Schritte. Schließlich jedoch standen er und Jack vor der schweren Eichentür.
    »Du hast gehört, was Nella gesagt hat. Manchmal spricht meine Mutter, manchmal weiß sie, wer ich bin, und manchmal weiß sie sogar, wer sie ist. Jack, ich weiß nicht, was wir herausfinden werden, aber vielleicht auch gar nichts.«
    »Ich weiß«, erwiderte Jack, »ich weiß. Es ist schon gut.«
    Er lächelte sie schief an und klopfte dann leise an, bevor er die Tür öffnete und eintrat. Jack blieb hinter ihm. »Warte einen Augenblick«, bat er, dann trat er zu den Fenstern, die nach Süden über einen kleinen Garten bis hin zum Wald hinausgingen.
    Es war eine schöne Aussicht.
    Gray kniete sich neben den Sessel seiner Mutter. Sanft ergriff er ihre Hand, küsste sie und sagte leise: »Hallo, Mutter. Ich bin es, Gray, dein Sohn. Ich bin zu Besuch gekommen.«
    Das schöne Geschöpf mit den üppigen blonden Haaren blickte ihn an. Er hatte die hellgrünen Augen seiner Mutter und die gleichen geschwungenen Augenbrauen.
    Er hatte nicht daran gedacht, Lord Burleigh zu fragen, ob er Thomas Levering Bascombe ähnlich sähe. Und bei dem Mann, den er für seinen Vater gehalten hatte, wusste er es einfach nicht mehr.
    Er drückte die Hand seiner Mutter. »Mutter? Ich bin es, dein Sohn Gray. Ich habe eine Überraschung mitgebracht.«
    Ihre Augen flackerten leicht. Sie sagte: »Eine Überraschung? Ich liebe Überraschungen. Dr. Pontefract bringt mir gelegentlich Überraschungen mit. Ein reizender Mann.«
    Sie redete also. Das war immerhin schon etwas. Ihre Stimme war leise und sanft. Er sagte: »Ich habe geheiratet,
    Mutter. Ich habe dir eine Tochter gebracht. Das ist meine Überraschung.« Er winkte Jack, näher zu treten.
    Nur Jack hörte den Schmerz in seiner Stimme. Sie hockte sich neben ihn und blickte seine Mutter an. »Mylady? Mein Name ist Winifrede. Gray und ich sind erst seit kurzem verheiratet. Wir wollten es Euch sagen.«
    Alice St. Cyre, die verwitwete Baroness Cliffe, sog scharf die Luft ein und schlug die Hand vor die Augen.
    »Nein«, wisperte sie, »nicht du. O Gott, geh weg. Ich will dich nicht sehen.«
    »Mutter? Was ist los?«
    »Nein! Geh weg!«
    Sie hielt die Hände vors Gesicht und weinte.
    Gray stand langsam auf und zog Jack mit sich. »Es hat keinen Zweck. Ich hole Nella.«
    Sie verließen das hübsche Schlafzimmer. Als Jack beim Herausgehen noch einmal zurückblickte, starrte die verwitwete Baronin sie an. Ihr Gesicht war voller - ja was? Angst? Hass?
    Jack erschauerte und folgte Gray aus dem Zimmer.
    Er war nicht in ihrem Schlafzimmer. Jack empfand einen Augenblick

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