Scharade der Liebe
Rolle. Beide waren unehrenhafte Männer.«
Lord Burleigh saß in einem großen Sessel, eine Wolldecke über den Beinen. Seine Haut war nicht mehr so grau, und seine Augen blickten wieder klar und intelligent, Gott sei Dank. Er war immer noch zu schwach, um sein Schlafzimmer zu verlassen, aber sein Zustand wurde täglich besser, wie Lady Burleigh Jack und Gray versichert hatte, als sie kamen. Seine Stimme war wieder kräftig und tief, und Gray war überaus erleichtert.
Er lehnte sich zurück und schloss die Augen. »Mir fällt es immer noch schwer zu glauben, dass Thomas Levering Bascombe sich so verhalten hat. Ah, was ein Mann alles tut, wenn er sein Herz verliert. Er muss Eure Mutter sehr geliebt haben.«
Ein Mann fand immer eine Entschuldigung, dachte Gray und presste die Lippen zusammen. Er konnte eine Frau vergewaltigen und das mit Liebe entschuldigen. Es gelang ihm jedoch, seine Stimme ruhig klingen zu lassen. »Ich würde Vergewaltigung nicht als eine Folge von Liebe bezeichnen, Mylord. Wie ich bereits sagte, ich glaube nicht, dass er sich so wesentlich von meinem wirklichen Vater unterschied.«
Lord Burleigh seufzte und schloss einen Moment lang die Augen. »Wahrscheinlich hast du damit nicht Unrecht. Ich kannte ihn so lange, und, ja, ich habe ihn bewundert.
Bist du ganz sicher, Gray? Hast du überhaupt keinen Zweifel mehr?«
Gray lächelte. »Nein, Sir, nicht die Spur eines Zweifels. Ich bin ein sehr erleichterter und glücklicher Mann. Meine Frau wartet unten und trinkt Tee mit Lady Burleigh. Möchtet Ihr sie gern kennen lernen, Sir? Sie ist reizend, wisst Ihr, und ich glaube, allein das Zusammensein mit ihr wird mich über Jahre hinweg jung und gesund erhalten.«
»Ja, ich möchte sie gern kennen lernen. Stell mir diese junge Dame namens Jack vor.«
Und so lernte Jack endlich den Mann kennen, der zutiefst davon überzeugt gewesen war, dass sie und Gray Geschwister waren.
»Ich freue mich sehr, dass ihr einander gefunden habt«, sagte Lord Burleigh. »Und ich freue mich noch mehr, dass jetzt nichts mehr eure gemeinsame Zukunft stört.«
Jack kniete sich neben Lord Burleighs Sessel. »Ihr habt uns gezwungen, uns mit uns selbst auseinanderzusetzen, Mylord. Wenn es anders ausgegangen wäre, wäre ich vielleicht versucht gewesen, Euch zu erschießen, aber jetzt könnt Ihr vermutlich förmlich hören, wie erleichtert und glücklich ich bin.
Es ist vorüber - und wisst Ihr was?«
Lord Burleigh lächelte das strahlende Mädchen an. »Nein, was?«
Sie flüsterte ihm etwas ins Ohr.
»Ah«, sagte er, »das ist ausgezeichnet.«
Auf ein Zeichen von Lady Burleigh trat Gray vor. »Jack, meine Liebe, Seine Lordschaft muss jetzt etwas essen und einen Mittagsschlaf machen. Ich fürchte, wir haben ihn erschöpft.« Er half ihr hoch. Sie knickste anmutig vor Lord und Lady Burleigh, ergriff den Arm ihres Mannes und verließ mit ihm das Schlafzimmer.
Gray lachte. »Du hast zu ihm gesagt, du hättest ihn am liebsten erschossen. Das ist gut, Jack.«
»Nichts als die Wahrheit.«
»Was hast du denn Lord Burleigh ins Ohr geflüstert?«
»Oh, nichts Besonderes, nur etwas, was du zum Beispiel ohne weiteres erraten könntest.«
Er blieb auf dem Treppenabsatz stehen und legte ihr leicht die Hände um den Hals. »Sag es mir, oder ich erwürge dich und werfe dich die Treppe hinunter.«
Sie legte die Fingerspitzen auf seinen Mund. »Endlich wieder deinen Mund auf meinem zu spüren - du weißt gar nicht, wie wundervoll das ist.«
»Glaubst du nicht, ich verstehe alles von Wundern?« Er beugte sich zu ihr hinunter und küsste sie. Als er seinen Kopf wieder hob, lächelte er. »Da wir uns in einem fremden Haus befinden, kann ich leider nicht weitergehen. Du kannst mich nicht ablenken, Jack. Sag mir, was du Lord Burleigh ins Ohr geflüstert hast. Dann darfst du mich auch noch einmal küssen.«
»Ich habe Lord Burleigh nur gesagt, dass ich dich von ganzem Herzen liebe und mein Bestes tun werde, um dich zum glücklichsten aller Männer zu machen.«
Sie war erst vor einem Monat in sein ruhiges, beschauliches Leben getreten. Sie liebte ihn? Langsam nahm er ihre Worte in sich auf. Etwas in ihm wurde ganz warm, etwas, das er noch nie in seinem Leben gespürt hatte. In diesem Augenblick wusste er, dass in dieser Wärme seine tiefsten Gefühle zu ihr verborgen waren. Aber die Zeit war noch nicht reif, um diese Gefühle in Worte zu fassen, und so sagte er nur: »Von ganzem Herzen? Du willst mich mit jeder Faser deines Herzens
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