Scharade der Liebe
meinte Maude. »Mathilda will sagen, dass der Pfarrer sie einmal packte und an sich drückte, bis eine von diesen albernen Gifford-Schwestern vorbeikam und kicherte.«
»Das wusste ich ja gar nicht«, entgegnete Jack. »Das hätte ich gern gesehen.«
»Wann?«, fragte Mathilda.
Gray ließ Jack langsam los und trat einen Schritt zurück. »Sobald ich uns eine Sondergenehmigung besorgt habe. Glücklicherweise ist Lord Burleigh Jacks Vormund. Es wird nicht schwierig sein, von ihm die Erlaubnis zu bekommen, sie zu heiraten. Er ist nämlich mein Pate. Ich suche ihn morgen auf, und ich denke, wir sollten am Freitag heiraten. Das sind jetzt noch vier Tage. Ist euch das recht?«
Mathilda starrte ihn eindringlich an. Maude tätschelte ihrer Schwester die Hand. »Es ist in Ordnung, meine Liebe«, sagte sie. »Unser Junge hier ist überhaupt nicht wie sein Vater. Nicht wahr, mein Junge?«
»Nenn mich doch Gray, Tante Maude. Verglichen mit meinem verstorbenen Vater bin ich der reinste Heilige. Wie nennt ihr sie übrigens? Freddie? Oder nennt ihr sie tatsächlich Winifrede?«
»Graciella«, sagte Tante Mathilda.
»Mathilda meint, dass Jacks Vater sie Graciella nennen wollte, aber ihre Mutter weigerte sich, und so wurde sie zu Winifrede. Ihr Vater nannte sie gelegentlich Graciella, soweit ich mich erinnere, in liebevollen Momenten. Ansonsten wurde sie Levering genannt, sicher ein schmerzlicher Name für ein Mädchen, aber er war nicht davon abzubringen. Und da Mathilda und ich sie sehr mögen, nennen wir sie auch Graciella. Es klingt so hübsch, nicht wahr? Man kann es richtig auf der Zunge rollen.«
Er versuchte den Namen, aber er fühlte sich nicht richtig an. Es war ein hübscher Name, gewiss, aber er passte nicht zu ihr. Lächelnd fragte er sie: »Darf ich dich weiter Jack nennen?«
»Das mag ich auch am liebsten«, erwiderte sie. Sie sah ihn mit einem seltsamen Blick an, und er hätte zu gern gewusst, was sie gerade dachte.
»Nächsten Freitag, Jack?«
»Ja, Gray. Nächsten Freitag.« Sie trat wieder an ihr Bett und kletterte hinein. Lächelnd beobachtete er, wie sie sich hinlegte und zudeckte. Genau das würde er jetzt in seinem Bett auch tun.
Er wünschte Mathilda und Maude eine gute Nacht und ging in sein Schlafzimmer.
12
»Es ist unmöglich, Mylord«, sagte Snell, Lord Burleighs großartiger Butler. Er war schon so lange bei ihm, wie Gray auf der Welt war. Als Kind hatte er Angst vor ihm gehabt wegen seiner hochmütigen Art, die fast schon eisig war. Und selbst jetzt, wo Gray ein erwachsener Mann war, hätte er sich am liebsten jedes Mal dafür entschuldigt, einfach so in dieses Haus einzudringen.
»Es ist dringend, Snell. Schrecklich dringend. Ich muss Lord Burleigh unbedingt sprechen.«
»Es tut mir Leid, Mylord, aber Ihr versteht nicht. Lord Burleigh ist sehr krank. Er liegt oben im Bett, und Lady Burleigh sitzt bei ihm und hält seine Hand. Dr. Bainbridge ist ebenfalls oben und beobachtet das Weiße in seinen Augen, weil er sagt, daran genau sehen zu können, ob der Patient das Zeitliche segnen oder am Leben bleiben wird.«
»Aber was fehlt ihm denn, Snell? Hat es etwas mit seinem Herzen zu tun?«
»Ja. Es kam ganz plötzlich. Letzten Sonntag ist er bei Lady Curleys Kartennachmittag einfach zusammengebrochen. Ich darf hinzufügen, dass Lord Burleigh gar nicht dorthin gehen wollte, aber Ihre Ladyschaft hat ihn so lange bedrängt, bis er mit ihr zusammen dorthin gefahren ist.«
Es gab einfach niemanden, der so war wie Snell, dachte Gray und strich sich nachdenklich mit den Fingern übers Kinn. Lord Burleigh hatte schon seit Jahren Herzprobleme. Er betete nur, dass sein Pate es überleben würde. Dr. Bainbridge war ein guter Arzt. Nun, zum Teufel! Was sollte er nach diesem unerwarteten Schlag tun?
»Guten Morgen, Snell. Wie geht es Eurer Lordschaft heute Morgen? Besser?«
Hinter Gray stand Mr. Harpole Genner, ein langjähriger Freund Lord Burleighs. Er war ein ruhiger, ehrenhafter Mann, der Gray schon sein ganzes Leben lang kannte und ihn vor sieben Jahren sogar als Mitglied bei Whites vorgeschlagen hatte.
»Es geht ihm heute Morgen unverändert, Sir«, erwiderte Snell.
»Seid Ihr das, St. Cyre? Ach! Ich habe Euch lange nicht gesehen, mein Junge. Ihr habt wohl von dem armen Charles gehört. Dieser Zusammenbruch ist ein Sirenengesang für uns alle. Als ich heute früh wach wurde, habe ich richtig gespürt, wie meine Knochen schmerzten.«
Gray blickte Mr. Harpole Genner an und sah einen Weg zu
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