Scharade
Cathy wird es sogar das beste sein.â¹ Es war das einzige Mal,
daà er mich Cathy nannte«, fügte sie mit einem traurigen Lächeln hinzu.
»Ich wuÃte, daà ich sie viel Geld gekostet hatte. Aber es waren nicht nur die finanziellen Sorgen, die ihnen so zu schaffen machten. Meine Krankheit und die Auswirkungen der Chemotherapie veränderten meine Mutter sogar noch mehr als mich. Ich erholte mich auch schneller davon. Mutter hingegen kam nicht so schnell darüber hinweg.
Also dachte ich, als ich Daddy von einer raschen Lösung für all unsere Probleme reden hörte, sie wollten mich loswerden, um sich weiteren Kummer und weitere Kosten zu ersparen. Vergià nicht, ich war acht Jahre alt, und so habe ich eben auch gedacht. Ich begriff gerade genug von dem, was gesagt wurde, um in Panik zu geraten. Ich schlich in mein Zimmer und versteckte mich im Kleiderschrank.«
Sie hielt inne und lieà die Zähne über die Unterlippe gleiten. »Und als ich so zusammengekauert im Dunkeln hockte, hörte ich die Schüsse. Mir wurde klar, daà ich mich geirrt hatte. Schrecklich geirrt. Und ich beschloÃ, nie wieder aus meinem Versteck hervorzukommen. Ich malte mir aus, daà ich vor Hunger und Durst umkommen würde. Selbst in diesem zarten Alter hatte ich schon einen Hang zur Dramatik.
Irgendwann kam unsere Nachbarin zu uns, um sich etwas zu borgen. Als niemand auf ihr Klingeln und Klopfen antwortete, betrat sie einfach das Haus und spürte sofort, daà etwas nicht stimmte. Sie fand Mutter und Daddy. Ich rührte mich nicht in meinem Schrank. Nicht mal, als die Polizei und der Notarzt eintrafen. Dann rief jemand in der Schule an und erfuhr, daà ich nach Hause gebracht worden war. Erst dann suchten sie das ganze Haus nach mir ab. Ich hatte Angst, Ãrger zu bekommen, also gab ich vor, heimgekommen zu sein und meine Eltern bereits tot aufgefunden zu haben. Die Wahrheit sagte ich ihnen nicht â nämlich daà ich es hätte verhindern können.«
»Das ist nicht die Wahrheit, Cat.«
Sie widersprach seinem sanften Einwand mit einem brüsken Kopfschütteln. »Wenn ich ins Schlafzimmer gegangen wäre â«
» â hätte er dich wahrscheinlich auch umgebracht.«
»Aber das werde ich eben nie wissen! Ich hätte ihn aufhalten sollen. Ich hätte nach drauÃen rennen und um Hilfe schreien sollen. Ich hätte irgendwas machen sollen, aber nicht mich einfach nur verstecken. Mir hätte klar sein müssen, was er vorhatte â vielleicht war es das auch, aber unbewuÃt.«
Alex kam um den Tisch herum und zog sie in seine Arme. »Du warst damals acht Jahre alt.«
»Aber ich hätte begreifen müssen, was vor sich ging. Wenn ich nicht so feige gewesen wäre, hätte ich sie retten können.«
»Hast du dir deshalb geschworen, alle anderen auf der Welt zu retten?« Er hielt sie bei den Schultern. »Cat, Cat«, flüsterte er und wischte ihr mit dem Daumen die Tränen von den Wangen.
»Deine Erinnerungen sind die einer Erwachsenen. Damals warst du ein Kind. Praktisch noch ein Baby. Deine Eltern haben versagt, nicht du. Sie haben sich ihrer Pflicht entzogen, nicht du.« Er zog sie an sich und drückte ihren Kopf an seine Brust.
»Als ich noch bei der Polizei war, habe ich es Dutzende von Malen erlebt. Jemand, der meint, persönlich am Ende zu sein, bringt sich um und nimmt alle, die zufällig in seiner Nähe sind, mit in den Tod. Wenn dein Vater gewuÃt hätte, daà du auch dagewesen bist, hätte er dich aller Wahrscheinlichkeit nach auch erschossen. Glaub mir.«
Er hielt sie noch fester, beugte sich zu ihr herab und küÃte ihre Schläfe. »Daà du dich im Schrank versteckt hast, hat dir das Leben gerettet.«
Sie war nicht restlos überzeugt, aber sie saugte jedes seiner
Worte begierig und dankbar auf. Seit Jahren schon hatte sie es gebraucht, daà ihr jemand sagte, daà sie das Richtige getan hatte.
Sie klammerte sich fest an Alex wie auch an seine tröstenden Worte. SchlieÃlich suchten seine Lippen die ihren, die hungrig auf seine Berührung antworteten.
Kapitel 52
Das Verlangen überfiel sie. Sie küÃten sich wie von Sinnen. Cat fand es herrlich, wie sein Stoppelbart an ihrem Gesicht kratzte, wie sich sein Haar um ihre Finger wickelte; sie liebte es, wie er aussah, schmeckte, roch. Sie liebte Alex.
Es gab zwar noch Dinge, über
Weitere Kostenlose Bücher