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Scharade

Scharade

Titel: Scharade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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wieder Judy getötet, nicht die realen Menschen«, sagte Alex.
    Â»Das ist mir klar. Trotzdem kann ich nicht glauben, daß Paul dazu in der Lage sein soll.«
    Sowohl Cat wie auch Alex hatten versucht, sie zu trösten, doch vergeblich. Sie wußte – ebenso wie sie beide –, daß ihr Bruder bis ans Ende seiner Tage eingesperrt sein würde. Er würde niemals über die Untreue seiner geliebten Frau Judy hinwegkommen. Seine Töchter würden ohne Eltern aufwachsen und immer unter dem Stigma des Verbrechens ihres Vaters leiden.
    Cat wußte, was das hieß. Sie fühlte mit den beiden Mädchen, auch wenn sie sie nicht kannte.

    Nun setzten sich Cat und Alex an den Tisch und machten sich über ihr Abendessen her- Steaks, gebackene Kartoffeln, Salat und einen Nußkuchen.
    Schließlich schob Alex seinen Teller beiseite, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und streckte die Beine aus. »Weißt du, was mich am meisten an dir beeindruckt?«
    Â»Wieviel ich essen kann?« scherzte sie und klopfte sich auf ihren Bauch.
    Â»Ja, das auch.« Er schmunzelte. »So dürr, wie du bist, kannst du wirklich einiges verdrücken.«
    Â»Vielen Dank, der Herr. Ich kann mich nicht erinnern, jemals ein so charmantes Kompliment erhalten zu haben.«
    Sein Lachen verklang, und er wurde ernst. »Eigentlich wollte ich dir sagen, wie sehr mich dein Mut beeindruckt hat. Du bist nicht zurückgewichen, nicht mal, als Reyes dich angefaßt hat. Etwas derart Traumatisches...« Er schüttelte den Kopf. »Jeder andere wäre wohl hysterisch geworden. Mir ist noch nie eine Frau begegnet – und nur verdammt wenige Männer, die so tapfer sind wie du. Das ist mein voller Ernst, Cat.«
    Sie stocherte abwesend mit der Gabel in ihrem Kuchen. »Ich bin nicht tapfer, Alex.«
    Â»Oh, doch...«
    Sie sah ihn an. »Ich bin überhaupt nicht mutig. Eigentlich bin ich sogar schrecklich feige. Wenn ich mutig gewesen wäre, würden meine Eltern nicht tot sein.«
    Er schaute überrascht auf. »Wie meinst du das?«
    Sie hatte noch keinem Menschen erzählt, was wirklich an jenem Nachmittag geschehen war, als sie von der Schulschwester nach Hause gebracht worden war – weder den Mitarbeitern vom Jugendamt oder der Fürsorge, noch den Experten, die versuchten, herauszufinden, wie sehr die kleine Catherine Delaney durch die Ereignisse mitgenommen war, weder ihren Pflegeeltern noch Dean. Niemandem.
    Doch nun verspürte sie das überwältigende Bedürfnis, sich Alex gegenüber die Last von der Seele zu reden.
    Â»Es war nicht ganz so, wie ich es dir erzählt habe«, sagte sie leise. »Die Krankenschwester brachte mich früher von der Schule heim. Ich habe mich gewundert, das Auto meines Vaters in der Auffahrt stehen zu sehen. Normalerweise war er um diese Tageszeit bei der Arbeit. Er nahm sich selten frei, nicht mal an den Wochenenden. Weißt du, er mußte so schwer schuften und so viele Überstunden machen, um die Arztrechnungen für mich bezahlen zu können. Aber es hat nie gereicht, und er mußte Schulden machen.
    Irgendwann wuchsen ihm die Schulden über den Kopf. Ich habe nicht genau verstanden, worüber meine Eltern redeten, aber es ging fast nur noch um Geld. Geld, das sie sich geliehen hatten. Geld, das sie nicht zurückzahlen konnten.«
    Sie hielt inne, faltete sehr sorgfältig ihre Serviette und legte sie neben den Teller. »An diesem Tag spürte ich schon beim Betreten der Küche, daß etwas nicht stimmte. Das Haus strahlte eine Atmosphäre aus, die mir völlig neu war. Es ließ mich frösteln, doch nicht wegen der Temperatur. Ich schätze, es war eine dunkle Vorahnung. Was auch immer es gewesen war – ich traute mich kaum, den Flur zum Schlafzimmer meiner Eltern hinunterzugehen.
    Aber ich zwang mich dazu. Die Tür stand einen Spaltbreit offen. Ich spähte hinein. Sie waren nicht tot, wie ich es dir erzählt habe, wie ich es jedem erzählt habe. Meine Mutter lag auf dem Bett, die Kissen im Rücken. Sie weinte.
    Daddy stand neben dem Bett. Er hielt eine Pistole in der Hand und sprach ganz ruhig mit meiner Mutter. Erst später begriff ich, daß er ihr erklärte, weshalb Selbstmord der einzige Weg aus ihrer finanziellen- Katastrophe war.
    Ich nahm irrtümlicherweise an, er wolle mich umbringen. Er sagte solche Sätze wie: ›Es ist der einzige Ausweg. Für

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