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Schartz, S: Elfenzeit 15: Die Goldenen Äpfel

Schartz, S: Elfenzeit 15: Die Goldenen Äpfel

Titel: Schartz, S: Elfenzeit 15: Die Goldenen Äpfel Kostenlos Bücher Online Lesen
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den Drachen, vermutlich um die hundert, auf den Köpfen saß jeweils nur ein Paar.
    Zu behaupten, der Drache schliefe nie, war Unsinn – die Augen hielten abwechselnd Wache, und damit hatte er genauso seine Ruhephasen und war keineswegs ein übermüdeter Gegner, der nicht mehr Herr seiner Sinne war. Wie sonst könnte er auch die gigantische Langeweile überstehen, tagein, tagaus nur bei dem Baum hocken zu müssen, wenn er nicht die meiste Zeit verschlief? Wie viel Abwechslung hatte er schon? Es kam doch so gut wie nie jemand vorbei. Vielleicht redeten oder spielten gelegentlich die Hesperiden mit ihm, aber bei all dem Ungeziefer vermutlich nicht lange.
    Zu Beginn, als er noch nicht zum ewigen Wachdienst verdonnert war, hatte Ladon sicher ein anderes Leben gehabt. Immerhin war er Vater fünf entzückender Nymphen, von denen die berühmteste Daphne sein dürfte, eine Jungfrau wie Hestia, die sich vor Apollons Nachstellungen zu schützen wusste.
    Aber das war lange vergangen, nun war die Schlange zum Frondienst verdammt. Vielleicht sollte der Getreue Ladon fragen, weshalb. Ihm zur Freiheit verhelfen und dann die prallen Goldenen Äpfel pflücken.
    Ihr Duft erreichte ihn bereits, umschmeichelte seine Nase, und er schluckte trocken. Sie waren begehrenswert. Hunger wühlte augenblicklich in seinen Eingeweiden; genau das war es, wonach er verlangte, was er brauchte, ohne das er nicht weiterexistieren konnte.
    Die Drachenaugen auf Hals und Rumpf richteten sich auf den Getreuen, während die Kopfaugen ihn bisher ignorierten. Nicht eines der hundert sah dabei aus wie das andere, sie waren unterschiedlich groß, mal rund, mal oval, mal geschlitzt, mal marmoriert. Alle Augen waren farbenfroh und von unterschiedlicher Leuchtkraft, doch allen gleich waren die schwarzen Hautlider, die sich abwechselnd schlossen und wieder öffneten.
    »Sei gegrüßt, Vieläugiger«, leitete der Getreue die Verhandlung ein.
    Die Drachenköpfe hoben sich langsam, öffneten nacheinander den Rachen und gähnten ihn mit hervorklappenden Giftzähnen an, während gespaltene Zungen wie Speere hervorschossen. Die Köpfe waren flach wie die einer Schlange, mit schuppigen Höckern über den Augen. Ein Paar glühte rot, das zweite blau, das dritte stechend gelb.
    »Dass du dich eines Tages herablassen würdest«, zischte Rotauge.
    »Soll ich das etwa als Ehre betrachten?«, säuselte Blauauge.
    »Ich bedarf deiner Dienste nicht, Schattenloser«, sagte Gelbauge knurrend.
    »Du weißt doch gar nicht, was ich dir anbieten kann oder will.« Der Getreue versuchte herauszufinden, ob Ladons Verstand sich auf drei aufteilte oder jeder Kopf sein eigenes Bewusstsein besaß. Das würde alles nur noch schwieriger machen. Andererseits hatte er nur einen Namen, und er sprach in der Ichform ...
    »Was könnte das schon sein?« Blauauge kicherte abfällig.
    Der Getreue hörte am Flügelschlag, dass die Hesperiden näher kamen. Nun würde das Schauspiel beginnen, an dem sie sich erfreuen wollten. Vermutlich reservierte jede für sich schon einen Teil seines Körpers. Vier Gliedmaßen, Kopf – den bestimmt Aigle für sich beanspruchte –, Rumpf und ... Nun ja, er konnte sich vorstellen, welchen Teil Arethusa wollte.
    »Freiheit vielleicht?«, schlug der Getreue vor.
    »Im Tausch wogegen?«
    »Drei Äpfel. Nicht mehr, ich schwöre es. Ein Apfel für jeden Kopf. Ein guter Handel, nicht wahr?«
    »Aber sicher, wenn ich ihn denn annehmen würde!«, schrie Rotauge, und im selben Augenblick stieß Gelbauge schon auf den Verhüllten nieder.
    Unbemerkt hatte sich der gewaltige Leib herangeringelt und schnellte nun vor wie eine losgelassene Sprungfeder.
    Der Getreue hatte aber damit gerechnet. Er stieß sich ab und vollführte einen Überschlag nach hinten; kaum auf den Händen aufgekommen, schwang er sich zur Seite, auf die Füße und rannte los.
    »Verfluchtes Schmeißzeugs!«, schrie er, als seine Stiefel Pilze und Kannenblüten zertraten und dadurch Myriaden von Plagegeistern hochtrieben.
    Aber auch Ladon wurde davon betroffen, kopfschüttelnd glitt er dem Getreuen nach und verfehlte ihn dadurch mehrmals.
    »Du solltest mal etwas gegen diese Ungezieferplage unternehmen!«, rief der Getreue nach hinten, während er mehrere Haken schlug. Er kochte vor Wut über seine Schwäche, dass er sich von einem lächerlichen Schlangendrachen herumjagen lassen musste, der ihm ans Leder wollte – und es auch noch konnte.
    Er hechtete zur Seite, landete mit den Händen voraus, rollte sich ein

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