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Schartz, S: Elfenzeit 15: Die Goldenen Äpfel

Schartz, S: Elfenzeit 15: Die Goldenen Äpfel

Titel: Schartz, S: Elfenzeit 15: Die Goldenen Äpfel Kostenlos Bücher Online Lesen
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diesem Garten bezeichnet«, klagte er mürrisch.
    Das Moos wurde zusehends aggressiver, solange er auf den Baum zuhielt. Die Fingerflechten wurden länger, begannen sich am Leder festzusaugen und quietschten auf, wenn er sie mit dem nächsten Schritt ausriss.
    Der Grund war nun so unsicher, dass der Verhüllte wie ein kleines Boot auf den Wellen dahinschaukelte, stets um einen sicheren Stand bemüht. Das verlangsamte seine Fortbewegung erheblich, und er wurde ungeduldig.
    Früher hätte ich so etwas mit einem Fingerschnipsen erledigt
, dachte er aufgebracht.
    Eine boshafte Stimme antwortete ihm.
Früher musstest du gar nicht hierher.
    Seine Schwäche war es, die ihn an diesen Ort gezwungen hatte, der Verlust seiner Erinnerungen. Und diese Schwäche war es nun, an der er immer noch scheitern konnte. Dass er ans Ziel gekommen war, musste noch lange nicht bedeuten, dass er den letzten Schritt schaffte. Er hatte noch eine gewaltige Hürde vor sich – eine, die niemand zuvor überwunden hatte.
    Und er hatte schon Schwierigkeiten, überhaupt dorthin zu gelangen. Immer tiefer sank er ein, immer höher griff das Moos nach ihm. Zornig murrte es auf, wenn seine Finger abrissen; die Fetzen ließen los, fielen hinab und vereinigten sich wieder mit ihrem Ursprung.
    Der Getreue blieb stehen, um sich umzusehen. Doch es gab keinen anderen Weg, er musste mitten hindurch. Das Moos umgab den Baum auf weiter Fläche.
    Es war ein Fehler, innezuhalten. Das merkte er umgehend. Sofort schnappte das Moos zu, griff nach ihm, saugte sich fest und umschloss seine Stiefel. Dann wuchs es höher, schob von unten nach. Binnen Sekunden bedeckte es seine Beine, danach die Hüften ...
    Der Getreue stieß einen zornigen Schrei aus, als das Moos mit gewaltiger Kraft an ihm riss und ihn hinunterzog. Im Nu versank er im Grün, dann schlug das Moos über ihm zusammen, und er fand sich in einer schleimigen, saugenden, schwappenden Masse wieder, die ihn immer tiefer hinabzog. Mit fahrigen Bewegungen versuchte er, sich zur Wehr zu setzen, blieb jedoch wie gefesselt. Blasen stiegen rings um ihn auf, die zerplatzten und ihn mit übel riechendem gelbem Öl übergossen.
    Das Gallert sickerte in ihn ein, stach ihm auf der Haut, in die Haut. Fing an zu beißen, zu saugen. Ganz offensichtlich wollte es ihn auflösen und zu einem Teil von sich machen. Der Getreue merkte, wie sich frisches Moos daranmachte, aus seinen Handschuhen herauszuwachsen.
    Ich bin unverdaulich
, dachte er.
    Das war nicht gut, denn die Befreiung würde ihn erhebliche Kräfte kosten, die er an anderer Stelle dringend benötigte. Allerdings hatte er wohl keine Wahl, er konnte sich nicht allzu lange aufhalten.
    Dann kam ihm eine Idee.
    Der Jungfrauenduft Hestias war immer noch mit seinem Gewand verwoben, er hatte ihn nur verkapselt. Der Getreue bewegte mühsam die Arme und strich über den schwarzen Stoff, weckte die zarten Dünste und umgab sich damit wie mit einer Wolke.
    Das Moosgallert zuckte zusammen, verfärbte sich ockerfarben und fing an zu gurgeln und zu sprudeln. Plötzlich spürte der Getreue einen gewaltigen Stoß, und dann wurde er mit aller Gewalt ausgewürgt, in hohem Bogen über das Moos hinauskatapultiert und unter großem Ekel ausgespuckt. Immerhin war die Landung weich, obwohl das Moos zur Seite auswich. Die Schicht war zu dick, und darunter gab es nichts anderes mehr.
    Als der Getreue aufstand, zuckte die Urmasse vor ihm zurück und kräuselte sich angewidert zusammen. Die Reste des Gallerts flossen eilig von ihm ab und verschwanden erleichtert gluckernd im aufnahmebereiten Moos.
    »Habe ich es mir doch gedacht, du verdorbenes Luder«, sagte er brummend. »Unschuld und Reinheit findest du zum Kotzen.«
    Das Moos rülpste eine gewaltig stinkende Schwade, doch das beeindruckte ihn nicht im Mindesten. Immerhin hatte ihn dieses Zwischenspiel sehr viel näher an den Baum gebracht, ohne dass er allzu viele Kräfte verbrauchen musste.
    Als er weiterging, stellte das Moos unter seinen Stiefeln sich einfach tot, schlug nicht einmal mehr besondere Wellen.
    Schließlich spürte er einen Übergang, der Untergrund wurde fester, zäher, doch zugleich auch feuchter. Graugrüne, schwammige Flechten bedeckten nun den Boden, durchzogen von verfaulten braunen Verästelungen. Am Rand dieser Auswüchse erkannte er dicht über dem Boden lehmig braune Pilze und schwarzrote Blüten von Kannenform. Nicht nur, dass Pilze und Blüten noch mehr Pestilenzgestank verbreiteten als zuvor das Moos –

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