Schartz, S: Elfenzeit 15: Die Goldenen Äpfel
nichts mehr von ihr gehört?«, fragte er am Ende der langen Erzählung.
Zum ersten Mal seit ihrer Begegnung wirkte Tom beunruhigt. »Nein, ich dachte zuerst, Sie könnten mir etwas sagen, aber da Sie nichts von Tokio wussten ... Nadja ging mit David und Rian nach Crain zurück, und ich habe seit dem Abschied in Tokio nichts mehr von ihr gehört.«
Robert schluckte. Hoffentlich war alles in Ordnung.
»Das muss aber nichts besagen«, warf Tom schnell ein, der seinen Gesichtsausdruck richtig deutete. »Ich meine, ich bin selbst erst seit ein paar Tagen zurück.«
»Wir sind auch in einer anderen Sache hier«, sagte Anne auf ihre gewohnt nüchterne Art.
»Dann schießen Sie los. Oder warten Sie!« Tom setzte sich kerzengerade auf. »Es geht um die erfrorenen Leichen am Stachus, nicht wahr?«
»Scharfsinnig ist der auch noch«, sagte Anne, und
diesmal
klang sie spöttisch.
Tom winkte ab. »Ich habe selbst schon Bücher gewälzt.« Dann wechselte er erneut das Thema. »Sie sind ja unglaublich berühmt geworden, Robert! Und zu Recht. Ich habe mir Ihr Buch gekauft und gelesen – ich finde es den hellen Wahnsinn, aber das wissen Sie bestimmt ja selbst.« Er warf einen schüchternen Blick zu Anne, bevor er Robert wieder ansah und begeistert fortfuhr: »Leider habe ich es nicht dabei, denn ich hätte wahnsinnig gern eine Widmung!«
»Wir könnten ja tauschen.« Robert schmunzelte. »Ich hätte nämlich auch gern Ihr Buch mit einer Widmung. Läuft ja ebenfalls sehr ordentlich – Platz eins bei den Sachbüchern ...«
Tom lachte fröhlich. »Aber das lässt sich nicht mit Ihrer Auflage vergleichen. Dennoch: Ich bin finanziell unabhängig und kann in aller Ruhe an dem nächsten Titel arbeiten ...«
»Haben Sie noch Kontakt zur Contessa?«, unterbrach Anne.
»Ja, ab und zu. Es geht ihr gut. Sie ist dabei, sich in Rom ein neues Leben aufzubauen, und hat schon einige vermögende Verehrer. Auch ihr Vater ist mit sich ins Reine gekommen.« Toms Miene verfinsterte sich. »Sie darf niemals erfahren, was aus Cagliostro wurde. Immerhin scheint er nicht nach ihr zu suchen.«
Robert musste einräumen, dass er Tom auf Anhieb mochte. Er tat Nadja sicher gut mit seiner bodenständigen, fröhlichen Art und seinem direkten Blick auf die Dinge. Immerhin hatte sich auch seine Welt grundlegend auf den Kopf gestellt, und das ... ja, das verband sie im Grunde sehr stark miteinander. »Hör mal, Tom«, sagte er mitten in die Unterhaltung zwischen ihm und Anne hinein. »Nach allem, was wir erlebt haben, finde ich, wir sollten diese Förmlichkeiten lassen. Wir sind schließlich alle drei Nadjas Freunde ...«
»Gern.« Tom strahlte. »Wisst ihr, ich bin sehr allein, denn irgendwie passe ich nicht mehr zu all den Normalos um mich herum. Natürlich liegt es an mir, dass ich die anderen auf einmal hohl finde. Und ... und ich ... Ach, seit Island hat sich so viel verändert, zum Guten, aber auch zum Tragischen. Und ich kann mit niemandem darüber reden.«
Robert schwieg. Er wusste, was Tom meinte: den Tod von Nadjas Eltern, Fabio und Julia Oreso, die sich geopfert hatten, um Ragnarök zu verhindern. Robert hatte Julia auf Island zum ersten Mal kennengelernt, nur für ein paar Minuten, doch es reichte aus, um sie genauso wie Fabio zu vermissen. Er war nur froh, dass er den Tod der beiden nicht unmittelbar miterlebt hatte – und vor allem Nadja nicht.
»Einverstanden«, sagte auch Anne. »Wir sind inzwischen alle Gestrandete.«
»Was meint ihr ... Wie wird es weitergehen? Ist der Getreue nun tot oder nicht?«, fragte Tom.
»Ich kann den Elfenkanal nicht mehr benutzen«, antwortete Anne. »Fanmór hat die Grenzen um Crain so dicht wie möglich geschlossen, um Tara zu isolieren. Wir wissen nicht, was mit Bandorchu ist, aber ich bin sicher, sie wird leiden, da ihr wichtigster Verbündeter verschwunden ist.«
Aha
, dachte Robert bei sich.
Das also ist der Grund, warum sie keine Informationen hat und sich scheinbar weigert, den Elfenkanal anzurufen. Tom sagt sie das ganz offen, und bei mir macht sie ein Geheimnis daraus.
Toms Stirn legte sich in Falten. »Also, Bandorchu ist der Feind, das weiß ich. Aber ... nach allem, was ich da in Tokio erlebte und an Verflechtungen erkannte ... Was meint ihr, was geschieht, wenn sie stirbt?«
Robert sah, wie Anne den jungen Mann auf einmal mit einem ganz neuen Blick betrachtete. »Das ist eine Befürchtung, die auch ich hege«, sagte sie.
»Uff«, machte Tom erschrocken.
Für einen Moment legte sich
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