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Schartz, S: Elfenzeit 15: Die Goldenen Äpfel

Schartz, S: Elfenzeit 15: Die Goldenen Äpfel

Titel: Schartz, S: Elfenzeit 15: Die Goldenen Äpfel Kostenlos Bücher Online Lesen
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Verantwortung für ihn, Robert, und ich werde keine Rücksicht auf euch beide nehmen, wenn ihr mich behindert, verstanden?«
    »Ja, Chefin«, sagten beide Männer im Chor und grinsten sich jungenhaft an.

6 Die Reise zurück 1
    Kurus lief geschwind, seine mächtigen Pranken schienen den Boden kaum zu berühren. Das Gelände war durchgehend felsig, von wenigen Geröllhalden abgesehen, die der junge Mantikor mit weiten Sätzen überwand. Obwohl er Jahrhunderte in dem winzigen Schacht eingesperrt gewesen war, beherrschte er seinen Körper ausgezeichnet, und in seinen Muskeln steckte Kraft.
    Mantikore waren erstaunliche Geschöpfe, in deren Adern nicht nur Blut, sondern auch pure Magie floss, mehr als bei anderen. Und sie gehörten zu den tödlichsten Wesen, die von den Menschen nicht zu Unrecht als grausame Ungeheuer gefürchtet waren.
    Kurus allerdings musste dies erst bewusst werden, bisher war er völlig unschuldig und noch leicht zu führen. Das würde sich vermutlich bald ändern. Bis dahin allerdings verkürzte der Getreue seinen Weg durch die Wüste auf angenehme Weise. Als der Mantikor den ersten Gipfel erreichte und sich nun das Ausmaß des Gebirges in seiner ganzen steinernen Einöde zeigte, war der Verhüllte deutlich erleichtert. Ob er diese Strecke in seinem gegenwärtigen Zustand ohne Hilfe bewältigt hätte, war fraglich.
    Er hasste seine Schwäche, doch er konnte sie nicht ändern. Auf andere angewiesen zu sein war eine neue Erfahrung. ... oder? Um Kurus bei Laune zu halten, vermittelte der Verhüllte ihm das versprochene Wissen. Der Junge gefiel ihm, denn er war noch ein unbeschriebenes Blatt, das er ganz nach Belieben mit Worten und Bildern verzieren konnte. Kurus war wissbegierig und saugte wie ein Schwamm alles in sich auf; er begriff schnell, und sein Gedächtnis arbeitete von Stunde zu Stunde besser. Längst vermochte er schon, längere Passagen fehlerfrei zu rezitieren.
    »Werde ich die Mantikore wieder zur Blüte führen?«, fragte er, während er mit einem weiten Satz eine tiefe Kluft überwand. »Hat mein Muttervater mich dafür ausersehen?«
    »Das musst du ihn fragen«, antwortete der Getreue.
    »Vorausgesetzt, er lebt noch – wie kann ich ihn finden?«
    »Indem wir in der Zeit zurückgehen.«
    Der junge Mantikor stieß einen jubelnden Schrei aus. »Dann habe ich nie Zeit verloren, nicht wahr? Ich kehre an meinen Ursprung zurück!«
    »So wie ich«, bestätigte der Getreue.
    »Und ist unsere Begegnung dann ein Zufall?«
    »Da müsste ich wiederum meinen Bruder fragen. Und er würde vermutlich sagen: Nichts ist vorherbestimmt, und nichts geschieht zufällig.«
    »Was für ein Unsinn!«, fand Kurus.
    »Er will damit ausdrücken«, sagte der Getreue ruhig, »dass es keine singulare Linearität gibt. So, wie die Menschen die Zeit wahrnehmen, ist es nur eine sehr beschränkte Sichtweise, die lediglich einen Ausschnitt des großen Ganzen erfasst.«
    »Und sie sind nicht in der Lage, mehr zu sehen?«
    »Nein. Aber du. Hör mir also weiter zu.«
    »Ja, Herr.«
    »Sei weiterhin ein braver, aufmerksamer und gelehriger Schüler.«
    »Danke, Herr.«
    Kurus rannte weiter, während das Gebirge immer schroffer und abweisender wurde. Nichts lebte dort mehr, nur selten einmal streifte ein Geier hoch oben darüber hinweg, auf der Suche nach einem verirrten Tier. Er dürfte nicht einmal Insekten finden, alles war staubtrocken und tot.
    Die Ohren des Mantikors zuckten verspielt, während er seinem Lehrmeister zuhörte. Der Tag neigte sich dem Ende zu, ging in dämmrige Kühle und schließlich sternglitzernde kalte Nacht über.
    »Ich habe Hunger«, beklagte Kurus sich unterwegs. »Meine Kräfte werden mich bald verlassen.«
    »Es ist kühl, da kannst du viel besser laufen«, erwiderte der Getreue. »Also schneller, umso eher kommst du an Nahrung.« Kurus war tatsächlich der Erschöpfung nahe, seine Flanken flogen, und die Muskeln zitterten. Aber sie durften jetzt keinesfalls anhalten, nicht im Gebirge in der Nacht. Die Ley-Linie lag in zu weiter Ferne, um sie in Anspruch nehmen zu können. Die Grenzen zwischen den Welten hingegen waren fast nicht mehr vorhanden.
    Allmählich aber ging es auf das Ende zu, abwärts und immer weiter abwärts. Die Ebene hinter dem Gebirge lag wie ein schwarzes Band in der Tiefe. Kurus fand eine schmale Passage zwischen zwei Steilhängen, die ziemlich abschüssig war, aber seinen Zehen genug Halt bot. Ab und zu löste er kleine Steinlawinen aus, die vor ihm den Weg hinabrutschten.

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