Schartz, S: Elfenzeit 19: Kampf um Earrach

gänzlich ausgelöscht zu werden. Ausgewiesen, ja, unter Bann gestellt oder was auch immer. Aber totale Vernichtung? Noch dazu durch einen untoten
Menschen?
    Die Menschen selbst nahmen die Befreiung ebenfalls mit gemischten Gefühlen auf, denn »dieser Zombie«, wie sie ihn nannten, jagte ihnen Angst und Schrecken ein. Noch dazu, da er behauptete, sich von nun an um »Recht und Ordnung« kümmern zu wollen. Das waren genau zwei Gründe, weswegen viele unten außerhalb der Oberwelt-Gesellschaft und ihren Statuten von »Recht und Ordnung« lebten, mehr oder minder freiwillig.
    Wie es Cagliostro gelungen war, den Court auszulöschen, wusste niemand. Doch es gab Gerüchte, nach denen er über einen ähnlichen Zappzauber wie Fanfreluche verfügen musste, um das zu bewerkstelligen. Aus diesem Grund bekräftigten Adelaide und Sweeney Todd ihre Warnungen, doch die Vizekönigin schlug sie in den Wind.
    Während Fanfreluche ihren neuen Günstling lobte, liefen die Middlearker in der wöchentlichen Beschwerdestunde Sturm. Sweeney und Adelaide hatten alle Hände voll zu tun, einen Aufruhr und das Einschreiten der Horneber zu vermeiden, was in einem Blutbad geendet hätte.
    Cagliostro schien großes Vergnügen daran zu haben, der Verursacher dieses Chaos zu sein. Er machte Fanfreluche Versprechungen, laut denen der Thron Llundains bereits in greifbare Nähe rückte, und gab weitere kostenlose Demonstrationen seiner Macht. Er brachte alle Middlearker zur Ruhe und zwang sie dazu, wie geprügelte Hunde fortzuschleichen.
    »Ich hätte ein paar Ideen, wie wir Eure Festung besser sichern können, erlauchte Königin«, fuhr er dann tatkräftig fort. »Umso besser könnten wir die Übernahme Londons vorbereiten.«
    Und die Vizekönigin hörte ihm zu. Ihr gefiel, was er tat und dass er es zu tun vermochte. Bethlanas Bann verhinderte zwar, dass Fanfreluche allzu streng durchgriff, aber für den seelenlosen Magier galten diese Bestimmungen nicht. Also gab sie Cagliostro jede Menge Aufträge, und er führte sie alle zu ihrer Zufriedenheit aus. Inzwischen schäkerten die beiden ganz offen miteinander und fanden immer mehr Gemeinsamkeiten.
    Sweeney Todd litt indes Höllenqualen. Er wurde immer bleicher, die Augen immer schwärzer umrandet, die Haare ein heillos wirrer Filz – dennoch brachte er es nicht über sich, Fanfreluche seine Gefühle zu offenbaren. Sie machte sich ohnehin über seine Eifersucht lustig, da wollte er sich keine weitere Blöße geben. Egal, wie oft Adelaide ihm zuredete.
    Auch ihre Situation wurde nicht leichter. Selbst einer eher grobschlächtigen Trollin entging nicht, dass die Atmosphäre in Middleark kälter wurde. Die Gefahr von der Oberwelt war immerhin abgewendet, da es zu keinen weiteren Vorfällen durch die Unseelie mehr kam, dafür brodelte allerdings ein Hexenkessel, in dem glühendes Eis kochte. Nicht nur die Elfen untereinander, auch Elfen und Menschen gerieten zunehmend aneinander. Anstatt eine Gemeinschaft zu bilden, wie es bisher der Fall gewesen war, griffen Misstrauen und Neid unter ihnen um sich. Die durch Notwendigkeit aufgebaute friedliche Koexistenz geriet ins Wanken.
    Adelaide wusste, dass das überall der Fall war. Der Elfenkanal war in seinen magischen Strömungen verstärkt worden, sodass er inzwischen nahezu überall empfangen wurde. Und es gab keine guten Nachrichten. Viele Tore zwischen den Elfenreichen waren zusammengebrochen, wohingegen sich diejenigen zu den Menschenwelten mehr und mehr dauerhaft öffneten. Todesfälle häuften sich, auch Unglücksfälle bei den Menschen; in fernen Reichen vermischten sich die Welten bereits – und der Krieg in Earrach war in vollem Gange. Sämtliche Kampffähigen wurden auf beiden Seiten zusammengezogen, und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis Hochkönig Fanmór das unabhängige Königreich Llundain an seine Treueverpflichtung erinnerte. Genau, wie Bethlanas Berater es vor Adelaides Abreise aus Llundain prophezeit hatten.
    Und nun trieb in Middleark auch dieser Untote sein Unwesen! Anstatt das Reich innerlich zu festigen und den Wall nach außen hin zu verstärken, brachte er nichts als Unruhe und Durcheinander. Middleark lief Gefahr, von innen zu zerfallen, bevor die äußeren Einflüsse richtig zur Geltung kamen.
    Adelaide hatte kein leichtes Los, denn wie es aussah, war sie die Einzige, die einen Krieg zwischen den Schwestern verhindern konnte. Leider war ihr dabei Cagliostro im Wege, und sie hatte keinerlei Chance, gegen ihn vorzugehen.
    Der