Schartz, S: Elfenzeit 19: Kampf um Earrach
riechen!«
Tom war über alle Maßen verblüfft. Seine bisherige Meinung über Trolle musste er wohl revidieren. Oder bildete Adelaide lediglich die Ausnahme?
»Bethlana hat mich aufgezogen«, erklärte Anne. »Also bin ich eine von euch. Und jetzt keine weitere Diskussion.«
»Hatse mir aber nich’ erzählt …«
»Es muss nicht jeder alles wissen, und über mich spricht man nicht. Das gilt auch hier als oberste Regel!«
Tom grinste bei der Erinnerung daran. Immer noch verharrte er still in seiner Deckung, während die Anhänger Catans nah an ihm vorbeigingen.
Adelaide hatte notgedrungen hinnehmen müssen, dass Anne nun die Sache in die Hand nahm, auch wenn sie weiterhin im Hintergrund bleiben wollte und die Trollin wie bisher als Anführerin des Aufstands agierte. Derzeit wusste Catan nichts von ihrer Anwesenheit, und das war gut so.
Zunächst wollte Anne sich ein ausführliches Bild machen – genaue Stärke des Gegners, Art der Bannzauber, Struktur der Unterwelt. Gleichzeitig beobachtete sie die Vorgänge in der Oberwelt.
Und genau deshalb war Tom zu ihr unterwegs. Er hatte sich freiwillig zu einer Exkursion gemeldet, weil er nach sechs oder sieben Tagen in der fensterlosen Unterwelt, nur mit Kunstlicht, regelmäßig einen Koller bekam und unbedingt ein wenig »frische Luft« und ein »erweitertes« Blickfeld brauchte.
Ungeduldig verlagerte er das Gewicht in der unbequemen Haltung und wagte nicht einmal, normal zu atmen. Robert hätte es da leichter gehabt – der hörte in so einem Fall einfach auf zu atmen. Die Fiach Duin waren sehr empfindsame Geschöpfe mit einem hoch entwickelten Gespür. Immerhin konnten sie Tom aufgrund seiner besonderen Gabe, die ihn wie ein unsichtbarer Schutzpanzer umgab, nicht wittern und nicht einmal seinen Körpergeruch aufnehmen. Aber sie hörten sehr wohl seinen Atem, wenn er zu schnell und zu laut war, oder das Geräusch einer unbedachten Bewegung wie etwa das Schaben einer Jacke an der Wand.
Doch der rothäutige, schwarz gestreifte Truppenführer auf Löwenbeinen bemerkte ihn nicht. Er hielt in der Unterhaltung nicht inne, während seine langen Pinselohren sich ständig bewegten. Hoffentlich konnten diese keinen Herzschlag auffangen. Endlich bog die Truppe in einen anderen Gang ein, und ihre Stimmen entfernten sich rasch. Tom wartete eine Weile und hoffte, dass dies kein Trick war. Dann schlich er aus seiner Deckung, wagte ein paar vorsichtige Schritte. Alles blieb still. Er rannte los.
Nur noch einen Knotenpunkt musste er durchqueren und wäre beinahe doch dem Feind in die Arme gerannt. Gerade rechtzeitig sprang Tom in eine alte Gleisgrube und quetschte sich unter den überstehenden Rand.
Sind denn heute alle unterwegs?
, dachte er wütend. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, er konnte es nicht vermeiden.
Cagliostro stand am Rand des Verteilers, wie stets perfekt gekleidet. Er ähnelte einem Bühnenzauberer, war makellos bleich und hatte dunkel glühende Augen. Das schwarz gelockte Haar umrahmte sein adeliges italienisches Gesicht. Seine Haltung war lässig und selbstbewusst. Er unterhielt sich mit einem heftig gestikulierenden, dünnen Elfen, der Tom unbekannt war. Die beiden redeten so leise, dass er nichts verstand, und das ärgerte ihn. Vielleicht sollte er versuchen, näher heranzukommen.
Tom ließ sich auf alle viere nieder und kroch am Gleis entlang. Die korrodierten Stränge führten in einen dunklen Tunnel zu irgendeiner schon lange aufgegebenen Station. Es gab viele davon in London, mit äußerst interessanten Geschichten. Wenn die Städter wüssten, dass sie Verbindungspunkte zwischen den Gebieten in Middleark bildeten und neben ihrer »normalen« Welt eine ganz andere existierte …
Plötzlich hielt der Elf inne und sah sich angespannt um. »Hörst du das auch?«, fragte er laut.
Tom erstarrte mitten in der Bewegung.
»Ratten.« Cagliostro winkte ab. Dann redete er leise weiter.
Vorsichtig setzte Tom seine Hand ab – und zuckte zurück. Beinahe wäre er laut kreischend aufgesprungen und davongelaufen, denn Cagliostro hatte recht gehabt mit seiner Vermutung. Da
waren
Ratten! Direkt vor ihm, mehr als handspannenlange fellige Wesen, von denen er soeben eines versehentlich berührt hatte und nur haarscharf einem Biss aus scharfen Nagerzähnen entgangen war. Das Tier funkelte ihn zornentbrannt an und stieß einen schrillen Pfiff aus. Die anderen Ratten, die ursprünglich auf dem Weg in den Tunnel gewesen waren, drehten um und kamen näher.
Tom riss sich
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