Schartz, S: Elfenzeit 19: Kampf um Earrach
ging.
»Du hast
was?
«, schrie Nadja ihn wenige Augenblicke später an. Sie war so aufgebracht, dass Talamh, der gerade an ihrer Brust lag, kaum mehr saugen konnte, weil sie sich so unruhig bewegte. »Bist du von allen guten Geistern verlassen? Du solltest mit ihr reden, nicht sie ausspionieren! Sie ist deine Schwester, Herrgott noch mal!«
David saß völlig zerknirscht da. »Ich hab da wohl ziemliche Scheiße gebaut …«
Nadja hielt ihrem Sohn die kleinen spitzen Elfenohren zu. »Mehr als das! Du gehst sofort zu ihr und entschuldigst dich!«
»Das trau ich mich nicht. Sie will mich umbringen.«
»Na, wirf dich eben auf die Knie vor ihr! Oder setz eine Brille auf, Brillenträger kriegen weniger Schläge ab. Aber tu etwas, sofort!« Sie bemerkte, dass David nach seinem Sohn schielte, und schüttelte sofort den Kopf. »O nein, mein Lieber. Talamh boxt dich da nicht raus. Das machst du schön allein! Los, ab jetzt, und wage dich ja nicht zurück, bevor ihr versöhnt seid!«
David blieb nichts anderes übrig, als aufzustehen und sich ein zweites Mal aus einem Raum werfen zu lassen. Als er ging, hörte er Nadja hinter sich schimpfen: »Die eigene Schwester, gibt’s denn so was … Elfen, wieder mal typisch … Keinen Sinn für Sensibilität … Und dann auch noch ein Mann, was erwarte ich denn …«
Behutsam schloss er die Tür.
Auf dem Weg zu Rians Gemach begegnete er Regiatus dem Corviden. Er war der letzte Überlebende von vier Halbbrüdern, die alle denselben Vater geteilt hatten. Der Prominenteste und Gefürchtetste von ihnen war Alebin gewesen. David erinnerte sich, wie Regiatus vor wenigen Wochen während einer Ratsversammlung plötzlich gesagt hatte: »Alebin ist nicht mehr.« Dann war der Corvide bewusstlos zusammengebrochen. Er hatte die Auflösung seines Bruders mental miterlebt und Tage gebraucht, um wieder zu alter Stärke zurückzukehren.
»Hoheit«, grüßte der Hirschköpfige den Prinzen. »Ich sehe Euch in Aufregung. Was ist geschehen?«
»Ich habe eine große Dummheit begangen und dadurch vielleicht meine Schwester verloren«, antwortete David. »Regiatus, gibt es einen Umkehrzauber, der das rückgängig machen kann?«
Die rosafarbene Zunge leckte schnell über die schwarzen Nüstern. »Ich fürchte, nein, mein Prinz.«
»Es war auch nur eine rhetorische Frage. Natürlich muss ich zu dem stehen, was ich tat.«
»Eure Schwester wird Euch verzeihen. Rhiannon ist von sanftmütigem Charakter.«
»Wer weiß«, murmelte David. »Könnt Ihr mir einen Rat geben, wie ich es anstellen soll, ihr unter die Augen zu treten, ohne dass sie mich gleich in Stein oder Schlimmeres verwandelt?« Er fuhr sich durch die Haare. »Wenn ich das vermassele, bringt Nadja mich um. So oder so bin ich geliefert.«
»Hm. Von Mann zu Mann … Ich werde Euch begleiten, um die Tür zu öffnen. Aber den Rest müsst Ihr selbst erledigen.«
»Danke, Regiatus«, sagte David erleichtert. »Ihr seid ein wahrer Freund.«
»Euer Diener, Hoheit.« Der Corvide neigte leicht das Geweih und ging voran.
Mit wenigen Worten gelang es Regiatus, dass Rian die Tür öffnete, doch ihre Miene gefror sofort, als sie David sah.
Deswegen hielt er sich nicht mit langen Entschuldigungen auf. Bevor sie zurückweichen konnte, schloss er seine überraschte Schwester in die Arme und drückte sie fest an sich. Er ließ seine Seele zu ihr sprechen, und schon nach kurzer Zeit erwiderte sie seine Umarmung, waren sie beide von einem hell leuchtenden Strahlen umgeben.
Regiatus stand reglos dabei, die Nüstern geweitet, und ein seltsamer Glanz lag in seinen dunkelbraunen Augen. Auch andere Elfen kamen staunend herbei, lugten durch Astritzen und Fenster. Ihren Mienen nach zu urteilen, hatten sie Ähnliches noch nie gesehen.
Wortlos trennten sich die Zwillinge voneinander, das Licht erlosch, und David ging an dem Corviden vorbei, ohne ihn bewusst wahrzunehmen.
Rian kehrte in ihr Gemach zurück.
Die Äste jedoch fingen an zu treiben und zu blühen, und selbst der Boden wurde an den Stellen, wo das Licht hingefallen war, von einem zarten Grün überzogen.
»Es beginnt«, flüsterte Regiatus.
11 Bann
Es klopfte schüchtern an Rians Tür. »Herein«, sagte sie und war nicht erstaunt, als sie Pirx und Grog sah.
Die beiden kleinen Elfen hatten es in diesen Tagen nicht leichter als sie. Sie waren bei dem Riesen in Ungnade gefallen, weil es ihnen nicht gelungen war, Rian vor dem Zugriff des Getreuen zu bewahren. Immerhin hatte er sie nicht mit einer
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