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Schatten Blut

Schatten Blut

Titel: Schatten Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abrantes
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Geister verjagen, oder was.«
    Ich konnte sie nur perplex anstarren. »Ich war das nicht.«
    »Ach ja? Wer denn dann?«
    Diesmal konnte ich nur hilflos mit den Schultern zucken. »Ich habe nicht die geringste Ahnung. Glaub mir, Julie. Ich kapiere hiervon noch weniger als du.«
    »Ja, ist klar.« schnappte sie. »Mann, bin ich froh, dass ich Lagat nicht überreden konnte, die Nacht hier zu verbringen! Wie hätte ich ihm klar machen sollen, dass meine Schwester total übergeschnappt ist.« Damit nahm sie ihre Jacke vom Haken und machte einen großen Schritt über das Salz hinweg. »Bis später dann! Und mach dein Gesicht sauber, du hast einen Fleck auf der Nase.«
    Die Absätze ihrer Pumps hallten im Flur wieder, dann fiel ein Stockwerk tiefer die Haustür mit einem lauten Knall ins Schloss.
    Am liebsten wäre ich mit dem Rücken an der Wand runter gerutscht und hätte geheult. Nichts war in Ordnung! Weder an diesem Morgen noch sonst irgendwann! Und ich verstand nicht, warum das so war.
    Irgendwie füllten sich meine Augen mit Tränen und trotzig wischte ich sie mit meinem T-Shirt ab. Nein, ich würde nicht weinen! Das letzte Mal hatte ich mit 14 Jahren geweint, und das war, als Mutter uns verließ. Danach nie wieder. Selbst am Grab meiner Oma vor sechs Jahren hatte ich keine Tränen vergossen, nur mit versteinerter Miene vor dem Grab gestanden und gehofft, dass es ihr nach dem langen Kampf mit der Krebserkrankung besser ging, dort, wo immer sie angekommen war.
    »Menschen kommen, dafür müssen andere gehen, sonst wird es hier zu voll«, war ihre Devise gewesen, und daran wollte ich nicht rütteln. Und ich erinnerte mich an noch etwas, das sie immer zu mir gesagt hatte, wenn ich verzweifelt war: »Du bekommst nur die Aufgaben, die du auch ausführen kannst, mögen sie auch noch so schwer erscheinen. Niemand sonst kann sie lösen, denn sie sind explizit für dich.«
    Na ganz klasse, Oma! Und welcher Idiot verteilte hier gerade die Aufgabenzettel und verpasste mir eine Aufgabe von diesem Kaliber?
    Nein, ich würde jetzt nicht anfangen zu weinen!
    V erzeihen Sie«, vernahm ich eine helle Stimme hinter mir und zuckte verschreckt herum.
    Mrs. Morningdale zupfte leicht verlegen an ihrer pinkfarbenen Haube, unter der viele Lockenwickler sichtbar waren, und schaute zu mir auf. Ihr weißer, gesteppter Morgenmantel mit den großen, rosa Blüten bauschte um ihre Füße, als sie die letzten Stufen hochkam »Mein Jacko ist … Ah, da bist du ja.«
    Ohne es bemerkt zu haben, hatte sich der Dackel neben mich gesetzt und zu mir aufgeschaut. Nun aber eilte er mit wedelndem Hinterteil auf sein Frauchen zu. »Ja sollst du denn weglaufen, du Racker? Kannst mich doch nicht so einfach –« Sie brach ab, erblasste und ihre Augen wurden hinter der schmalen Brille kugelrund. »Oh mein Gott!«
    Schlagartig erwachte ich aus meiner Starre. Ich folgte ihrem Blick und wurde knallrot. »Oh, das … Ist nur Salz … Irgendwie verschüttet … Muss wohl gestern passiert sein … Ich –« Seit wann plapperte ich derart dusseliges Zeug?
    Mit einem dümmlichen Grinsen bückte ich mich und fegte das Salz schnell zusammen. Als ich aufschaute, sah Mrs. Morningdale mich mit einem merkwürdigen Blick an, den ich nicht zu deuten wusste. Stimmte etwas nicht mit mir? Waren mir auf einmal zwei Köpfe gewachsen, oder so etwas in der Art?
    »Ich geh dann mal«, meinte ich schließlich und wies mit dem Daumen auf die Tür hinter mir.
    Mrs. Morningdale schien mich nicht wirklich gehört zu haben, denn sie drückte ihren Hund ängstlich an sich und starrte mich weiterhin an.
    Also räusperte ich mich vernehmlich, um diese bedrückende Atmosphäre zu durchdringen. Damit hatte ich mehr Erfolg, denn Mrs. Morningdale zuckte kurz zusammen. Sie setzte Jacko auf den Boden und kam langsam auf mich zu, nun leichte Sorge im Blick. »Sie bluten ja, mein Kind. Das muss schnellstens versorgt werden.«
    Ich hatte gar nicht bemerkt, dass der Riss an meinem Bein zu bluten angefangen hatte und nun durch das Pflaster sickerte. Eigentlich hatte ich sogar gehofft, er wäre verschwunden!
    »Das ist nichts«, versuchte ich zu beschwichtigen. »Nur ein kleiner Riss, wirklich nichts Großes.«
    »Papperlapapp!« Mrs. Morningdale schob mich energisch hinein und direkt in die Küche. »So etwas muss sofort behandelt werden, denn auch kleine Wunden können große Folgen haben. Wo habt ihr Verbandzeug und Desinfektionsmittel.«
    »Im Bad, im kleinen Schrank unter dem Waschbecken. Aber es ist

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