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Schatten Blut

Schatten Blut

Titel: Schatten Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abrantes
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Erste vollkommen.«
    »Wie du möchtest.« Damit nahm sie die Karte auf und steckte sie zurück in den Stapel.
    »Ich nehme mal an«, fuhr sie fast wie im Plauderten fort, »es ist auch wesentlich einfacher, wenn du mir erzählst, was passiert ist, als wenn ich die Karten befrage. Außerdem spart das viel Zeit.«
    »Woher –«
    »Ich das weiß.« gab sie zurück und füllte ihre Tasse erneut. »Ich sehe, mein Kind. Und ich kann eins und eins zusammenzählen. Falls dir der logische Aspekt daran besser gefällt. Noch Tee? Ah, ich sehe, du hast noch.« Sie stellte die Kanne ab und betrachtete mich ernst. »Zum einen ist da der Bannkreis, oder zumindest der halbe, vor deiner Tür. Dieser schützt alles, was sich in dem Appartement befindet. Aber wovor?« Sie sah mich interessiert an, fuhr aber ohne auf eine Antwort abzuwarten fort: »Dann siehst du Zeichen, die für getrübte Blicke unsichtbar sind. Und du reagierst darauf. Ferner war es dir möglich, den Tee ohne Anzeichen von Übelkeit zu trinken. Oh, keine Angst, er ist nicht vergiftet. Wie du siehst, trinke ich ihn selbst. Dann ziehst du eine Karte vom Tarot-Deck, die mir zeigt, dass ich mit meinen Vermutungen richtig liege.«
    »Welchen Vermutungen? Und warum meinten Sie vorhin, Ihnen wäre ein blutiger Anfänger geschickt worden.« verlangte ich nun etwas verärgert zu wissen.
    Ernestine wirkte kurz überrascht, dann lachte sie hell auf. »Du irrst, Kindchen. Das habe ich nicht gesagt.«
    Wollte sie mich veralbern? »Das habe ich doch ganz genau gehört.« beharrte ich empört.
    Wieder lachte sie, diesmal schien sie nahezu platzen zu wollen. Ich war kurz davor aufzustehen und zu gehen, als sie leicht schmunzelnd den Kopf schüttelte. »Nein, ich sagte es nicht. Ich habe es gedacht!«
    Spätestens an diesem Punkt zieht man einen Besuch beim Psychiater ernsthaft in Erwägung. Inzwischen träumte ich nicht nur totalen Schwachsinn, jetzt konnte ich auch noch am helllichten Tag Stimmen hören, oder gar Gedanken lesen! Womöglich sah ich demnächst noch geflügelte Wesen und reite mit einem Besen durch die Luft! Unter anderen Umständen wäre diese Vorstellung sogar amüsant gewesen. Aber derzeit?
    Ich stand kurz davor, völlig durchzudrehen. Und ich musste mir sehr schnell etwas einfallen lassen, um genau das zu verhindern. So atmete ich tief durch, griff nach meiner Tasse, und stellte sie ungenutzt wieder ab.
    »Ernestine«, begann ich und blickte langsam auf. »Wenn das, was Sie sagen –«
    Mir stockten die Worte, war ich doch keineswegs auf das vorbereitet, was sich mir nun bot. Pures Entsetzen breitete sich in mir aus, als ich Ernestine anschaute. Es schien, als sei ihr Gesicht plötzlich aus Wachs, das in der Hitze zerlief. Ihre Augen traten hervor, die Haare fielen aus, das Fleisch löste sich auf. Sekunden später starrte ich einen Totenschädel an. Ich wollte schreien, brachte aber keinen Ton hervor. Panisch sprang ich auf, nur weg hier!
    Ich wirbelte herum und prallte zurück. Die Wände kamen auf mich zu, dunkles Rot rann an ihnen herunter. Sie schienen mich erdrücken zu wollen. Um mich tastend, wich ich zurück. Etwas klirrte! Ich vernahm meinen Namen wie aus weiter Ferne. Dann fühlte ich eine Hand an mir. Finger krallten sich in meine Schulter, zerrten mich zurück.
    »Du gehörst mir.« hörte ich dicht neben meinem Ohr. Plötzlich sah ich in dunkle, kalte Augen und mir gefror das Blut in den Adern.
    Etwas Graues, Schattenhaftes flog jäh an mir vorbei. Ich wurde herumgeschleudert und landete mit dem Gesicht auf dem Boden. Ein wütendes Fauchen erklang, als würde dem Tiger die Beute entrissen. Und ein schauderhaftes Brüllen antwortete.
    Zitternd vor Angst wagte ich einen Blick. Keine zwei Meter von mir entfernt stand eine riesige, schemenhafte Gestalt. Den Rücken mir zugewandt, verbarg sie alles Weitere vor meinen Augen. Ihre gesamte Haltung drückte Kampfbereitschaft aus.
    »Verschwinde von hier, Faye McNamara«, vernahm ich eine Stimme wie ein tiefes, sanftes Grollen in meinem Kopf.
    Unvermittelt traf mich ein harter Schlag an der Wange und eine klare Stimme rief: »Komm zurück, Mädchen! Verdammt noch mal.«
    Die Arme hochgerissen, versuchte ich mich zu schützen. Tränen rannen mir über die Wangen, ich schluchzte laut. Dann legten sich auf einmal zwei warme Arme um mich und sanft strich mir jemand über das Haar. »Alles ist gut, Kindchen. Alles ist gut. Du bist in Sicherheit.«
    Allmählich beruhigte mich der sanfte Klang der Stimme.

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