Schatten der Angst (German Edition)
entwischen lassen. Er würde Amanda nicht ebenso enttäuschen.
Sobald er im Aufzug stand, zog er Amandas Verdächtigenliste aus seiner Jackentasche. Er hatte sie gefunden, als er nach Hause gefahren war, um die Northwood-Akte zu holen. Er hatte gehofft, in der Akte einen Hinweis auf den Aufenthaltsort von Amanda zu finden.
Sie hatte Kreise um die Worte »Cop«, »Mechaniker« und »Riley« gemalt und neben jedes Wort ein Fragezeichen geschrieben. Jede Schlussfolgerung ergab sich aus den nebenstehenden akkuraten Notizen, die auf den jeweiligen Bericht oder die Befragung aus den unterschiedlichen Fallakten zurückverwiesen, die Amanda zum jeweiligen Resultat geführt hatten. In wenigen Stunden hatte sie beim Analysieren der Daten bessere Arbeit geleistet, als seine Detectives und er selbst in mehreren Wochen.
Er seufzte frustriert und knüllte das Papier zu einem Ball zusammen, den er wieder in die Tasche steckte. Am vergangenen Tag hatte sie ihn zweimal gebeten, einen Blick auf ihre Liste zu werfen, und er hatte es nicht getan. Wenn er doch nur auf sie gehört hätte, sich fünf Minuten Zeit genommen hätte, dann wäre sie jetzt in Sicherheit. Es war allein seine Schuld, dass Karen verletzt und Amanda ein zweites Mal entführt worden war. Und was noch schlimmer war, der Mann, der sie in seiner Gewalt hatte, war derselbe, den er hatte entwischen lassen. Seiner Inkompetenz war es zu verdanken, dass Amanda all diese Qualen hatte erleiden müssen. Wenn er nicht wäre, wären ihre Träume nie zerstört worden, und sie wäre immer noch in der Lage, Kinder zu bekommen.
Die Fahrstuhltüren öffneten sich, und er bahnte sich einen Weg durch das Gewimmel in der Eingangshalle, stürmte aus dem Gebäude und rannte zu seinem Wagen. Er fuhr gerade rückwärts aus der Parklücke, als jemand an das Fenster der Beifahrertür klopfte. Pierce beugte sich zum Fenster herunter und machte Logan Handzeichen, die Tür zu entriegeln. Sobald er der Aufforderung nachgekommen war, stieg Pierce ein und warf die Beifahrertür zu.
Logan zog fragend eine Augenbraue hoch.
»Verdammt noch mal, Sie sind wirklich ein Narr, Logan. Sie sind emotional viel zu tief verstrickt, um bei der Suche nach Amanda eine Hilfe zu sein. Aber ich weiß, dass ich Sie nicht aufhalten kann, deshalb werde ich wenigstens dafür sorgen, dass Bennett Ihnen nicht den Schädel wegpustet – falls Sie ihn tatsächlich aufspüren sollten.«
»Oder Riley«, fügte Logan hinzu, dessen Fingerknöchel weiß hervortraten, weil er das Lenkrad so fest umklammerte. »Wer auch immer Amanda in seiner Gewalt hat – sobald ich ihn gefunden habe, ist er es, der Gefahr läuft, dass ihm das Gehirn weggepustet wird – nicht ich.«
Pierce fluchte und hielt sich demonstrativ die Ohren zu. »Das habe ich nicht gehört.«
Logan trat das Gaspedal durch und raste über den Parkplatz zur Ausfahrt.
20
Amanda atmete scharf ein und zog vorsichtig die Handschellen weg von den offenen, brennenden Schnittwunden an ihren Handgelenken. Nicht, dass es viel geholfen hätte. Sobald sie den Griff lockerte, rieben die Metallringe wieder schmerzhaft über das wunde Fleisch. Sie hatte versucht, einen Streifen Stoff aus ihrem T-Shirt zu reißen und als Verband zu verwenden, aber ohne eine Schere oder ein Messer war das ein aussichtsloses Unterfangen.
Ein Schweißtropfen rann zwischen ihren Brüsten hinab. Sie rieb sich das T-Shirt und starrte wütend zu dem Fenster in der Wand gegenüber. Die Luft im Inneren der Hütte war heiß und stickig. Und nur drei Meter entfernt lockte durch die Fensterscheibe der strahlend blaue Himmel.
Genauso gut hätten es hundert Meter sein können.
Sowohl das Fenster als auch die Tür daneben waren außerhalb der Reichweite der zwei Meter langen Fußkette, die Amandas Handschellen mit einem am Boden befestigten Metallring verband.
Das gleiche Szenario wie vor vier Jahren.
Und genau wie vor vier Jahren hatte ihre Freundin einen fürchterlichen Preis dafür zahlen müssen, dass sie sich in ihrer Gesellschaft befand. War Karen noch am Leben? Ein Bild von Karen, die blutüberströmt und zusammengeschlagen wie ein Müllsack aus dem Auto geworfen wurde, flackerte vor Amandas innerem Auge auf. Bitte, lieber Gott, mach, dass sie noch am Leben ist!
Ein unbehaglicher Schauder kroch ihr über den Rücken, und sie sah wieder zum Fenster. Wie viel Zeit blieb ihr, bis er zurückkam? Wenn sie bei seiner Rückkehr immer noch am Boden angekettet war, hatte sie keine Chance. Sie umfasste
Weitere Kostenlose Bücher