Schatten der Angst (German Edition)
bald von der Beerdigung zurückkehren.
Sie brauchte ihn jetzt.
23
Jemand klopfte an Amandas Haustür, doch diesmal zuckte sie nicht angstvoll zusammen wie früher, vor Rileys Tod. Sie hatte keine Angst mehr. Seit sie vor drei Wochen aus dem Krankenhaus entlassen worden war, hatte sie viele Besucher gehabt und viele Briefe erhalten. Die wichtigsten Sendergruppen hatten ihre Geschichte im ganzen Land verbreitet. Sie hatte Briefe von Menschen erhalten, die ihr ihre Unterstützung anboten. Eine reizende ältere Dame namens Sadie hatte ihr sogar einen selbst gebackenen Apfelkuchen geschickt.
Fast jeder Detective und jeder Polizist des Shadow Falls Police Departments hatte sie zu Hause besucht. Sie alle fühlten sich zumindest teilweise verantwortlich für die scheußlichen Verbrechen, die Riley begangen hatte. Er war einer von ihnen gewesen, ein Kamerad in Uniform, dem sie vertraut und mit dem sie zusammengearbeitet hatten, ein Freund. Keiner von ihnen hatte geahnt, welche Bösartigkeit in seinem gestörten Gehirn schlummerte.
Keiner von ihnen – außer Logan.
Das nagende Gefühl der Eifersucht war schwer zu unterdrücken. Seit Rileys Angriff hatte Logan kein einziges Mal mit ihr gesprochen. Doch für seine Männer hatte er alle Zeit der Welt. Seine Mitarbeiter hatten ihr eine Geschichte nach der anderen davon erzählt, wie es ihm gelungen war, die Polizeitruppe nach Rileys Tod wieder zu vereinen. Die Ereignisse hatten das Team enger zusammengeschweißt; sie waren nun eine Familie, trotz Rileys Täuschung. Auch wenn Logan herausgefunden hatte, wer der Mörder war, hatte er sich dafür starkgemacht, dass das ganze Department das Lob für diesen Verdienst erhielt. Das Shadow Falls Police Department war nun für die Festnahme eines Serienkillers bundesweit bekannt. Logan hatte sich vergewissert, dass jeder einzelne Mitarbeiter des Departments sich wertgeschätzt fühlte und stolz auf den gemeinsamen Erfolg war. Ihm war es zu verdanken, dass jeder Einzelne sich als etwas Besonderes fühlte.
Auch ihr hatte er einst das Gefühl gegeben, etwas Besonderes zu sein – aber das schien eine Ewigkeit her zu sein.
Wieder klopfte es, lauter diesmal, und dann klingelte es an der Tür. Sie schob den Gedanken an Logan beiseite und stand vorsichtig auf. Inzwischen genügte meistens ein Ibuprofen, um mit den Schmerzen ihrer Verletzungen fertig zu werden, doch wenn sie ihre rechte Seite zu sehr belastete, tat es immer noch weh.
Sie beeilte sich, zur Tür zu kommen, schaute durch den Spion und lächelte, als sie Pierce auf der Vorderveranda stehen sah. Wie immer ganz der wachsame FBI-Agent, hatte er ihr das Profil zugewandt und überprüfte mit einem Blick den Vorgarten. Sie fragte sich, ob er sich jemals wirklich entspannte, oder ob all das Böse, das er in seiner Karriere hatte erleben müssen, ihn für immer heimsuchen würde. Ihre eigenen bösen Geister waren zum Glück inzwischen Geschichte.
Sie öffnete die Tür und schenkte ihm ihr strahlendstes Lächeln. »Pierce, es ist so schön, Sie zu sehen. Ich wusste nicht, dass Sie wieder in der Stadt sind.«
Er trat in die Eingangshalle und küsste sie auf die Wange. »Sie sehen toll aus, wie immer.«
Sie umarmte ihn, erfreut über das Kompliment. Er hatte sie immer so akzeptiert, wie sie war, und hinter die Fassade geblickt – genau wie Logan. Nicht, dass sie sich um ihre Narbe noch großartig Gedanken machte. Und selbst wenn – sie konnte sich ihr Haar nicht mehr in das Gesicht streichen. Gleich nach der Entlassung aus dem Krankenhaus war sie in einen Friseursalon gegangen und hatte sich das Haar abschneiden lassen. Sie trug jetzt einen Bob, der ihr knapp unter das Kinn reichte.
»Möchten Sie etwas trinken? Einen Eistee? Limonade?« Sie wollte in die Küche gehen, doch Pierce legte ihr eine Hand auf die Schulter, um sie aufzuhalten.
»Sie müssen sich nicht um mich kümmern – im Gegenteil, ich bin Ihnen etwas schuldig. Kann ich etwas für Sie tun?«
Die Lachfältchen rund um seine Augen kräuselten sich besorgt.
»Machen Sie sich keine Sorgen. Ich habe nur noch gelegentlich Schmerzen.«
Sie führte ihn ins Wohnzimmer, in dem sich ein Labyrinth aus Kartons stapelte. Die einzigen Möbelstücke, die noch im Haus waren, waren der Schreibtisch, der Bürostuhl und ein Fernsehsessel. Pierce wartete, bis sie sich gesetzt hatte, ehe er im Sessel Platz nahm – eine bittersüße Erinnerung daran, wie Logan sich einst in denselben Sessel gequetscht hatte. Pierce erinnerte sie so
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