Schatten der Angst (German Edition)
verdächtigt hatte, hatte er sich nie wirklich vorstellen können, dass Riley so geistesgestört sein könnte und so viel Böses in sich trug.
Es hatte sich herausgestellt, dass nur Bennett gewusst hatte, wozu Riley fähig war, und er hatte seinen Bruder sein Leben lang im Auge behalten. Es war ihm nie wirklich gelungen, eines von Rileys Opfern zu retten, doch er hatte es immerhin versucht; und wenn er nicht selbst so gestört gewesen wäre, hätte er womöglich einige der Morde verhindern können.
Riley hatte seine Spuren mit großem Geschick verwischt. Er hatte sogar seine Personaldaten gefälscht, sodass seine Urlaubstage sich nicht immer mit den Daten der Mordfälle überschnitten. Pierces Team hatte die Beweise für seine Datenmanipulationen zwar schließlich gefunden, aber erst, nachdem feststand, dass die Morde auf Rileys Konto gingen. Es war tragisch, dass sie nicht schon gründlicher nachgeforscht hatten, bevor Karen und Amanda einen so hohen Preis für diese Nachlässigkeit hatten bezahlen müssen.
Der Polizist öffnete Mike die Beifahrertür, und Mike setzte sich in den Wagen. Immer noch hielt er die Flagge auf seinem Schoß fest umklammert. Der Polizist schloss die Tür, und Mike sah aus dem Fenster. Beim Anfahren hing sein Blick an dem Zelt, das Karens Grab bedeckte.
Wieder vibrierte Logans Handy. Das war bereits am Schluss der Beerdigung einige Male geschehen, aber er hatte es ignoriert. Er griff in seine Jacketttasche und zog das Telefon heraus. Als er die Nummer auf dem Display sah, zog sich sein Magen in einer Vorahnung zusammen. »Ja, hier Richards.«
Nach einer kurzen Einleitung sagte die Schwester am anderen Ende: »Ich sollte Sie anrufen, sobald sich Ms Stocktons Zustand verändert.«
Logan schluckte die Übelkeit hinunter, die in ihm aufstieg. Seine Kehle schnürte sich angstvoll zusammen. »Ja? Ist etwas nicht in Ordnung?«
»Oh nein, Sir, es ist alles in Ordnung. Sie ist soeben aus dem Koma aufgewacht.«
In der Tür zu Amandas Krankenzimmer blieb Logan stehen. Immer noch war es ein Schock für ihn, sie an so viele Schläuche und Maschinen angeschlossen zu sehen, obwohl er bereits drei Tage Zeit gehabt hatte, sich an den Anblick zu gewöhnen.
Sie war sehr blass, ihre Haut war fast durchscheinend, und ihre Augen waren geschlossen. Ihr Arzt hatte ihm versichert, dass sie tatsächlich aus dem Koma erwacht war und nun schlief. Es war ein natürlicher Schlaf und nicht der erschreckend tiefe Schlaf des Komas.
Sie war immer noch an ein Beatmungsgerät angeschlossen, dessen obszönes Zischen das einzige Geräusch war in dem abgedunkelten Raum.
Er ging hinüber zu ihrem Bett und setzte sich auf den Stuhl, auf dem er in den letzten Tagen so häufig gesessen hatte. Um nicht den Zufluss aus dem Infusionsschlauch zu behindern, achtete er darauf, nicht ihren Arm zu krümmen, als er seine Finger mit den ihren verschränkte und sich über sie beugte, um die zarte Haut ihrer Hand zu küssen. Auf ihren Atemrhythmus lauschend, beobachtete er das Heben und Fallen ihres Brustkorbs.
Sie war eine Kämpferin, eine der stärksten Frauen, die er je kennengelernt hatte. Es lag ausschließlich an ihrer außergewöhnlichen Willenskraft, dass sie nicht nur eins, sondern gleich zwei fürchterliche traumatische Erlebnisse in ihrem Leben überstanden hatte.
Das war wahrhaftig nicht sein Verdienst.
Er wusste, dass die Leute ihn einen Helden nannten. Es hieß, Amanda habe zwar den entscheidenden Schuss abgefeuert, hätte aber gar keine Waffe zur Verfügung gehabt, wenn Logan sie nicht erst gefunden hätte. Riley hätte sie getötet und wäre immer noch da draußen und würde weitere Frauen ermorden. Ihnen war nicht klar, dass Riley ohne ihn bereits vor zehn Jahren geschnappt worden wäre. Dana Branson, Carolyn O’Donnell, Karen Bingham und fünf weitere Frauen wären noch am Leben. Amanda wäre nicht überfallen worden und wäre nicht zweimal fast ermordet worden – wenn er seine Arbeit gemacht und nach Vorschrift gehandelt hätte.
Oder wenn er auf Amanda gehört hätte, als sie versucht hatte, ihm ihre Verdächtigenliste zu zeigen.
So viele ermordete Frauen. Und eine Frau, die für den Rest ihres Lebens gezeichnet war – in ihrem Inneren, dort, wo es darauf ankam. Zahllose Familien waren auseinandergerissen worden.
Wenn die Dinge anders lägen, wenn Amanda ihm hätte vergeben können, dann hätte er es vielleicht geschafft, sich letzten Endes selbst zu verzeihen. Aber als er diese verdammte CD abgespielt
Weitere Kostenlose Bücher