Schatten Der Erinnerung
in Gelb.
Regina saß aufrecht auf dem gepolsterten Sofa in einem leuchtendgelben Abendkleid. Die Hände im Schoß gefaltet, hielt sie ihren Blick auf ihn gerichtet.
Slade starrte sie verblüfft an. Für einen Augenblick glaubte er, einen wunderbaren Traum zu haben. Schließlich besaß er in Wirklichkeit keine schöne Frau, die ihn zu Hause erwartete, gab es keine anständige Mahlzeit oder ein sauberes, behagliches Heim. Aber er träumte nicht. Sein Mund verzog sich zu einem leichten, ungläubigen Lächeln. »Bist du es wirklich?«
Als Regina seinen heiseren, neckenden Tonfall bemerkte, ließ sie sich in die Kissen zurücksinken. »Ja.«
Er stellte seine Aktentasche ab und schob die Hände in die Hosentaschen. Mit klopfendem Herzen musterte er den Raum. Der Teppich schien heller, die Möbel waren nicht mehr staubig. Durch die geöffneten Vorhänge konnte man in die neblige Nacht hinaussehen, die durch die Gaslaternen unten auf der Straße erhellt wurde. Er warf einen Blick auf seine atemberaubend schöne Frau. Die Couch wirkte nicht mehr so hässlich, weil sie dort saß. Dann bemerkte er, dass sie zur Dekoration Dutzende von Kissen darauf verteilt hatte, die das scheußliche Muster der Polster überdeckten.
Slade war noch überraschter, als hinter ihm ein Mann den Raum betrat. Er war groß und schlank und trug mit unbewegter Miene ein Silbertablett mit einem Glas, in dem wohl Bourbon war, sein bevorzugtes Getränk. »Wer, zum Teufel, sind Sie?« fragte Slade mild.
»Brinks, Sir.« Der Mann hatte eindeutig einen britischen Akzent sowie einen völlig gleichmütigen Gesichtsausdruck und Tonfall.
Regina erhob sich und presste ihre Hände aneinander. »Slade, das ist Brinks.« Sie zögerte. »Dein Butler.«
»Ich verstehe.« Slade nahm das Glas. »Danke, Brinks.«
Brinks fragte: »Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Sir?«
Slade deutete auf Regina. »Fragen Sie meine Frau.«
Darauf sagte Brinks: »Madam?«
»Danke, nein. Oh....« Sie schluckte. »Slade, kannst du in, fünfundvierzig Minuten fertig sein?«
Slade sah sie an. »Ja, ich kann in fünfundvierzig Minuten fertig sein.«
»Brinks, sagen Sie Monsieur Bertrand, dass Mr. Delanza zu Hause ist und wir um neun essen möchten.«
»Sehr wohl, Madam.« Damit zog Brinks sich zurück.
Immer noch sah Slade seine Frau an.
»Hoffentlich bist du nicht allzu aufgebracht«, sagte sie atemlos.
»Ich bin schon den ganze Tag aufgebracht.«
»Wirklich?«
Er setzte sein Glas ab. »Ich habe dir eine Nachricht geschickt, aber keine Antwort bekommen.«
Sie machte große Augen. »Ich wusste nicht dass du eine Antwort erwartetest.«
»Allerdings.«
»Tut mir leid.«
»Was geht hier vor, Regina?«
»I-ich habe hier vorbeigesehen, weil ich wissen wo ob du etwas brauchst.« Zur Verteidigung bereit richtete sie sich auf. »Immerhin bin ich deine Frau.«
»Du bringst das gerade ganz deutlich zum Ausdruck«, entgegnete er. Sie wirkte besorgt. »Dieses Haus war eine richtige Junggesellenbude.«
Er mußte lächeln. »Ich kann mir denken, dass du dich noch milde ausgedrückt hast.«
»Ja, wirklich«, gab sie zu. »Ich könnte einfach nicht untätig bleiben! Also habe ich ein Dienstmädchen, einen Butler und einen Küchenchef engagiert. Ich habe Monsieur Bertrand den Crockers weggeschnappt.« Sie schenkte ihm ein schuldbewusstes, süßes Lächeln. »Aber ich denke, er ist es wert.«
»Falls die Düfte aus der Küche ein Hinweis darauf sein sollten, pflichte ich dir bei.«
Sie sah ihn hoffnungsvoll an. »Möchtest du nach oben gehen und dir etwas Bequemeres anziehen?«
Es war ihm nicht entgangen, dass sie seine Frage nicht beantwortet hatte. Was ging hier vor? Er war innerlich so angespannt dass es schmerzte. Hatte sie ihre Meinung wegen der Scheidung geändert? Es sah so aus. Außerdem hatte es den Anschein, als wäre sie in sein Haus gekommen, um zu bleiben. Offenbar hatte sie den letzten Schritt gemacht und sich endgültig entschieden. Damit befreite sie ihn von der Verpflichtung, selbst aktiv zu werden und für ihre Versöhnung Sorge zu tragen. Einerseits war er begeistert, andererseits aber auch bestürzt. Es ging alles viel zu schnell.
Sie wandte sich ihm erwartungsvoll zu. Auf keinen Fall wollte er sie enttäuschen oder gar zurückzuweisen. Wenn sie wollte, dass er nach oben ginge - und er konnte sich vorstellen, dass auch dort einige Veränderungen auf ihn warteten -, dann würde er das auch tun. Unvermittelt nahm er ihr Kinn zwischen die Finger und küsste
Weitere Kostenlose Bücher