Schatten Der Erinnerung
aufzuwachen - und mehr als erfreut.
Im Grunde erwartete sie von Slade eine Bemerkung über ihre Aussöhnung, aber er sagte nichts. Da sie verheiratet waren, sah er vielleicht keinen Sinn darin, die unglückliche Vergangenheit zur Sprache zu bringen. Er war es ja, der ihre Bitte um Scheidung abgelehnt hatte. Vielleicht fürchtete er den Ausgang eines zu offenen Gesprächs.
Regina beschlichen solche Bedenken, und sie saß deshalb wie auf Kohlen. Kohlen. Eines aber wusste sie genau: Sie wollte nicht in das Haus ihres Onkels zurück - sie gehörte in Slades Haus, an seine Seite. Am liebsten verließe sie es nicht einmal, um ihre Sachen zu holen. Die Situation war heikel genug, aber Slade machte es ihr leicht. Beim Frühstück im Bett schlug er beiläufig vor, einen Diener nach ihren Sachen zu schicken. Begeistert stimmte sie zu.
Es schien, als hätten sie sich endlich darüber verständigt, ihre Ehe fortzusetzen. Aber irgendwie hatte dieses stillschweigende Übereinkommen keinen dauerhaften Charakter und stand auf schwachen Beinen.
In den nächsten Tagen behandelte Slade sie nicht wie eine Ehefrau, sondern wie eine Braut. Er nahm sich frei und führte sie durch die Stadt. Diese Flitterwochen würde Regina nie vergessen. Er nahm sie nach Little Italy mit und machte sie mit Pasta bekannt, die sie auch gleich gerne mochte. Auf dem Embarcadero aßen sie in Maye's Oyster House frische Meeresfrüchte und rohe Austern, die sie mit eiskaltem Bier hinunterspülten. Auch das Castle Observatory auf dem Telegraph Hill durfte nicht fehlen. Sie besuchten eine Aufführung in der Lucky Baldwin Academy of Music, die ihnen so gut gefiel, dass sie sich eine weitere Vorstellung ansahen.
Sie nahmen die Marin-Fähre nach Sausalito und fuhren mit einem Tandemrad den Strand entlang. Im Golden Gate Park ritten sie aus, sie ruderten auf dem Stow Lake. Eines Nachmittags gingen sie sogar zu den Sutro-Bädern. So etwas hatte Regina noch nie gesehen. Es gab sechs verschiedene Möglichkeiten zu baden: in Salz- und Süßwasser, in warmem und kaltem, in tiefem und seichtem Wasser. Slade überredete sie, die Rutsche auszuprobieren, was zu einem ihrer aufregendsten Erlebnisse wurde.
Ungeachtet dieser ganzen Unternehmungen kam ihre Leidenschaft nicht zu kurz. Sie hatte nicht im geringsten nachgelassen. Slade war unersättlich und wollte sie nicht nur im Schlafzimmer nehmen, was er auch offen zugab.
Regina versuchte, nicht daran zu denken, wie sie sich nicht nur einmal, sondern bei zwei verschiedenen Gelegenheiten in der Kutsche geliebt hatten und er sie hinter der Rutsche in den Sutro-Bädern geküsst hatte. Auf die Schnelle hatte er sie am Ocean Beach geliebt, und auch das war schön gewesen, obwohl sie beinahe entdeckt worden wären. Auch in den Ruinen einer alten Mission im Süden der Stadt hatte er sie genommen.
Beim Gedanken an ihn geriet sie außer Atem, und sie wünschte, er wäre zu Hause und nicht im Büro. Eine weitere Erinnerung ließ sie erröten. Gestern hatte Slade darauf bestanden, kurz beim Büro haltzumachen, um einen Vertrag mitzunehmen, den er am Abend lesen wollte. Im Büro aber hatte er nicht einmal so getan, als würde er nach den Papieren suchen, sondern sie mit einem verheißungsvollen Lächeln zu seinem Schreibtisch gedrängt. Dabei fielen Akten und Papiere zu Boden. Ihre Einwände zerstreute er mit Küssen, schob ihre Röcke hoch und liebte sie auf seinem ganzen Papierkram. Inbrünstig hoffte Regina, dass niemand ahne, was an diesem Tag in seinem Büro vor sich ging. Sie hatte den Verdacht, dass sein Überfall gründlich geplant war und er nie die Absicht gehabt hatte, einen Vertrag zu holen.
Er war wirklich unmöglich. Wie sehr sie ihn doch liebte! Wenn sie sich nur seiner Liebe auch so sicher sein könnte
...
Aber dieses Gefühl fehlte ihr. Da seine Leidenschaft für sie grenzenlos war, mußte Regina einfach annehmen, dass er ihr ebenfalls zugetan war. Aber Männer hatten häufig Geliebte, die sie von einem Augenblick auf den anderen wegschickten. Regina konnte das zwar nicht begreifen, aber es war eine Tatsache, dass ein Mann Leidenschaft ohne Liebe empfinden konnte. Sie wünschte sich, dass Slade wenigstens einmal mit ihr über seine Gefühle für sie sprechen würde. Doch das tat er nicht.
Ihre Sorge wurde geschürt, da es trotz aller körperlichen Leidenschaft jenseits davon nur wenig emotionale Vertrautheit zwischen ihnen gab. Slade öffnete sich ihr nie wirklich. Sie war sicher, dass er eine Art Schutzwall vor
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