Schatten Der Erinnerung
zurecht, nahm die dazu passenden Handschuhe und verließ das Hotelzimmer.
Unten rief ihr der Portier eine Kutsche herbei, und Elizabeth gab dem Kutscher das Feldcrest Building Ecke Van Ness und Eddy als Ziel an.
In die abgewetzten Ledersitze zurückgelehnt, ließ sie ihre Hände über den Bauch gleiten. Zu dumm, dass das passiert war. Wäre sie nicht schwanger, dann müsste sie jetzt nicht heiraten. Sie seufzte, bedauerte das vergangene Jahr oder, besser gesagt, die vergangenen Jahre aber keineswegs.
Mit dreizehn hatte ihr Vater sie nach London zur Schule geschickt. In der Erinnerung daran lächelte Elizabeth.
Kurz vorher war sie im Stall mit dem strammen, jungen Stallburschen aus Irland erwischt worden. Ihre Beschäftigung hatte nichts mit Pferden, aber durchaus mit Reiten zu tun gehabt.
Kevin war nicht ihr erster Liebhaber gewesen und auch nicht ihr letzter. Doch an ihn erinnerte sie sich am liebsten, weil er der unmittelbare Anlass dafür war, dass sie weggeschickt wurde. Seit sie sich erinnern konnte, hatte sie diese Kleinstadt San Luis Obispo gehasst, und so war sie begeistert, nach London zu kommen.
Die private Eliteschule für junge Damen war Elizabeth nicht gewachsen. Sehr schnell fand sie heraus, wie sie sich nachts wegstehlen konnte. Da sie immer schon älter ausgesehen hatte, als sie war, und sich auch so benahm, sie sehr bald zum Bestandteil von Londons schillerndem Nachtleben.
Am Tag gab sie sich weiterhin als wohlerzogen fromme junge Frau. Bei ihrem Besuch zu Hause behielt si wohlweislich für sich, dass sie sich in der Schule nicht gebessert hatte. Da ihr keine Wahl blieb, stimmte sie der Verlobung zu. Als sie James Delanza traf, fand sie ihn recht nett, wenn auch ein wenig langweilig. Da er sehr stark war, konnte sie sich dennoch gut vorstellen, dass die erst Jahre ihrer Ehe durchaus erfreulich sein würden.
Im letzten Sommer war ihr Vater gestorben. Darüber war sie traurig, denn sie hatte George geliebt. Aber der Zeitpunkt hätte nicht passender sein können. Denn nach seinem Tod fiel sein gesamtes Vermögen an sie, und sie musste nicht mehr bis zu ihrer Heirat warten, um ihre Erbschaft zu bekommen.
Schlau, wie sie war, setzte Elizabeth ihre Scharade fort. Den Sommer verbrachte sie in Trauer um ihren Vater in San Luis Obispo. James kam sie jedes Wochenende besuchen und versuchte, sie zu trösten. Dummerweise hatten sie beide, ziemlich unterschiedliche Vorstellungen von Trost. Sobald der Zeitpunkt gekommen war, um für ihr letztes Schuljahr nach London zurückzukehren, fuhr sie erwartungsvoll los. Aber sie setzte keinen Fuß mehr in ihre Schule, sondern richtete sich in einem großzügigen Stadthaus ein. Dort lebte sie genauso, wie sie es beim britischen Adel gesehen hatte, mit dem sie verkehrte.
Trotz ihrer bevorstehenden Heirat hätte sie sich für immer in London niedergelassen, wäre da nicht das abscheuliche Ende einer Affäre gewesen. Zum ersten Mal wurde ihr kalt und gefühllos der Laufpass gegeben.
Elizabeth hatte ihren Liebhaber, einen einflussreichen, gut aussehenden Earl geliebt, soweit eine Frau wie sie dazu in der Lage war. Geschockt und wütend versuchte sie sogar, ihn von einer Trennung abzubringen, aber vergeblich.
Er beendete nicht nur die Affäre mit ihr, sondern hatte auch noch die Dreistigkeit, ihr mitzuteilen, dass er heiraten werde und dass er seine Braut liebe.
Verärgert kehrte Elizabeth nach Amerika zurück. Als sie Ende Mai in San Luis Obispo ankam, teilte sie James in einem Brief die Auflösung ihrer Verlobung mit Ihre Stiefmutter hatte wieder geheiratet. Elizabeth gab nun ihre geheuchelte Liebenswürdigkeit auf und mietete eine kleine Villa, die Susan grün vor Neid machen sollte. Sie stellte eine Menge Personal ein und zog überraschend und im Triumph von zu Hause aus. Bald schon nahm sie sich einen anderen Liebhaber, konnte jedoch das Bild des Earls nicht aus ihrem Gedächtnis verbannen.
Als sie feststellte, dass sie im dritten Monat schwanger war, wurde ihr klar, dass sie ihr Leben so nicht weiterführen konnte und schnell handeln musste. Zwar konnte sie sich nach außen als anständige Frau geben und trotzdem tun, was ihr gefiel. Etwas ganz anderes aber war, wenn man ihr die Schwangerschaft ansah und sie nicht verheiratet war. Ihr Liebhaber war verheiratet, sonst hätte sie verlangt, dass er sie zur Frau nahm. Zeit war nun das Allerwichtigste, und so beschloss Elizabeth, die Verbindung mit den Delanzas zu forcieren.
Zum Glück war James Delanza tot. Er
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