Schatten Der Erinnerung
die Hände in die Taschen gesteckt und hielt den Kopf gesenkt. Sie war sich nicht sicher, ob er betete, trauerte oder nachdachte. Ihre Röcke raschelten und kündigten ihr Kommen an. Er bewegte sich nicht, und Regina blieb hinter ihm stehen. Sie zögerte nur kurz, dann gab sie ihrem Herzen und ihrem Instinkt nach, hakte sich bei ihm ein und schmiegte sich an ihn.
Er war angespannt. Keiner sprach ein Wort. Dass er Anwesenheit akzeptierte, genügte ihr für den Augenblick Eine Weile standen sie schweigend da. Langsam ging die Sonne unter. Seemöwen zogen über ihnen ihre Kreise, bevor sie durch den aufkommenden Nebel flüchteten. Grabsteine warfen lange, unheimliche Schatten, und mit der Dämmerung wurde es kühl.
Endlich sah Slade sie aufmerksam und forschend an.
Regina brachte ein tapferes Lächeln zustande. »Hallo, Slade.«
Er streckte eine Hand aus, und mit vor Freude angehaltenem Atem reichte sie ihm die Hand. Er drückte, sie fest.
»Hatte Edward etwas damit zu tun, dass du jetzt in Miramar bist?«
»Edward? Nein.«
»Das habe ich auch nicht angenommen.« Er blickte weiter an. »Sollte ich dich wegschicken, dann würdest du nicht gehen, oder?«
»Nein.«
»Vermutlich bist du hier, um zu bleiben.«
»So ist es.«
Langsam verzog sich sein Mund zu einem Lächeln. Als ein letzter schillernder Lichtstrahl über die Hügelketten glitt, konnte Regina sehen, dass seine Wangen feucht waren, als ob er geweint hätte. »Nur ein Mann kann sich so lange Zeit wie ein Dummkopf verhalten. Aber ich, weiß, wann ich aufgeben muss.«
»Wie bitte?« flüsterte sie.
»Ich war nicht glücklich, aber ich möchte glücklich sein, Regina.« Seine Stimme schwankte.
»Lass mich dich glücklich machen. Ich kann und werde es tun.«
Mit rauer Stimme gab er einen Laut, der beinahe wie ein Lachen klang, von sich. Dann zog er sie eng an sich und legte seinen Arm um sie. »Das hast du bereits getan.«
Erleichtert seufzte sie und lehnte sich an ihn. Er würde nicht mehr gegen ihre Ehe und gegen sie kämpfen. Aber sie wollte mehr, sie wünschte sich, dass er seine Liebe zu ihr offen zeigte. Doch sie konnte warten. Vertrauensvoll lächelte sie und blickte an ihrem Mann vorbei auf die grünen Hügelketten, die sie umgaben und Miramar glitzernd bekränzten. »Sieh«, flüsterte sie, »Miramar lächelt uns zu.«
Und das schien tatsächlich zu stimmen. Die pechschwarze Nacht überdeckte die Hügel, die lebendig zu werden schienen. Sie zitterten scheinbar in mystischer, magischer Freude. Aber natürlich waren das nur die Nebelfetzen und ihre Fantasie.
Bald nahm das tägliche Leben seinen gewohnten Gang. Es gab viel zu tun, doch Vater und Sohn genossen die Herausforderung. Innerhalb von ein paar Tagen nach seiner Rückkehr hatte Slade ein Dutzend Männer eingestellt.
Jeden Tag brachte er die Leute ins Gelände, wo sie fieberhaft das Gebiet rodeten, das Slade im Frühjahr umpflügen wollte. Die Zeit war äußerst knapp, und alle wussten das. Daher wurden Prämien ausgesetzt für die Rodung der Hälfte des Bodens in dreißig Tagen. Slade stand keineswegs untätig dabei und sah nur zu. Regina merkte bald, dass ihr Mann körperliche Arbeit ebenso genoss wie geistige Herausforderungen. jeden Abend kam er erschöpft, aber zufrieden nach Hause und besprach mit ihr seinen Tag beim Essen. Regina war eine eifrige Zuhörerin. Sie hoffte inbrünstig, dass ihm sein Vorhaben gelingen würde, obwohl es den Anschein hatte, als wäre diese Aufgabe gar nicht zu bewältigen.
Rick sagte kein Wort über die Veränderungen, die auf der Ranch vorgenommen wurden. Regina wusste, dass Slade zu List und Tücke gegriffen hatte, um diese Schlacht zu gewinnen, aber sie machte ihm deshalb keine Vorwürfe.
Wenn es darauf ankam, unterstützte sie ihren Mann. Rick brauchte stets einen heftigen Anstoß, wenn er gegen etwas war. Aber er arbeitete hart, Seite an Seite mit seinem Sohn, und wurde, wie jeder andere auch, in den Wettlauf gegen die Zeit eingespannt.
Einige Tage später kam Edward nach Hause. Alle freuten sich ihn zu sehen, einschließlich Regina. Sie wusste, dass er mit seinem sonnigen Gemüt überall, wo er hinkam willkommen sein würde. Victoria war begeistert und Edward der ideale Sohn, der mit geduldiger Nachsicht immer strahlend ihre Hätscheleien über sich ergehen ließ.
Victoria hatte Regina mit kühler Verachtung geduldet, als sie Ende des Sommers nach Miramar gekommen war.
Regina konnte nur annehmen, dass Victoria ihre Ehe mit Slade letzten
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