Schatten Der Erinnerung
Er machte eine gleichgültige Handbewegung. »Sie war ein Flittchen.«
Regina schnappte nach Luft. »Slade!«
Sein Gesichtsausdruck versteinerte. »Sie ist nicht gestorben, falls Sie das denken. Sie ist weggelaufen und hat mich genauso verlassen wie Rick. Sie war eine selbstsüchtige, ehrlose Frau.«
Regina war so bestürzt, dass sie für einen Moment nicht sprechen konnte, obwohl sie der Beurteilung seiner Mutter durchaus zustimmte. Es brach ihr fast das Herz. Wie konnte eine Mutter ihr eigenes Kind im Stich lassen? »Wie ...
wie alt waren Sie damals?«
»Drei Monate.«
Regina kamen beinahe die Tränen. »Und James?«
»Das können Sie nicht verstehen. James und ich sind waren - Halbbrüder. Seine Mutter starb bei seiner Geburt, so saßen wir im gleichen Boot, und zwar mit Jojo. Sie war wie eine Mutter für uns.« Slade lächelte überraschend.
»Sie traut sich immer noch, mir eine Ohrfeige zu geben.«
Auch Regina lächelte, aber sie war noch den Tränen nahe und hatte das Bedürfnis, Slade in die Arme zu nehmen, als ob er noch ein Kind wäre, um ihn wie eine Mutter zu trösten. Aber er war kein kleiner Junge, den sie hätte bemuttern können, und so faltete sie ihre Hände im Schoss.
»Sie essen ja gar nichts«, bemerkte er.
»Ich habe keinen großen Hunger.«
Er zögerte. »Möchten Sie eine Ausfahrt machen? Vielleicht hinunter zum Badehaus in Paso Robles?«
Regina rührte sich nicht. Wenn sie es nicht besser gewußt hätte, würde sie annehmen, dass er ihr den Hof machte.
Aber das konnte nicht sein, denn sie war mit seinem Bruder verlobt gewesen. Außerdem hatte Slade gestern gewollt dass sie das Haus verließ, und hartnäckig darauf bestanden. »Das wäre nett«, sagte sie langsam und fügte hinzu: »Sie sind nicht böse auf mich?«
»Weshalb sollte ich böse auf Sie sein?« fragte er. Sein Versuch zu lächeln fiel eigenartig matt aus. Zwischen seinem Gesichtsausdruck und dem ungekünstelten Lächeln, das er ihr vorher geschenkt hatte, herrschte ein riesiger Unterschied. Slade konnte sich einfach nicht verstellen.
»Weil ich gestern nicht abgereist bin.« Regina zitterte »Gestern wollten Sie, dass ich gehe.«
»Gestern ist nicht heute.« Er stockte. »Gestern war das, was zwischen uns vorgefallen ist noch zu frisch.« Er wandte die Augen zu ihr hin, und ihre Blicke trafen sich.
Sie wusste, an was er dachte: wie sie halbnackt, nur mit seinem Hemd bekleidet in seinen Armen gelegen hatte. Zu deutlich konnte sie spüren, wie das dichte, aus Verlangen gewebte Netz, das sich in jener Nacht um sie gezogen hatte, sie erneut umfangen wollte. Und so war es auch. Ihr Körper und der Ausdruck in seinen Augen liegen sie das erkennen.
Regina schluckte, dann sagte sie mit einem strahlenden Lächeln und allzu fröhlichem Ton: »Sie werden für immer mein Retter sein. Retten Sie oft junge Mädchen, die sich in Not befinden?« Sie wollte die gefährliche Richtung ändern, in die ihre Gedanken viel zu schnell geraten waren. Seine Bemerkung, davon war sie beinahe überzeugt, war beabsichtigt. Er wollte, dass sie sich an jede Einzelheit dieser Nacht erinnerte.
»Sie wissen genau, dass ich das nicht tue.« Er nahm ihr den flüchtigen Flirtversuch nicht ab. »Nur Sie. An scheinend rette ich immer nur Sie.« Sein Blick verdüsterte sich.
Regina gelang es, den Kloß in ihrem Hals hinunterzuschlucken. »Sie sind böse auf mich«, stellte sie ruhig fest »Es wäre Ihnen lieber, ich würde gehen.«
Er schüttelte verneinend den Kopf, vermied aber, ihr in die Augen zu sehen. »Mir hat die Vorstellung, dass Sie allein reisen oder sich allein in einem Hotel aufhalten, nicht gefallen, und sie gefällt mir noch immer nicht.«
Regina nahm ihre Gabel zur Hand und setzte eine möglichst ausdruckslose Miene auf, um ihre Unsicherheit zu verbergen. Ihr Herz wollte vor Freude eigentlich einen Luftsprung machen, aber sie traute ihm nicht ganz. »Ich werde für eine Weile bleiben«, sagte sie, spießte dabei ein Stück Speck auf und vermied es, ihn anzusehen. »Ich brauche Erholung nach dem Zugüberfall und meinem dummen Versuch, die Stadt zu Fuß zu erreichen.«
»Gut.« Wieder zögerte er. Sein Blick glitt zum Tisch, dann darüber hinweg und an der Wand entlang nach oben -
überallhin, nur nicht zu ihr. Sein Mund war zusammengepresst. »Ich möchte, dass Sie bleiben.«
Regina erstarrte.
Vorsichtig sah er sie an.
Seine Worte waren zu schön, um wahr zu sein, aber er vermied es nach wie vor, ihr in die Augen zu sehen. In
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