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Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Titel: Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Norda
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er wüsste, dass es für mich fast normal war, dass ich es
gewohnt war. Aber das Gegenteil schien der Fall zu sein.
    Er wand sich ab und starrte aus dem
Fenster. Sein Blick war eiskalt, ohne jegliches Gefühl.
    »Sieh mich an« , forderte ich ihn auf, doch er
starrte nur weiter nach draußen. »Robert! Sieh mich an!!«
    Etwas unwillig folgte er meiner
Aufforderung.
    »Was siehst du?« , dachte ich und fuhr mit einer Hand
an meinem Körper entlang.
    »Meine Frau« , murrte er und bekam vor Anspannung
kaum die Zähne auseinander.
    »Genau. Das bin ich: eine Frau. Ich
habe – ich meine ich hatte – lange blonde Haare, ich trage Größe S und ich
sitze als normale Angestellte ohne Führungskompetenzen in einer Vorstandssitzung
und erdreiste mir dann auch noch ungefragt einen Vorschlag zu unterbreiten, der
dem Geschäftsführer gefällt. Wie sieht das für dich aus, mhhh?«
    »Das ist doch jetzt nicht dein Ernst,
oder?! Wir sind doch hier nicht mehr im Mittelalter!« Seine Stimme rauschte mir in den
Ohren, so aufgebracht klang er.
    »Doch, ich meine es genau so, wie ich
es gesagt habe. Dass daran nichts dran ist, nie war und nie sein wird, spielt
dabei keine Rolle. Nicht jeder hat einen Mann an seiner Seite der Essen kocht
und bei der Wäsche hilft.« Wieder kam ich einen weiteren Schritt auf ihn zu. Ich hätte ihn so gern
in den Arm genommen, die bösen Gedanken einfach weggeküsst. »Ich komme klar
damit. Glaub mir, ich kenne…«
    »Frau Dryker, ist alles in Ordnung?«
Es war die Stimme von Herrn Merckel und schnell drehte ich mich zu ihm um. Er
stand an der Tür und sah mich skeptisch an. Erst da bemerkte ich, dass ich
immer noch mit einer Kaffeetasse bewaffnet mitten im Raum stand.
    »Ähm ja«, erwiderte ich und sah kurz
beschämt auf den Boden. »Ich war wohl in Gedanken.« Ich blickte zu der Stelle
an der eben noch Robert gestanden hatte, aber er war weg – einfach
verschwunden.
    Meine Antwort schien Herrn Merckel zu
genügen. »Wenn irgendjemand Ihnen Schwierigkeiten bereiten sollte, lassen Sie
es mich unverzüglich wissen!«
    * * *
    Der Rest des Tages zog sich dahin wie
zähflüssiger Honig. Die kurze Ablenkung, die mir Clara gewährte, als sie mir
beschrieb, wie zornesrot Herr Kunz durch die Gänge gestampft war, half nur
wenig darüber hinweg.
    Immer wieder sah ich Roberts
wutentbranntes Gesicht vor mir. Was hatte er denn erwartet? Dass ich hier auf
Händen getragen wurde, wie er das immer getan hatte?
    Ich wusste, dass diese Welt fremd für
ihn war. Für ihn war ich die süße Emilia, die sich mehrfach am Tag am Türrahmen
stieß. Das hier war etwas anderes und es gehörte ebenso zu mir. Diese Welt
beherrschte mich mehr als die Hälfte des Tages und ich wusste mich sicher in
ihr zu bewegen. Es war das, was man Alltag nannte und hatte nichts mit der
ruhigen Insel zu tun, die mich jeden Abend zu Hause empfangen hatte. Diese Welt
war beherrscht von Krieg und Kämpfen, wenn die Worte gewetzt und geschliffen
wurden wie Schwerter, wenn jede Aussage mehr als einmal auf die Goldwaage
gelegt wurde. Es war auch manchmal der Kampf gegen Windmühlen, wenn man im
Recht war, aber keines bekam. Es war nun mal nicht immer alles gerecht.
    Als die Uhr sechs zeigte, packte ich
meine Sachen zusammen und begab mich auf den Weg ins Parkhaus. Wie sehr ich es
doch genoss, wieder selbst mein Fahrer zu sein. Alexander war ein wunderbarer Chauffeur
gewesen. Niemand, der zwanghaft eine Konversation betreiben musste, bei dem es
auch in Ordnung war, zu schweigen. Doch es war etwas anderes, nun selbst wieder
der Herr über Lenkrad und Zeit zu sein.
    Ich startete den Motor und begab mich
auf den Heimweg. Aus dem Radio drang der gleiche Einheitsbrei wie immer.
Genauso zäh wie die vergangenen Stunden zogen sich auch die Autokolonnen über
die Straßen. Ich war mitten in den Feierabendverkehr geraten und war nur noch eine Perle in einer riesigen ununterbrochen fortschleichenden Kette.
    »Wir unterbrechen für eine dringende
Eilmeldung«, dröhnte es plötzlich aus den Lautsprechern. »Der kleine Kevin,
dessen Verschwinden seit zwei Wochen die Bevölkerung von Leipzig in Atem hielt,
lebt! Der Junge, der nach der Schule nicht nach Hause gekommen war, wurde in
einem Meerfamilienhaus um Süden von Leipzig geborgen. Bei dem Entführer handelt
es sich um den 43 jährigen Daniel K., der nur noch tot in seiner Wohnung aufgefunden
werden konnte. Offenbar war er kurz vor dem Eintreffen der Polizei einem
Schlaganfall erlegen. Der Hinweis eines

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