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Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Titel: Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Norda
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anderen Ende des Raumes
stehen. Er trug einen schwarzen Anzug und hatte sich nach unserer letzten
Begegnung rasiert.
    Meine Gesichtszüge entglitten mir, ich
hatte keine Kontrolle mehr über sie. Als ich mich umblickte, schien keiner der
Anwesenden Notiz von ihm genommen zu haben.
    Für sie war er gar nicht da!
    Schnell versuchte ich meine Fassung wieder
zu gewinnen. Es war in meiner Situation nicht gerade ratsam, einem
Nervenzusammenbruch zu erleiden.
    Stirnrunzelnd sah Robert mich an und
ging hinter den Stühlen entlang genau auf Herrn Merckel zu. Hinter ihm blieb er
stehen und verschränkte die Arme vor der Brust. Er wirkte verwirrt.
    Es war fast so wie in einem
lebendigen Tagtraum, in dem man Gedanken nachjagte und sich Handlungen ausmalte.
Doch die Stimme in meinem Kopf war mehr als nur bloße Vorstellung und es war
nicht ich, die ihr die Worte in den Mund legte. Er war da!
    »Warts nur ab« , flüsterte ich ihm in meinen
Gedanken entgegen. Eigentlich war es völliger Schwachsinn zu flüstern,
schließlich war ja sonst niemand in meinem Kopf, der mich hören konnte – mit
Ausnahme von Robert.
    Automatisch begann ich zu lächeln.
Einer der Führungsmitglieder aus Hamburg sah mich verwundert an. Schnell
versuchte ich wieder meine Maske aufzusetzen. Die Situation, die sich hier
anbahnte, war überhaupt nicht witzig geschweige denn zum Lachen.
    Ich konnte ihnen ja schlecht sagen,
dass mein Mann nun eine andere Seite von mir sehen würde. Eine Seite, die er
nur aus meinen eigenen Erzählungen kannte und die ihm immer fremd gewesen war.
    Er würde eine andere Emilia erleben –
berechnend, etwas kühl und kalkulierend.
    »Ich hätte nicht gedacht, dass du
mich jemals auf Arbeit besuchen würdest« , dachte ich und sah ihn dabei eindringlich an. Für einen
Außenstehenden sah es wahrscheinlich so aus, als würde ich konzentriert
versuchen, dem Gespräch zu folgen. Das hoffte ich zumindest.
    »Andere Umstände, andere
Gepflogenheiten« ,
antwortete er und wippte nervös von einem Fuß auf den anderen. Er konnte sich
wahrscheinlich nicht einmal im Ansatz ausmalen, was ich vorhatte.
    Und zugeben – auch ich hatte noch keinen
genauen Plan. Das Einzige was ich hatte war ein Strohhalm, der unserer Firma
vielleicht helfen könnte.
    Aber würde ich dazu kommen, diesen
auch anzubieten?
    Die Stimmung im Raum wurde immer
hitziger und langsam brandeten Schuldzuweisungen aus allen Ecken des Raumes
auf. Wir steckten in einer Krise, soviel war sicher.
    Unser Unternehmen befasste sich mit
dem Betrieb und der Vermarktung von Webportalen. Geld verdienten wir, neben den
Zahlungen unserer Klienten, hauptsächlich durch die geschaltete Werbung auf den
einzelnen Webseiten. Und eben jener Umsatz aus den Werbeeinahmen war rückläufig
und das schon seit mehreren Monaten. Im Gegensatz zu unseren Wettbewerbern, die
stetig schwarze Zahlen schrieben.
    Die Situation war wirklich sehr
angespannt. Einige im Raum versuchten es sich schön zu reden, dass alles doch
nicht so schlimm sei. Aber ich kannte die Zahlen und wusste, dass sie im
Unrecht waren. Wahrscheinlich wussten sie es selbst bereits und versuchten nur
etwas Zeit heraus zu schlagen, um dann als erste Ratte das sinkende Schiff zu
verlassen.
    »Haben Sie sich schon einmal den
Kleinanzeigenmarkt im Header einer jeden Seite angesehen?«, sprach ich und
versuchte das Zittern in meiner Stimme zu unterdrücken.
    Plötzlich war alles ganz still. Das
Stimmengewirr war im Keim erstickt und keiner sagte mehr ein Wort. Alles schwieg.
Es war erdrückend.
    Hatte ich mir zu viel herausgenommen?
Hätte ich lieber auch schweigen sollen? Nervös sah ich zu Herrn Merckel, doch
dieser nickte mir nur unauffällig zu.
    Also gut ich hatte A gesagt, also
musste ich wohl auch B sagen. Ich ließ meinen Blick über die anderen Anwesenden
schweifen und rutschte auf meinen Stuhl etwas weiter vor. Meine Beine zitterten
wie Espenlaub und ich war froh, dass unser Besprechungsraum mit Teppich ausgelegt
war. Ansonsten hätte man das Klackern meiner Absätze kaum überhören können.
    »Ich habe mir vorhin einmal die
aktuellen Wettbewerberpreise angesehen. Im Vergleich zu den meisten ist unser
Kleinanzeigensegment zu teuer. Keiner der versucht ein Geschäft aufzubauen,
kann es sich leisten, auf unseren Seiten Werbung dafür zu schalten. Und für die
etablierten und vermögenden Kunden ist der Bereich zu uninteressant. Diese
nutzen überwiegend die Großanzeigenschaltungen. Wenn wir unsere Preisstruktur…«
    Abrupt wurde

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