Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Titel: Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Norda
Vom Netzwerk:
du es denn getan?« Noch immer
hatte ich keine Ahnung, wie viel sie wirklich wusste.
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, das
war mir leider nicht vergönnt. Ich mein zur Hölle Robert, wie ist denn das
überhaupt möglich?« In ihren Augen lag tiefste Neugier. Ich versuchte meine
Gedanken zu ordnen, immerhin war dies nichts, was man einfach so dahin
erzählte.
    »Puh das ist wirklich schwer zu
beschreiben. Weißt du, es ist wie ein Knäul aus unendlich vielen Fäden. Alle
haben die gleiche Farbe und sind wild ineinander verknotet und verschlungen.
Man kann den Anfang und das Ende nicht sehen. Als ich damals – zu einem von
euch wurde, hatte ich das Gefühl, einen dieser Fäden noch in Händen zu halten.
Er leuchtete aus dem gesamten Knäul hervor und ich musste ihm einfach nur
folgen, um bei ihr zu sein.« Ich atmete tief ein und ließ die Luft meinen
Körper beruhigen. Zu sehr schmerzten die Worte darüber. »Nun ist alles nichts
weiter als ein wildes Wollknäul. Alles sieht gleich aus und ich werde die
Verbindung zu ihr nie wieder finden. Sie ist mir völlig entglitten und da ist
nichts als Stille und Leere.«
    Hatte ich das nun wirklich getroffen?
War es das, was passiert war? Eine bessere Beschreibung fiel mir nicht ein und
fragend und in der Hoffnung, dass sie meine Worte verstanden hatte, sah ich zu
Ria auf.
    »Weißt du, ich habe dich immer darum
beneidet, aber so klingt es eher wie eine Strafe als wie ein Geschenk.«
    Stirnrunzelnd sah ich sie an. Was
meinte sie nun wieder damit? Auch sie begann zu seufzen und fuhr sich erschöpft
mit der Hand durch ihre langen, braunen Haare.
    »Meine Eltern hatten mich und meine
kleine Schwester nach Deutschland geschickt. Sie wurden verfolgt und somit auch
wir. Alles was sie wollten war, dass wir in Sicherheit sind. Also hat mein
Vater uns spät nachts in ein Auto gesetzt und mir gesagt, ich solle so lange fahren,
bis wir über die Grenze sind. Meine Mutter hatte fürchterlich geweint, aber
meine kleine Schwester hat davon nichts mitbekommen. Sie hat geschlafen, als
ich den Zündschlüssel umdrehte und losgefahren war. Zwölf Stunden lang bin ich
gefahren bis wir Barcelona und unsere Eltern gänzlich hinter uns gelassen
hatten. Und sie hat die ganze Zeit geschlafen. Wie ein kleiner Engel hat sie
sich in den Sitz gekuschelt, während ich immer weiter geradeaus fuhr.«
    Ich hielt die Luft an, war kaum fähig
ihr zuzuhören. Ich ahnte, wie ihre Geschichte ausgehen würde.
    »Ich hatte nicht eine Pause eingelegt.
Bin einfach immer weiter gefahren. Als wir endlich die Grenze passiert hatten,
war es bereits Mittag und die Sonne stand hoch am Himmel. Keine einzige Wolke
war zu sehen und ich fuhr in einem fremden Land eine fremde Straße entlang. Und
zu spät sah ich den fremden Baum.«
    Tränen rannen ihr die Wangen entlang.
Ich hatte sie noch nie weinen sehen. Die starke Frau, die im Grunde doch nur
ein kleines, schwaches Mädchen war.
    »Richard hat mich damals gefunden.
Ich war zwischen dem Lenkrad eingeklemmt und hatte bereits sehr viel Blut
verloren. Er hatte unsere Namen gelesen, deshalb war er gekommen. Aber er hat
es nicht getan. Er hat meine kleine hermana nicht einmal angefasst.
Deshalb bin ich bei ihm geblieben. Er zog mich aus dem Wagen und brachte mich fort.
Und sie blieb zurück. Ich habe bereits ein Leben genommen, bevor es zu meiner
Aufgabe wurde.«
    Ria wischte sich die Tränen aus dem
Gesicht. Einen Augenblick später, hatte sie wieder ihre Maske aufgesetzt. Die
unnahbare Frau, deren Stärke und Stolz sie umhüllte wie ein undurchdringlicher
Panzer. Sie trat neben mich und wieder waren wir uns ganz nah.
    »Wenn ich mir vorstelle, sie nochmals
zu sehen um dann erneut Abschied zu nehmen, ich könnte es nicht. Ich könnte sie
nicht nochmal verlassen.«
    Mit diesen Worten wand sie sich ab
und war im Begriff zu gehen.
    »Was ist mit ihr passiert?«
    Es war vielleicht taktlos, sie dies
zu fragen, aber es würde ihr helfen. Zu sehr verdrängte sie alle Gedanken an ihre
Vergangenheit, schloss niemals richtig damit ab, trug eine tiefe Verbitterung
mit sich herum.
    Ria blieb stehen, drehte sich nicht
um, blieb nur reglos stehen.
    »Was glaubst du wohl? Richard hat den
Job nicht erledigt, ein anderer schon. Es war nur ein Job.«

Kapitel 18
     
    Ich starrte auf die Liste vor mir.
Mehrere Namen standen darauf, nahmen immer schärfere und dunklere Konturen an
bis sie schließlich verschwanden. Ausgelöscht, erledigt, ein endloser Ablauf
von Schicksal und Tod, den es schon

Weitere Kostenlose Bücher