Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)
Blick befreite hatte, sah ich
in die schelmisch grinsenden Augen von Ria.
»Du bist ja gehüpft wie ein
Kaninchen, nicht wirklich anmutig, muss ich sagen«, frotzelte sie und ihre
braunen, lockigen Haare wurden bei jedem Kichern leicht erschüttert.
»Aber es war effektiv«, wand Richard
ein. Wie immer, wenn er etwas sagte, verstummte ein jeder von uns. Auch ich
konnte mich dieser Wirkung nicht entziehen, obwohl es immer noch befremdlich
war. In Richards Bart schimmerten noch immer einige Schweißtropfen, die er sich
bei dem Kampf gegen Ria eingehandelt hatte.
Jeder von uns trug nur ein Minimum am
Leib, die Hitze war einfach zu unerträglich. Mal wieder schoss es mir durch den
Kopf, wie andere uns wohl sehen mochten. Gab es für sie überhaupt eine Gruppe,
die halb nackt im Garten saß und schweißgebadet nach jeder Spur Sauerstoff
lechzte?
»Und Johann, wer war nun schwerer zu
knacken? Maria oder Robert?«, fragte Richard.
»Ganz klar – Robert«, gestand Johann
und schenkte mir ein anerkennendes Kopfnicken.
Sofort sprang Ria auf und begann zu
protestieren. »Du hast ihn mehrfach getroffen und mich hast du nicht einmal
erwischt! Wie kannst du da sagen, dass er besser war?!« Ihre Nasenflügel
weiteten sich vor Erregung.
»Beruhige dich Maria«, sprach Richard
und legte dabei sanft aber bestimmend eine Hand auf ihre Schulter, die sie zum
Setzen bewegte. »Und warum war er besser als sie Johann?«
»Naja«, räusperte sich der Hüne von
einem Mann und war sehr darauf bedacht, die richtigen Worte zu wählen. Niemand
von uns, wollte Ria gegen sich wissen, egal ob berechtigt oder unberechtigt. »Beide
waren schnell und wendig, aber Robert schien einfach immer zu wissen, was ich
als Nächstes tun würde. Es war fast so, als wüsste er es noch vor mir und es
war mir partout nicht möglich, ihn zu treffen. Ria war auch schnell, sehr
schnell sogar, aber wenn ich gewollt hätte, dann…«
»Madre Mia! Das ist doch wohl nicht
dein Ernst!!! Dann tu es das nächste Mal gefälligst und labere danach nicht
solch ein Zeug!!!«
»Na na, jetzt beruhige dich endlich«,
schaltete Richard sich tadelnd ein und der Griff um ihre Schulter wurde
stärker.
»Ich schlage nun mal keine Frauen«,
gab Johann kleinlaut zu, aber auch das konnte Ria nicht beruhigen, im
Gegenteil.
Mit einem Ruck löste sie sich aus
Richards Umklammerung und war im nächsten Moment auch schon mit drei hohen
Sprüngen in dem Wipfel eines der umstehenden Bäume verschwunden.
Noch nie zuvor in meinem Leben hatte
ich einen Menschen kennengelernt, auf den der Vergleich mit der Schale und dem
Kern so gut passten wie auf sie. Immer trug sie ihr Temperament auf der Zunge
und es verging kaum eine Stunde, in der sie nicht hoch ging wie ein explodierender
Vulkan der pure Emotionen spie. Immer wieder begab sich auf einen Spagat zwischen
Femme fatale und bockigem Kleinkind. Dabei schien das Kind in ihr heute zu
gewinnen.
Johann blickte betreten nach unten
und ich sah das schlechte Gewissen, das sich auf seinen Wangen abzeichnete. Er
mochte sie, sehr sogar und wahrscheinlich mehr, als er sich selbst eingestehen
wollte. Aber seine Loyalität gegenüber Richard war größer. Niemals würde er ihn
anlügen oder etwas vormachen.
»Na dann komm, versuchen wir beide es
mal miteinander«, forderte Richard Johann auf und brachte wieder die Freude in
seine Augen zurück. Johann war ein Kämpfer durch und durch. Es war etwas, dass
er in Perfektion beherrschte.
Bei dem Gedanken daran, dass er sich
gleich auf Richard stürzen würde, beschlich mich ein ungutes Gefühl. Richard
war durchtrainiert und für sein Alter sehr gut in Schuss. Dabei, so wurde mir
augenblicklich bewusst, wusste ich nicht einmal genau, wie alt er wirklich war.
Beide postierten sich in der Mitte
des Kreises und nahmen jeweils ihre Angriffsposition ein. Während Johann mit
stolz geschwellter Brust aufrecht dastand und der Schweiß seine blanke Haut
entlanglief, ging Richard leicht in die Knie und hob die Hände zur Abwehr. Sein
Körper hatte schon einige Kämpfe erlebt und war übersät mit Narben. Wie würde
ich wohl in seinem Alter aussehen?
Bisher waren wir auf unseren Jagden
immer ungestört gewesen, aber das war mehr Zufall als Regel. Die anderen drei
hatten bereits um ihr Anrecht kämpfen müssen. Kämpfe, die zwar meist glimpflich
für beide Parteien ausgingen, aber nichts desto trotz ihren Tribut forderten.
Genauso gut konnte man von dem Opfer
selbst verwundet werden. Wie schnell dies ging
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